Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Fachkräftemangel ist weder ein neues Thema noch ist es ein Thema speziell der grünen Berufe. Wir hatten schon mehrere Anträge zu diesem Thema in dieser Legislaturperiode, und wir haben schon intensiv darüber diskutiert.
Die IMAG, die interministerielle Arbeitsgruppe am MAGS, arbeitet seit Längerem zu diesem Thema, und Minister Laumann hat erst letzte Woche einen Fortschrittsbericht vorgestellt. Auf die grünen Berufe wird darin allerdings nur an einer Stelle explizit eingegangen, und zwar im Kontext eines Fach- und Fachlehrkräftemangels im Bereich des Produktionsgartenbaus. Weder die Landwirtschaft noch die Waldwirtschaft werden adressiert.
Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass wir den Fokus mit diesem Antrag auf jene Sektoren lenken, um die Sicherung von Fach- und Arbeitskräften auch in diesem Bereich zu gewährleisten. Kollege Hansen hat schon ausführlich dargestellt, wo die Schwierigkeiten sind.
(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Die Probleme sind tiefgründig. Eine wichtige Voraussetzung zur Werbung von Fachkräften ist eine gute wirtschaftliche Perspektive der Branchen. Die Ausübung grüner Berufe hat bisher oftmals mehr mit Idealen und mit Leidenschaft für diese Berufe als mit ökonomischen Gründen zu tun. Das Lohnniveau, die Arbeitsbedingungen – Stichwort: „Wetter“ – oder die weiteren freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber können in der Regel nicht mit denen der Industrie oder des öffentlichen Dienstes konkurrieren.
Wertschätzung und gesellschaftliche Relevanz reflektiert dies meines Erachtens nicht. Unser aller Aufgabe ist es, dem entgegenzuwirken. Dies kann zum Beispiel schon an und in den Schulen passieren, etwa durch mehr praktische Erfahrungsmöglichkeiten in der Branche und die Einbeziehung von Praktikerinnen in den Unterricht.
Ein mittel- und langfristiger Hebel gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel in grünen Berufen ist also, sich um die Probleme der Land-, Wald- und Forstwirtschaft zu kümmern, und zwar nicht, indem wir Umweltstandards abbauen, sondern indem wir regionale Wertschöpfung und die Stellung der Erzeugerinnen und Erzeuger am Markt stärken. Daran arbeiten wir täglich.
Bezogen auf den Fachkräftemangel in der Land- und Forstwirtschaft und im Gartenbau müssen wir aber auch dringend kurzfristig tätig werden. Das tun wir mit diesem Antrag. Wir adressieren hierin von einer Informationsverbesserung über die Berufe über die Stärkung der beruflichen gegenüber der akademischen Ausbildung bis hin zu einer einfacheren bzw. schnelleren Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse viele Bereiche – Kollege Hansen hat sie alle angesprochen.
Als waldpolitischer Sprecher sei mir der genauere Blick in den Wald bzw. auf die Waldarbeit gestattet. Die Herausforderungen des Waldumbaus und der Wiederbewaldung sind hinreichend bekannt, und sie müssen angegangen werden. Es geht nicht nur darum, Bäume zu pflanzen, sondern sie müssen auch geerntet werden. Außerdem müssen unter anderem Jungbestände gepflegt, Zäune gebaut und Biotop- und Naturschutz betrieben werden.
Beim Wald gilt – das trifft gleichermaßen auf die Landwirtschaft zu –, dass wir für mehr Diversität auch mehr Arbeit investieren müssen. Je mehr Baumarten sich in einem Wald befinden und je heterogener die Altersstruktur eines Waldes ist, desto anspruchsvoller und zeitintensiver ist die Pflege eines Bestandes. Im Dauerwald mit Einzelbaumnutzung – das ist für uns das Leitbild des Waldumbaus – müssen letztlich mehr Fachpersonal mit Pflanzspaten und Kettensäge und mehr Rückepferde eingesetzt werden.
Auch die Kompetenz der Waldbesitzenden ist zu stärken, um ökosystemare Zusammenhänge im Wald zu verstehen und Forstunternehmer anzuleiten.
Ähnliches gilt für Gartenbau und Landwirtschaft. Durch den Klimawandel veränderte Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher und die Berücksichtigung der Auswirkungen mancher Arbeits- und Produktionstechniken auf die Gesundheit von Mensch und – wenn ich es so sagen darf – Erde sorgen für einen Wandel der Arbeitsbedingungen und -anforderungen.
Eine Ökologisierung braucht mehr Arbeitskräfte, die wir werben und dafür gewinnen müssen, genauso wie neues Know-how in der gesamten Branche.
Wenn wir mehr Ökolandbau und den Einsatz von Pestiziden reduzieren wollen, dann müssen sich auch entsprechende ökologische Anbaumethoden in der Berufsschule wiederfinden. Hierauf müssen wir das Aus- und Fortbildungsangebot ausrichten und dafür zusammen mit dem Bund Ausbildungsordnungen, Lehrpläne und Lerninhalte in den Blick nehmen. Insbesondere mehr Leiterinnen und Leiter ökologisch wirtschaftender Betriebe für die Prüfungsausschüsse zu gewinnen, ist auf diesem Weg ein wichtiges Zwischenziel.
Der Antrag verschafft uns noch nicht die benötigten Fach- und Arbeitskräfte, aber mit ihm werden Weichen gestellt, damit wir in Zukunft mehr Fachkräfte gewinnen, die für die zukünftigen Herausforderungen in den grünen Berufen gewappnet sind. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)