Dr. Birgit Beisheim: “ Im Grunde wissen wir alle mittlerweile, dass wir nur diese eine Erde haben“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu Industrie 4.0

###NEWS_VIDEO_1###
Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es mir nicht verkneifen, zu sagen: Man merkt beim Kollegen Stein, der gerade gesprochen hat, eigentlich noch seine Sozialisation bei den Piraten.
(Zuruf von den PIRATEN: Vorsichtig, er war bei uns nie sozialisiert!)
Sie sind in Ihrer virtuellen Welt quasi noch so verhaftet, dass Sie gar nicht merken, was draußen passiert.
(Torsten Sommer [PIRATEN]: Deshalb haben wir ihn an die CDU abgegeben!)
Die Herausforderung ist, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen versuchen, gerade virtuelle Systeme und die reale Welt zusammenzuführen. Das ist die eigentliche Aufgabe, wenn wir über Wirtschaftspolitik und Industrie 4.0 reden.
Es ist sicherlich so, dass Sie die letzten drei, vier Jahre nicht mitverfolgt haben, als wir über Breitbandausbau und andere Dinge diskutiert haben. Denn selbst Ihr Kollege Wüst musste im Ausschuss manchmal bescheinigen, wie weit wir in Nordrhein-Westfalen vorangekommen sind gerade beim flächendeckenden Ausbau von Internet und dabei, eine Strategie für den Ausbau von Glasfaser im Bereich vor allem der Gewerbegebiete zu entwickeln.
Es ist und bleibt eine Herausforderung, weil unter dem Begriff Industrie 4.0, unter dem sich viele Leute alles Mögliche vorstellen, eines ist klar: Wir reden über digitale Fertigungstechniken.
Wir alle zusammen hatten im Wirtschaftsausschuss eine steile Lernkurve, die uns dazu gebracht hat, diese Begrifflichkeiten mittlerweile sauber zu benutzen, was dem Herrn Kollegen Stein nicht so wirklich gelungen ist.
Wenn wir über Industrie 4.0 gerade hier im Industrieland Nordrhein-Westfalen reden – in einem Land, in dem Ressourcenschutz und Energiewirtschaft eine große Rolle spielen –, kann man doch nicht ernsthaft wie Sie sagen: Es ist nicht zielführend, darüber nachzudenken, wie man Industrie 4.0 für ressourceneffizientere Produktion oder ergonomischere Produkte nutzen kann.
Gerade das ist hier in Nordrhein-Westfalen zielführend. Deshalb ist es auch Aufgabe der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, das in Wissenschaft und Forschung zu implementieren.
Sie sagen, wir hätten etwas verpasst. Im Grunde genommen haben Sie die Diskussion darüber verpasst, dass es in vielen Teilen noch gar nicht endgültig klar ist, wohin die Reise geht.
Deswegen ist dieser Antrag auch nicht unkonkret oder enthält er andere Dinge, die uns vorgeworfen werden, sondern richtungsweisend. Er zeigt, dass wir verstanden haben, wo wir die richtigen Hebel ansetzen müssen.
Insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen hier in Nordrhein-Westfalen – das wissen wir auch – scheuen immer noch das Internet, ganz unabhängig davon, ob wir die Infrastruktur dafür bereitgestellt haben oder nicht.
Wir wissen, Nordrhein-Westfalen ist sehr weit. Wir sind führend innerhalb der Familie. Wir sind das führende Bundesland in Deutschland in diesen Bereichen.
Oftmals ist es für uns Politikerinnen und Politiker, die mit den Unternehmern gesprochen haben – gerade mit KMU –, sehr traurig gewesen, zu sehen, welche Hemmnisse und welche Furcht es noch gibt vor digitaler Vernetzung, aber auch davor, die eigenen Daten nicht zu verlieren.
Deshalb gilt es auch für die Politik, diese Unternehmen mitzunehmen und auf die Zukunft vorzubereiten. Dafür ist es wichtig, Standards für die digitalisierte Produktion zu setzen. Gerade dafür brauchen wir die Verknüpfung zu Forschung und zu Wissenschaft.
Die Frage ist auch, welche Anlagen und welche Sicherheit wir brauchen und welche Rolle die digitalisierte Arbeitswelt für den Menschen spielt. Sie können doch nicht sagen, dass wir uns keine Gedanken über gute Arbeit der Zukunft in einer digitalisierten Welt machen müssen.
Wir werden uns natürlich damit beschäftigen müssen, wie wir zum Beispiel die Dienstleistung eines Roboters besteuern und wie wir den Kollegen Computer bzw. den Kollegen Roboter in unsere sozialen Sicherungssysteme integrieren.
Das sind Zukunftsfragen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben. Gott sei Dank sind wir dafür bereit. Wir tun es und bringen es auch gemeinsam voran, nicht nur mit der Wirtschaft, sondern auch zusammen mit der Wissenschaft und den Gewerkschaften, die, wie ich sagen muss, sehr weit vorgedacht haben.
Immer schnellere Innovationszyklen führen dazu, dass die Konsumgüter immer schneller auf dem Müll landen. Dafür brauchen wir eine Antwort. Dafür brauchen wir ökointelligente Produkte der Zukunft, die genau das vermeiden helfen. Im Grunde genommen wissen wir alle mittlerweile, dass wir nur diese eine Erde haben, und wir tun so, als ob wir zwei oder drei Planeten hätten.
(Beifall von den GRÜNEN, den PIRATEN und Michael Hübner [SPD])
Es ist klar, dass die Digitalisierung, die Industrie 4.0 auch helfen muss, diese Probleme zu lösen, und zwar gemeinsam mit dem Ansatz, gute Arbeit damit zu verbinden. Das lassen wir uns und besonders ich mir nicht ausreden, dass man das zusammendenken muss. Das ist nicht nur eine Frage der Rahmenbedingungen. Das ist viel zu oberflächlich, wie Sie das hier dargestellt haben.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin.
Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Deshalb sind es große Chancen und Herausforderungen, und wir werden Sie hier nutzen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, den PIRATEN und Michael Hübner [SPD]) 

Mehr zum Thema

Wirtschaft