Dr. Birgit Beisheim: “ Ich als Duisburgerin möchte ganz persönlich der Mehrheit dieses Hohen Hauses für die breite Solidarität danken“

Gemeinsamer Antrag zum Erhalt der Schienenproduktion in Duisburg

Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Belegschaft der TSTG Schienen Technik hat – das klang bereits in den Vorreden an – turbulente Zeiten hinter sich. In diesen Zeiten hat sie ihren Beitrag zur Fortführung des Unternehmens über das normale Maß hinaus erbracht. Die aktuellen Nachrichten der letzten Tage aber sind daher für alle besonders bitter.
Als ehemalige Beschäftigte eines Metallunternehmens in Duisburg kann ich die aktuelle Gemütslage der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sehr gut nachvollziehen. Die Gedanken daran, wie es mit einem persönlich, aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen weitergehen soll, begleiten alle Betroffenen auf Schritt und Tritt.
Meine Vorrednerinnen haben schon viele wichtige Punkte und Argumente für den Erhalt des Schienenwerks genannt. Ein Aspekt aber sollte dabei noch einmal besonders betont werden, dass nämlich die Schließung dieses Werkes eine rein strategische Entscheidung des Mutterkonzerns ist. Dazu gehört auch die Aussage – die haben wir auch heute bei der Demonstration vor dem Landtag gehört –, dass die voestalpine einem Verkauf nur dann zustimmen wird, wenn drei Jahre lang am Standort keine Schienen produziert werden. Das ist, gelinde gesagt, ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten und ein echtes K.-o.-Kriterium für den Fortbestand des Werkes.
(Beifall von der CDU)
Deshalb ist auch der Vorwurf berechtigt, dass der Schaden, der durch das Kartell der Schienenfreunde hervorgerufen worden ist, auf dem Rücken der Belegschaft beseitigt werden soll.
Die Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen sieht meiner Ansicht nach anders aus, meine Damen und Herren. Für mich wird hier wieder einmal eine große Lücke zwischen der in Unternehmensleitlinien proklamierten gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und der bitteren Realität erkennbar. Diese Lücke kennen wir insbesondere im Ruhrgebiet sehr gut.
Die TSTG Schienen Technik ist für mich deshalb nur ein weiterer Beweis dafür, dass die zu Recht eingeforderte und durch die Landesregierung an vielen Stellen gestartete Akzeptanzoffensive für eine nachhaltige Entwicklung des Industriestandortes NRW keine Einbahnstraße sein kann.
Ich möchte jetzt von meiner Seite aus keine Generaldebatte über wirtschaftspolitische Position der FDP führen. Gestatten Sie mir aber doch bitte ein paar Bemerkungen zu dem vorliegenden Entschließungsantrag bzw. zu dem indirekten Vorwurf, der dort zum Ausdruck gebracht wird, dass die Landesregierung zu irgendeinem Zeitpunkt Hoffnungen geweckt haben könne, die sie nicht erfüllen kann. Diesen Vorwurf möchte ich entschieden zurückweisen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Schon unmittelbar nach der Schließungsankündigung haben unter anderem Minister Jäger und ich an einer Betriebsversammlung in Marxloh teilgenommen. Keiner von uns hat dort falsche Hoffnungen geweckt. Im Gegenteil, es ist bis heute – das haben wir auch heute Morgen gehört – immer deutlich gemacht worden, welche Eingriffsmöglichkeiten das Land realistisch hat.
Es bedarf sicherlich keinerlei Belehrungen, auch keinerlei weiterer Unterstützung durch die FDP im Hinblick darauf, was die Landesregierung in dieser Sache zu tun oder zu lassen hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der von der FDP eingeforderte Verzicht auf regulatorische Eingriffe der Landesregierung fordert darüber insgeheim dazu auf – ich empfinde das wirklich so –, die Beschäftigten ins Bergfreie fallenzulassen. Auch deshalb kann der Entschließungsantrag der FDP nur abgelehnt werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn von Beginn die FDP Interesse an den Belangen der Beschäftigten gezeigt hätte, wüssten Sie, dass sich die Beschäftigten schon vor fast einem Jahr ein breites Bündnis gewünscht haben, das sich über Parteien und Organisationen hinweg erstrecken und sich für den Erhalt des Werkes einsetzen sollte. Es freut mich daher sehr, dass sich dieser Wunsch in dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen und Piraten gebündelt hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Gerade im Ruhrgebiet wissen wir, dass Leben und Arbeit weiterhin mobiler, flexibler und volatiler werden wird. Ich bin mir sicher, dass diese Landesregierung ihre Planungen und politischen Rahmensetzungen zur Sicherung des Industriestandortes NRW auch weiterhin schnell und passgenau durchführen wird.
Zum Schluss möchte ich als Duisburgerin ganz persönlich der Mehrheit dieses Hohen Hauses für die breite Solidarität danken. Ich schicke solidarische Grüße nach Duisburg. Glück auf!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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