Dorothea Deppermann: „Einen vollkommenen Schutz wird es nie geben“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Kritischen Infrastruktur

Dorothea Deppermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Mit dem Schutz der kritischen Infrastruktur haben wir bereits heute Nachmittag die Landesregierung beauftragt. Der nun vorliegende Antrag der SPD möchte nun den Schutz der kritischen Infrastruktur sicherstellen. Schon die Titel klingen ähnlich, und auch im weiteren Inhalt bietet der vorliegende Antrag wenig neue Ansätze, sondern verbleibt im Wesentlichen auf einer sehr abstrakten Ebene.

Wir wollen mit Augenmaß vorgehen und uns alle bestmöglich auf kritische Situationen vorbereiten. Die Landesregierung wurde bereits aufgefordert, mit höchster Priorität für den Schutz der notwendigen Infrastruktur zu sorgen; denn dies ist dringend erforderlich.

In Ihrem Antrag heißt es nun unter anderem, dass durch die Landesregierung sämtliche mögliche Angriffsziele und Angriffsmittel sowie Schwachstellen in Nordrhein-Westfalen identifiziert werden sollen. Die Landesregierung soll also zunächst eine Liste mit allen möglichen Orten, die als Angriffsziel infrage kommen, erstellen. Mal abgesehen davon, dass eine derartige Sammlung selten vollständig sein und auch einem besonderen Schutzbedarf unterliegen würde, wird darüber hinaus gefordert, auch noch die voraussichtlich gewählten Angriffsmittel sowie weitere Schwachstellen zu benennen.

Um vollumfänglich – denn so wird es im Antrag gefordert – alle Ziele und alle gewählten Anschlagsmittel der Zukunft aufzulisten, würde die Landesregierung nahezu hellseherische Fähigkeiten benötigen. Das ist nicht realistisch, und das ist auch nicht effektiv.

Fraglich ist auch, wie viel Zeit für die Vorbereitung aufgebracht werden soll, bis ein tatsächliches Konzept vorliegt. Schon für eine derartige Erhebung würden Wochen ins Land ziehen, von den erforderlichen Arbeitsstunden mal ganz abgesehen. Erst dann planen Sie, mit der Erstellung eines Konzepts zu beginnen. Wir wollen pragmatische Arbeitsweisen mit praktikablen Lösungen, und zwar jetzt.

Schutz von kritischer Infrastruktur geht über staatliche Einrichtungen weit hinaus. Es umfasst auch die Unterstützung von Unternehmen und anderen Organisationen, damit diese in ihrem Verantwortungsbereich Vorsorge treffen können. Denn auch diese können Ziel von Anschlägen sein und sind für den funktionierenden Alltag essenziell.

(Zuruf von Christian Dahm [SPD])

Hier geht es um klare Kommunikationswege, um Szenarien, um auf eventuelle Schadensfälle oder auch Ausfälle reagieren zu können. Dafür haben wir das Innenministerium aufgefordert, eine Koordinierungsstelle KRITIS, die KoSt KRITIS, einzurichten und diese mit der Koordinierungsstelle Cyber-Sicherheit und Wirtschaftsschutz NRW zu vernetzen. Hier müssen die Fäden zusammenlaufen, um alle Perspektiven und Schnittstellen zu erkennen und diese auch im Krisenfall zu bedienen.

Hier wird zentral koordiniert.

Man muss aber auch so ehrlich sein und den Menschen deutlich sagen: Einen vollkommenen Schutz wird es nie geben. – Dies haben auch die Störungen des Bahnnetzes in Norddeutschland vor Kurzem eindrucksvoll gezeigt. Wir wollen offen mit den Menschen umgehen und dafür sorgen, dass sie sich bestmöglich vorbereiten können, um resilienter zu werden.

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben zuletzt immer wieder gezeigt, dass sie Krisen gemeinsam durchstehen und sich gegenseitig unterstützen. Das war bei uns in Münster bei dem Starkregenereignis 2014 der Fall. Das war zuletzt im Ahrtal der Fall, wo Menschen mit Bussen angereist sind, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Auch die Unterstützung der Menschen bei der Aufnahme von Geflüchteten hier in den Kommunen des Landes hat gezeigt, dass viel Solidarität und Verantwortungsbewusstsein vorhanden sind.

Durch die derzeitigen und die vor uns liegenden Krisen kommen wir nur gemeinsam. Es ist Aufgabe des Parlaments, mit allen demokratischen Parteien gemeinsam nach den besten Lösungen für NRW zu suchen. Das ist es, wofür die Menschen uns hier in dieses Parlament gewählt haben, und das ist unsere Verantwortung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der beantragten Überweisung stimmen wir zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Präsident André Kuper: Herzlichen Dank, Frau Kollegin Deppermann. Im Namen des Hohen Hauses gratuliere ich Ihnen zu Ihrer ersten, gelungenen Rede.

(Beifall von den GRÜNEN)