Dorothea Deppermann: „Antisemitismus kann nicht mit Rassismus bekämpft werden“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Antisemitismus

Portrait Dorothea Deppermann

Dorothea Deppermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der Terrorangriff der Hamas auf Israel ist eine Zäsur. An einem einzigen Tag, am 7. Oktober, wurden 1.200 Menschen grausam ermordet. Darunter waren Familien mit Kindern sowie feiernde Jugendliche. Die Menschenverachtung, mit der die Hamas gezielt die israelische Zivilbevölkerung angegriffen hat, ist einfach unfassbar.

Dieser Angriff auf Israel hat auch zu Auswirkungen in NRW geführt. Viele Jüdinnen und Juden erleben seit dem 7. Oktober mehr Antisemitismus und treten mit Angst und Sorge auf die Straße. Dies betrifft Kinder auf dem Weg zur Kita oder zur Schule. Es betrifft Erwachsene, die sich offen als Jüdin oder Jude zeigen.

Das jüdische Leben ist wichtiger Teil unserer Gesellschaft, und wir als demokratische Mehrheit werden es schützen. Wir werden Antisemitismus nicht zulassen. Wir werden jede Form des Antisemitismus konsequent bekämpfen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Dass sich die AfD immer dann als Kämpferin gegen Antisemitismus darzustellen versucht, wenn sie glaubt, damit gegen Menschen mit Migrationsgeschichte Stimmung machen zu können, ist sehr durchsichtig. Dem treten wir alle entschieden entgegen. Antisemitismus kann nicht mit Rassismus bekämpft werden. Menschenverachtende Einstellungen können nur gemeinsam bekämpft werden. Wie immer ist das Agieren der AfD hier einfach nur schäbig.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Antisemitismus ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Er kommt in allen gesellschaftlichen Milieus und Gruppen vor.

Es gibt ihn in migrantischen Communitys, in linken Gruppen und nicht zuletzt im Rechtsextremismus. Die aktuelle Mitte-Studie aus vergangenem September verzeichnet einen deutlichen Anstieg an antisemitischen Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft.

Das Land hat seine Maßnahmen gegen Antisemitismus in den letzten Jahren bereits verstärkt mit der Stelle der Antisemitismus-Beauftragten, der Meldestelle RIAS, den Antidiskriminierungsstellen SABRA und ADIRA, mit den Studien zum Kontext Schule, um diskriminierungsfreie Räume sicherzustellen.

Nach dem 7. Oktober haben wir weitere Maßnahmen ergriffen. Wir haben Mittel für die Antisemitismusprävention von SABRA an Schulen bereitgestellt. Wir haben 1,5 Millionen Euro für die Sicherheit von Synagogen bereitgestellt. Wir legen ein Programm zur Förderung der politischen Bildungsarbeit, zur Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Rassismus im Kontext mit dem Nahostkonflikt auf. Wir schaffen ein Beratungsangebot zum Antisemitismus an Hochschulen, und wir unterstützen Dialogprojekte wie „begegnen e.V.“

Auch die Sicherheitsbehörden schauen genau hin. Unmittelbar nach dem Terrorangriff nahmen die Sicherheitsbehörden Kontakt zu den jüdischen Gemeinden auf und ergriffen konkrete Maßnahmen zur Verstärkung des Schutzes jüdischer Einrichtungen und zum Schutz des jüdischen Lebens. Die Sicherheitsbehörden gehen auch konsequent gegen antisemitische Äußerungen auf Demonstrationen vor.

Auch gegen Islamismus gibt es konkrete Maßnahmen. Gerade wurde das Wegweiser-Programm um eine Online-Variante ergänzt, um den Zugang zu diesem Präventionsangebot so niederschwellig wie möglich zu gestalten.

Es ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung, die demokratische Kultur im gelebten Alltag der Schulen zu stärken und ein Bewusstsein für eine fundierte Auseinandersetzung mit antidemokratischen Denkmustern, Einstellungen und Haltungen zu schaffen. In diesem Sinne ist es ein besonderes Anliegen, dass alle Schulen in NRW Antisemitismus sehr ernst nehmen und ihm entschieden entgegentreten. Deshalb haben wir gerade im Bereich Schule zusätzliche Maßnahmen ergriffen.

Wichtig ist uns aber auch, über den Kontext Schule hinaus die Arbeit gegen Antisemitismus zu stärken. Auch hier kommen die eben bereits erwähnten Stellen für Antidiskriminierungsarbeit SABRA und ADIRA, die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus RIAS und die Dunkelfeldstudie zu Antisemitismus in NRW zum Tragen.

Mit „begegnen e.V.“ fördert das Land die Verständigung zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Menschen. Zwischen uns stehen Information und Prävention im Fokus. Als demokratische Fraktionen werden wir weiterhin gemeinsam daran arbeiten, dass jüdisches Leben in NRW noch besser gefördert und geschützt wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir lassen nicht zu, dass die AfD versucht, das Thema „Antisemitismus“ zu instrumentalisieren, um gegen andere Minderheiten zu hetzen. Wir stehen solidarisch an der Seite jener Menschen, die von Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen sind. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)