Daniela Schneckenburger: „Wir schließen mit diesem Gesetzentwurf eine rechtliche Lücke, die einer dringenden Regelung bedarf.“

Gesetzentwurf zum Denkmalschutz

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle des Denkmalschutzgesetzes nehmen wir eine notwendige rechtliche Anpassung vor, die durch eine entsprechende Rechtsprechung ausgelöst worden ist. Herr Uhlenberg, Sie müssten es wissen und haben es eben auch zitiert: Wir schließen eine rechtliche Lücke, die einer dringenden Regelung bedarf. Diese Regelungslücke ist durch ein Urteil des OVG Münster entstanden. Es hätte verheerende finanzielle Folgen für die Landschaftsverbände und damit im Übrigen auch für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, wenn wir sie nicht schließen würden. Auch das müssten die Kollegen von der CDU wissen. Deswegen ist und war es notwendig, schnell zu handeln. Die Rede ist von geschätzten 40 Millionen € Mehrkosten, die im schlimmsten Fall auf die Landschaftsverbände hätten zukommen können.
Das Veranlasserprinzip regelt also jetzt rechtlich eindeutig, wer die Kosten einer Rettungsgrabung zu tragen hat. Mit dieser Klarstellung sorgen wir dafür, dass die Kostenträgerschaft eindeutig geklärt wird. Wer die Grabungen veranlasst, muss auch die Kosten für die bodendenkmalpflegerischen Maßnahmen – sprich: für die Rettungsgrabungen – tragen.
Auch in einem anderen Punkt haben wir durch einen Änderungsantrag für Rechtsklarheit gesorgt. Herr Uhlenberg, insofern kann ich die von Ihnen in Bezug auf Art. 13 GG vorgetragenen Bedenken nicht teilen. Es geht selbstverständlich nicht darum, das grundgesetzlich geschützte Recht auf Unversehrtheit der Wohnung im Denkmalschutz außer Kraft zu setzen. Es ist auch mitnichten ein Anschlag auf ein Grundrecht vorgesehen. Wir haben mit dem Änderungsantrag eine notwendige Differenzierung zwischen der grundgesetzlich geschützten Wohnung und dem Grundstück vorgenommen. Ich meine, dass es sich dabei um einen fairen Interessenausgleich zwischen Denkmalschutz und Grundstücks- und Wohnungsinhaberinnen und -inhabern handelt.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage bei Herrn Prof. Dr. Dr. Sternberg.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Bitte schön.
Präsidentin Carina Gödecke: Sie müssten sich nur bitte einmal einwählen.
Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Frau Schneckenburger, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass es jetzt Rechtsklarheit darüber gibt, wer die Kosten bei einer Ausgrabung zu tragen hat. Sehen Sie die Gefahr, dass dies zu einer Verschleierung von Funden führen, es also künftig durch die hohen für einen Bauträger zu erwartenden Kosten dazu kommen kann, dass archäologische Funde gar nicht mehr bekanntgegeben werden?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg, ich gehe nicht davon aus, dass es zu einer durch Bauträger gewollten Verschleierung von Kosten kommt. Das würde gleichzeitig bedeuten, dass Bauträger versuchen, das Auffinden eines Fundes zu unterschlagen, um Kosten zu vermeiden.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Genau das!)
Ich gehe davon aus, dass Bauträger genauso ein hohes Interesse am Schutz von Kulturgütern haben wie es das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt hat. Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg, Ihnen ist auch bekannt, dass der Denkmalschutz in Nordrhein-Westfalen Verfassungsrang genießt.
(Zurufe von der CDU)
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger, möchten Sie noch eine zweite Zwischenfrage zulassen, diesmal vom Kollegen Ott?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Bitte, gerne.
Jochen Ott (SPD): Vielen Dank, Frau Kollegin Schneckenburger. – Sind Sie mit mir der Meinung, dass es bei den gefundenen Baudenkmälern in der Vergangenheit in der Regel immer zu einvernehmlichen und guten Lösungen zwischen den Denkmalbehörden und dem einzelnen Investor kam und in diesem Abwägungsprozess vor Ort immer die Verhältnismäßigkeit beachtet wurde, sodass es an der Stelle überhaupt kein Problem geben wird?
(Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU]: Bislang war das so, ja!)
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Herr Ott, ich weise darauf hin, dass es bis zur Rechtsprechung durch das OVG Münster in Nordrhein-Westfalen in der Tat eine geübte Praxis gab. Das müsste auch der CDU bekannt sein. Ich gehe mit Blick auf die Vergangenheit aber auch auf die Zukunft davon aus, dass diese geübte Praxis in Nordrhein-Westfalen weiterhin einvernehmlich Bestand haben wird. Ich gehe davon aus, dass es das Interesse von Investoren gibt, gemeinsam mit dem Denkmalschutz eine einvernehmliche Lösung zu finden. Auch zu Zeiten der schwarz-gelben Landesregierung gab es eine geklärte rechtliche Basis. Sie wurde erst durch die Rechtsprechung verändert.
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
Es geht also um einen fairen Interessenausgleich. Ich glaube, diesen Interessenausgleich haben wir auch bei der Frage des Betretungsrechtes in den Vordergrund gestellt. Er nimmt grundsätzlich Rücksicht auf das hohe Gut der grundgesetzlich geschützten Wohnung. Aber für Grundstücke muss es eben auch eine Möglichkeit geben, sie so zu betreten, dass der Denkmalschutz, der in Nordrhein-Westfalen gleichfalls einen rechtlich hohen Rang hat, seine Arbeit in angemessener Weise wahrnehmen kann. Damit ist auch die Abwägung der Rechtsgüter an dieser Stelle in angemessener Weise erfolgt.
Es ist mir ein bisschen unverständlich, warum sich die CDU in einem weiteren Punkt auf einen gewissen Sonderkurs begibt. Mit Ausnahme der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern ist in den Bundesländern grundsätzlich ein Schatzregal eingeführt. Wir ziehen jetzt also nach.
(Zuruf von Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU])
Nordrhein-Westfalen zieht nach. Insofern ist das eine richtige Regelung.
Es soll auch eine angemessene Belohnung gezahlt werden. Das muss jeweils im Konsens geklärt werden.
Mich hat im Übrigen sehr beeindruckt, dass die Denkmalschützerinnen und Denkmalschützer in der Anhörung zum Denkmalschutzgesetz darauf hingewiesen haben, dass die Rettung der Himmelsscheibe von Nebra nicht erfolgt wäre, wenn es kein Schatzregal gegeben hätte.
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
Das ist unzweifelhaft ein hohes Kulturgut. Darüber sind wir uns mit Sicherheit einig. Es ist zurzeit jedenfalls eines der bekanntesten in der Bundesrepublik.
Unser Ziel ist es, Kulturgüter für das Land und die Gesamtbevölkerung so zu sichern, dass das allgemeine Interesse nicht nur geklärt, sondern auch festgeschrieben wird. Insofern ist die Geschichte des Denkmalschutzes in Deutschland und Nordrhein-Westfalen eine Erfolgsgeschichte. Sie ist übrigens auch vor dem Hintergrund der – darüber sind wir uns sicherlich einig – immer knapper werdenden Mittel der öffentlichen Haushalte eine Erfolgsgeschichte.
Herr Uhlenberg, deswegen lade ich Sie ein: Lassen Sie uns gemeinsam darauf schauen, ob es gegebenenfalls andere, bessere Finanzierungswege für die Eigner von Denkmälern gibt. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann muss man darüber auch sprechen. Aber vielleicht können wir diesen Prüfungsweg einmal zusammen beschreiten und sehen, ob es Finanzierungsinstrumente gibt, die sich vielleicht von den Finanzierungsinstrumenten der Vergangenheit unterscheiden, aber den Ansprüchen des Denkmalschutzes und der besonderen Lage der einzelnen denkmalgeschützten Gebäude gerecht werden.
Ich glaube, die Prüfung würde sich einmal lohnen. Es macht vielleicht keinen Sinn, die Debatte in so einer Aufgeregtheit und Hitzigkeit zu führen.
Zum Abschluss möchte ich noch einen Punkt erwähnen. Ich meine, der Denkmalschutz muss immer auch auf die Tauglichkeit und Nutzbarkeit von denkmalgeschützten Gebäuden schauen. Auch das wird eine Debatte sein, die man miteinander zu führen hat, nämlich wie sich Barrierefreiheit und energetische Sanierung mit dem Denkmalschutz vereinbaren lassen. Aber auch da, glaube ich, wird es gute Wege geben. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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