Daniela Schneckenburger: „Wir geben den Kommunen ein dringend benötigtes Werkzeug an die Hand, um endlich schärfer gegen Verwahrlosung vorgehen zu können.“

Gesetzentwurf zum Wohnungsaufsichtsrecht

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Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach längerer Debatte und Beratung, insbesondere auch nach einer intensiven Vorarbeit in der Enquetekommission des Landtags liegt nun ein Wohnungsaufsichtsgesetz vor uns, das heute verabschiedet wird. Das Gesetz ist das Kernstück des Handlungskatalogs, den die Enquetekommission verabschiedet hat; denn es ist auf landespolitischer Ebene ein entscheidendes Handlungsinstrument gegen die Verwahrlosung von Wohnraum. Andere Handlungsinstrumente hat die Enquetekommission ebenfalls identifiziert, ein Teil liegt auf Bundesebene.
Mit dem Gesetz geben wir den Kommunen ein dringend benötigtes Werkzeug an die Hand, um endlich wirksam gegen Vermieter vorzugehen, die ihre Wohnungen bewusst, willentlich vernachlässigen. Die Kommunen können also schärfer gegen Verwahrlosung handeln. – Sie haben Recht, Herr Voussem, das Instrument steht den Kommunen zur Verfügung. Sie müssen es dann umsetzen. Die Signale aus den Kommunen sind in der Anhörung – das haben Sie auch gehört – genauso gewesen.
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
Sie haben gesagt: Es ist gut, dass wir das Instrument haben; wir wollen es umsetzen. – Das Gesetz ist ein wesentlicher Ausfluss der Ergebnisse der Enquetekommission. Uns ist völlig bewusst, dass es auch andere Handlungsinstrumente, Regelungen und Handlungsnotwendigkeiten gibt. Darauf werden wir noch reagieren. Der Katalog ist umfänglicher gewesen. Wir werden ihn zusammen umsetzen. Ich glaube aber, keiner der Handlungsvorschläge greift so zentral an wie das Gesetz.
Im Zentrum des Gesetzes und damit der politischen Aufmerksamkeit stehen diejenigen, die unter Missbrauch ihres Eigentums Menschen, die in Not sind, nicht funktionierende Wohnungen vermieten. – Sie haben es eben gesagt, Herr Voussem: Es gibt Beispiele in Nordrhein-Westfalen, die insbesondere in letzter Zeit intensiv diskutiert worden sind, wo das der Fall ist. – Es gibt aber nicht nur in Dortmund und in Duisburg zahlreiche Beispiele, wie Sie es eben erwähnt haben. Ich war in Mönchengladbach. Ich war in Wuppertal in einer komplett verschimmelten Wohnung. An der Stelle sieht man das verantwortungslose Handeln von Wohnungseigentümerinnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deswegen finde ich es falsch – das will ich noch einmal in Richtung der CDU sagen, die dem Maßnahmenkatalog der Enquetekommission nicht zugestimmt hat -,
(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)
das Augenmerk jetzt allein auf eine besonders zugespitzte Situation zu lenken, auf die das Gesetz auch eine Antwort formuliert hat, nämlich die EU-Binnenwanderung, die einzelne Städte in Nordrhein-Westfalen betrifft, wo die Problematik in der Tat am augenscheinlichsten zutage tritt.
Lassen Sie uns nicht vergessen: Es gibt viele Mieterinnen und Mieter in Nordrhein-Westfalen, die sich mit Vermietern auseinandersetzen müssen, die zum Teil in kurzen Abständen wechseln, mit Hausverwaltungen, die nicht ansprechbar sind, mit Wohnungen, die in einem nicht funktionierenden Zustand sind. Die Spitze des Eisbergs ist für mich immer noch die Wohnung in der siebten oder achten Etage eines Hochhauses mit einem über mehrere Monate nicht funktionierenden Aufzug, in der eine alte Frau festsaß. Das sind Zustände, die wir in Nordrhein-Westfalen nicht dulden können und wollen. Deswegen sagen wir den Kommunen: Hiermit habt ein Instrument in der Hand.
Herr Voussem, ich will nur auf eins hinweisen, weil die CDU das immer wieder vorträgt: Wer so in einem Stadtquartier handelt, der fasst jedem Einzeleigentümer einer Immobilie in diesem Quartier in die Tasche.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Er sorgt dafür, dass ordentliche Vermieter und Vermieterinnen, die zum Glück die überwiegende Mehrzahl in diesem Land darstellen, nicht in ihren Bestand investieren. Wir haben es in Münster-Kinderhaus gemeinsam besichtigen können, wo ein großer privater Investor gesagt hat: Mit dem Wohnungsunternehmen an der Seite, das den ganzen Stadtbezirk, das ganze Stadtviertel herunterwirtschaftet, werde ich nichts investieren.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Wir sorgen also dafür, dass ganze Quartiere niedergehen. Wenn wir das Gesetz nicht umsetzen würden, sorgten wir dafür, dass das Geschäftsmodell Hartz IV, …
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): … das an der Stelle gelebt wird, reibungslos funktioniert. Das wollen wir nicht. Darum wollen wir klar handeln. Mit dem Gesetz ist ein entscheidender Schritt nach vorne getan.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Ich empfinde Ihre Haltung, die in Ihrem Entschließungsantrag zum Ausdruck kommt, übrigens – das in Richtung CDU gesagt – als Rumgeeiere.
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
Einerseits räumen Sie zwar ein, dass ein Problem da ist, andererseits sind Sie aber nicht bereit, den Schritt mitzugehen. – Danke schön.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schneckenburger, tun Sie mir bitte einen Gefallen. Ich habe versucht, Sie zu unterbrechen. Das ist mir nicht ganz gelungen. Herr Kollege Alda wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Würden Sie die jetzt ausnahmsweise am Ende noch zulassen?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Ja, heute Zwischenfragen auch am Ende.
Präsidentin Carina Gödecke: Drücken Sie sich bitte ein.
Ulrich Alda (FDP): Frau Präsidentin, danke. – Liebe Frau Kollegin, ich danke auch Ihnen, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Könnte es sein, dass Sie all das ziemlich allgemein meinen, dass das pauschale Vorwürfe gegen Vermieter sind? Ist das wirklich allgemein gemeint, gegen alle Vermieter, oder könnte es auch sein, dass die andere Seite gemeint ist?
(Jochen Ott [SPD]: Zuhören!)
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Kollege, ich weiß nicht, wo Sie allgemeine Vorwürfe gegen Vermieter gehört haben. Ich habe im Gegenteil gesagt –
(Jochen Ott [SPD]: Das Gegenteil hat sie gesagt!)
und kann es für Sie gerne noch einmal wiederholen -: In Nordrhein-Westfalen gibt es in der überwiegenden Anzahl ordentliche Vermieter und Vermieterinnen, die ordentlich handeln und ihren Bestand in Ordnung halten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Und dann haben wir einzelne Wohnungsunternehmen, finanzinvestorengetriebene Wohnungsunternehmen, die das nicht tun. Das ist unser Problem. Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine Situation, dass Wohnungsbestände im großen Paket verkauft worden sind, und Teile davon werden immer weiter verkauft an namenlose, unbekannte Fonds, die nicht bereit sind, Verantwortung vor Ort zu übernehmen – ganz im Gegensatz zu vielen, vielen Vermieterinnen und Vermietern in Nordrhein-Westfalen. Das ist unser Problem, und darauf richtet sich das Gesetz.
Darum ist es auch so, dass private Vermieter und Vermieterinnen mit größeren Beständen oder auch mit Einzelbeständen in solchen Quartieren sagen: Danke, dass ihr etwas tut, denn ich möchte meine Immobilie weiterhin in Ordnung halten; ich möchte dafür sorgen, dass es ein ordentliches Quartier ist; danke, dass ihr dafür sorgt, dass nicht das ganze Quartier am Ende brachfällt und damit auch mein Bestand Schaden erleidet!
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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