Daniela Schneckenburger: „Sie versuchen, einen Konflikt zu erzeugen, den es in Nordrhein-Westfalen gar nicht gibt“

FDP-Antrag zu Ladenöffnungszeiten

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Spiecker, es ist zumindest ein Stück Ehrlichkeit, wenn Sie sagen, man brauche schon einen Gesetzentwurf, um sachgerecht diskutieren zu können. Die FDP braucht keinen Gesetzentwurf, um Anträge zu stellen, die weiß auch so schon, was sachgerecht ist. Das ist die Qualität dieses FDP-Antrages.
(Widerspruch von Ralph Bombis [FDP])
– Herr Bombis, ich habe Ihnen genau zugehört und finde, dass Sie – ehrlich gesagt – eine Rolle haben, für die Sie zu bedauern sind: Sie müssen wie Don Quichotte einen Kampf gegen Windmühlen führen. Das Schlimme ist: Sie müssen dazu auch den Wind noch selber erzeugen. Das ist wirklich viel verlangt, starker Tobak.
Das, was Sie hier vorgelegt haben, hat überhaupt keinen Resonanzboden. Ihr Antrag ist vielmehr – offen gesagt – ein Dokument der Hilflosigkeit. Sie versuchen, einen Konflikt aufzublasen, einen Konflikt zu erzeugen, den es in Nordrhein-Westfalen gar nicht gibt. Das Ziel ist am Ende für Sie nur, Zustimmungshonig für die FDP zu saugen und sich dadurch eine Bedeutung zuzuschreiben, von der man gar nicht weiß, ob sie noch vorhanden ist.
Also: Was ist passiert? Sie haben damals ein Ladenöffnungsgesetz gemacht – das sage ich insbesondere in Richtung der Kollegen der CDU, beispielsweise des Kollegen Laumann –, bei dem die gelbe Handschrift extrem stark zu erkennen ist und das C im Namen der CDU sehr gering ausgefallen ist. Der Sonntagsschutz ist mit diesem Ladenöffnungsgesetz massiv verletzt worden.
(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Nein!)
Sie haben die Zahl der Sonntagsöffnungen in Nordrhein-Westfalen massiv ausgeweitet. Eben ist die Zahl 30 genannt worden. In der Spitze gab es in den Städten mehr Sonntagsöffnungen, als es Sonntage gab, weil die Stadtteile alle an verschiedenen Sonntagen geöffnet hatten.
(Widerspruch von der FDP)
– So war es: weil die Stadtteile alle an verschiedenen Sonntagen geöffnet hatten und weil Sie den Anlassbezug gestrichen haben. Das haben Sie getan.
Insofern war es notwendig, Änderungen am schwarz-gelben Gesetz vorzunehmen und den Sonntagsschutz zu reparieren:
(Beifall von den GRÜNEN)
nicht nur, weil es das Berliner Urteil gibt, nicht nur, weil der Sonntagsschutz Verfassungsrang hat, sondern auch, weil wir der festen Auffassung sind – das unterscheidet uns an der Stelle vielleicht von der CDU –, dass der Sonntagsschutz nicht nur dem Schutz der Zeit des Gottesdienstes dient – das hatten Sie noch aufgenommen; dieses Minimum an Sonntagsschutz haben Sie noch zugestanden –, sondern dass der Sonntag – darauf weisen wir im Schulterschluss mit den Kirchen hin – auch deswegen der biblische Tag der Ruhe ist, Herr Laumann, weil es darum geht, die Interessen von Menschen zu schützen, den Zugriff der Arbeit zu begrenzen, aber auch die Interessen von Familien zu schützen.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Deshalb haben am ersten Weihnachtstag demnächst die Bäcker geöffnet!)
Und das haben Sie ausgehöhlt.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Und jetzt müssen die Bäcker am Ostersonntag arbeiten!)
An dieser Stelle haben Sie das freigeräumt – alles für die Kollegen von der FDP, die keine Grenze, kein Maß und keinen Schutz von Individuen kennen.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Was Sie hier abliefern, ist unerträglich!)
Das ist der Grund, warum wir gesagt haben: Wir sorgen dafür, dass der Sonntagsschutz jetzt repariert wird.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ansonsten werden wir Ihnen eine maßvolle Novelle vorlegen – mit einem Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Interessengruppen: dem Einzelhandel und den Beschäftigten, aber auch den Stadtteilen und den Stadtzentren.
Ich bin sicher: Wenn man dann ernsthaft auf der Basis eines Gesetzentwurfs miteinander spricht, dann ist der ganze Wind, Herr Bombis, den Sie eben versucht haben zu erzeugen, auch sehr schnell wieder aus der Debatte heraus.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann wird man sehen, dass das gilt, was der Einzelhandelsverband bei dem schon zitierten Frühstück gesagt hat – ich glaube, Sie waren da auch anwesend –: Damit können wir gut leben; das ist eine maßvolle Novelle.
Ehrlich gesagt, hätte es Ihnen auch gut zu Gesicht gestanden, die Kritik der Allianz für den freien Sonntag mit aufzunehmen.
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Ja?
Vizepräsident Oliver Keymis: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Laumann?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Gerne.
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Laumann.
Karl-Josef Laumann (CDU): Verehrte Frau Kollegin Schneckenburger, ich habe eine Frage. Wenn der Feiertagsschutz so wichtig ist – da sind wir wahrscheinlich beide einer Meinung –, dann verstehe ich an dieser Novelle eine Sache fundamental nicht: Warum müssen am ersten Weihnachtstag, am ersten Ostertag und am ersten Pfingsttag – das sind nun mal die drei Hochfeste der christlichen Kirche – unsere Bäcker und unsere Floristen demnächst arbeiten? Warum wollen Sie es nicht bei der Öffnung am zweiten Feiertag belassen? Diese Regelung haben wir bewusst geschaffen, um die ersten Feiertage der hohen Feste zu schützen, damit auch die Familien der betroffenen Beschäftigten an diesen Tagen ihre Väter und ihre Mütter zu Hause haben.
(Beifall von der CDU)
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Herr Laumann, es wäre schön gewesen, wenn Sie sich damals bei der Regelung des Sonntagsschutzes auch bei der Formulierung der anderen Stellen des Gesetzes daran erinnert hätten.
Ich will Ihnen sagen, warum wir das machen. Sie haben den zweiten Tag festgelegt.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Um den ersten Tag frei zu halten!)
Ich sage Ihnen: Unser Gesetzentwurf hat zum Ziel, einen fairen Interessenausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen einerseits und Arbeitnehmerschutzinteressen andererseits hinzubekommen. Erklären Sie einem Blumenhändler doch bitte mal, warum er zunächst warten soll, bis seine Blumen verwelkt sind, damit er sie dann am zweiten Feiertag, dem Öffnungstag, verkaufen kann.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ach, hören Sie doch auf!)
Entschuldigung, aber das macht doch in der Tat überhaupt keinen Sinn.
(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD])
Das war sowieso eine Fehlkonstruktion in Ihrem Gesetz. Das ist ein handwerklicher Fehler, den Sie ja auch schon verschiedentlich eingeräumt haben. Das werden wir hier korrigieren.
Der Gesetzentwurf wird ein Gesetzentwurf des fairen Interessenausgleichs sein. Er wird die notwendigen Korrekturen mit dem notwendigen Augenmaß verbinden.
Ich bin ausgesprochen gespannt auf die Debatte, die wir dann im Ausschuss führen werden. Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP-Fraktion, dann diskutieren wir vielleicht auch auf der Basis eines Gesetzentwurfs und verzichten auf Schaufensteranträge wie diesen hier. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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