Daniela Schneckenburger: „Privat und Staat müssen sich ergänzen und den Wohnungsmarkt nach den Bedürfnissen der Menschen und der Zeit weiterentwickeln.“

Große Anfrage von SPD und GRÜNEN zur Zukunft des Wohnens

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir sind uns vermutlich einig: Wohnen ist ein Grundbedürfnis und damit auch ein Grundrecht der Menschen. Wohnungspolitik schien ziemlich lange ein streitloses Thema zu sein, weil die Grundversorgung in der Bundesrepublik und in den Bundesländern unproblematisch zu sein schien. Ich glaube aber, dass wir feststellen müssen – das hat nicht nur die Berichterstattung, sondern das haben die vielen Gespräche mit den Menschen in Nordrhein-Westfalen gezeigt –, dass dieser Konflikt zurück ist auf der politischen Agenda, auch zurück auf der Tagesordnung der Landespolitik.
Warum ist das so? Das ist deswegen so, weil die Mieten in vielen Regionen Nordrhein-Westfalens steigen, insbesondere auf der Rheinschiene und in den Universitätsstädten. Das belegt die Antwort auf die Große Anfrage, die uns vorliegt. Der Wohnungsmarkt spaltet sich. Eben war die Rede von der schwierigen und problematischen sozialen Gruppe der Lehrerinnen im Reihenhaus. In der Tat ist das ein Hinweis darauf, dass wir es mit einer Spaltung zu tun haben.
Der demografische Wandel erfordert zusätzliche Mittel. Wir werden weniger, und wir werden älter. Dass wir älter werden ist zwar auch gut so; es bedeutet aber auch, neue Herausforderungen in neuen Lebensgemeinschaften in Nordrhein-Westfalen infrastrukturell in der Wohnungspolitik umzusetzen.
Wohnungspolitik braucht damit eine klare Förderpolitik. Und Wohnungspolitik braucht einen zuverlässigen ordnungspolitischen Rahmen. Für beides haben wir in Nordrhein-Westfalen an ganz unterschiedlichen Punkten in den vergangenen drei Jahren gesorgt. Privat und Staat müssen sich auf dem Wohnungsmarkt ergänzen. Das ist inzwischen wieder eine sehr klare Einsicht in der Wohnungspolitik. Es reicht nicht, auf Privat vor Staat zu setzen, wie es die Landespolitik unter CDU und FDP sehr dominiert hat. Privat und Staat müssen sich vielmehr ergänzen und den Wohnungsmarkt nach den Bedürfnissen der Menschen und der Zeit weiterentwickeln.
Wir wollen in Nordrhein-Westfalen lebendige Quartiere. Wir wollen, dass Menschen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebensformen in Quartieren zusammen wohnen, leben und sich gegenseitig unterstützen können. Auf diese Unterstützung in den Quartieren kommt es wesentlich an, gerade dann, wenn Menschen im Quartier und in ihrer Wohnung älter werden wollen, nicht in stationäre Einrichtungen gehen wollen.
Wir brauchen kindgerechte Quartiere. Wir brauchen altengerechte Quartiere. Wir brauchen Quartiere, die ganzzeitlich ausgerichtet sind und die Bedürfnisse der Menschen erfüllen.
Ich will Folgendes hinzufügen: Wir brauchen natürlich Klimaquartiere, in den neben der Kaltmiete auch die zweite Miete, die Heizkosten, bezahlbar bleiben. Wir brauchen mehr energetische Sanierung in Nordrhein-Westfalen. Das ist übrigens auch ein Konjunktur- und Investitionsprogramm für dieses Land, weil es das Handwerk fördert, Arbeitsplätze im Handwerk schafft.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben derzeit in Nordrhein-Westfalen ungefähr 14 Klimaquartiere. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir wesentlich mehr brauchen, im ersten Schritt 100. Wir haben ja Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Quartiere in Nordrhein-Westfalen. Dort liegt eine ganz zentrale Aufgabe der Landespolitik und der Quartierspolitik des Landes. An dieser Stelle kann man sehr stark von einem Leuchtturmprojekt lernen, das wir in Nordrhein-Westfalen haben: Innovation City Bottrop. Das ist leider bundesweit viel zu wenig bekannt. Für die Bekanntheit des Projektes muss man sicherlich noch einiges tun. An diesem Projekt „Innovation City Bottrop“ kann man sehr viel darüber lernen, wie klimagerechte Quartiere der Zukunft aussehen können, bezahlbar sind und bezahlbar bleiben. Wir sind sehr dafür, dieses Projekt genau auszuwerten und zu beobachten, wie dieses Konzept „Innovation City Bottrop“ sozusagen auf die Fläche ausgerollt werden kann und von diesem Konzept andere Quartiere lernen können.
Gut ist aus unserer Sicht auch, dass die Bundesregierung nun wieder das Programm „Soziale Stadt“ verstärkt. Denn Wohnungspolitik muss mit Stadtentwicklungspolitik eng verzahnt sein. Das ist eine Erkenntnis, die wir in der Wohnungspolitik gewonnen haben und die gerade durch diese Große Anfrage noch einmal belegt wird. Sie muss eng verzahnt sein. Das bedeutet für uns: Wir brauchen gerade in den Quartieren Investitionen, die Ankunftsquartiere für Menschen mit Migrationshintergrund sind und zum Teil mit schwierigen sozialen Problemlagen konfrontiert sind.
Wir brauchen Investitionen in die Hardware, die Wohnungspolitik. Dort ist unser Förderprogramm entscheidend wichtig. Wir brauchen aber auch Investitionen in die Software, wenn man so will, das heißt: in soziale Hilfe in diesen Vierteln, um Konflikte in den Städten zu moderieren.
Ich will an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage sagen. Mehrere Ressorts haben an der Beantwortung mitgearbeitet. Sie bietet eine gute Datenbasis für uns, unsere Arbeit fortzuführen, weiter fortzufahren, die Leitlinien der rot-grünen Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen fortzusetzen, die lauten: Förderung bezahlbaren Wohnraums, Förderung gesetzlicher Handlungsmöglichkeiten gegen die Vernachlässigung von Wohnraum, Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und den Mieterinnen, um unser Land zukunftsfähig aufzustellen.
Wir haben in der Vergangenheit die Fehler von Schwarz-Gelb korrigiert, die von 2005 bis 2010 dazu führten, dass die Eigentumsförderung in den Fokus gerückt und damit de facto Geld fehlallokiert worden ist.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben den Menschen in Nordrhein-Westfalen zwar noch eine Förderung zukommen lassen. Sie haben es aber genau in dieser wichtigen Periode, in diesen für die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt heute wichtigen Jahren, versäumt, rechtzeitig die Förderrichtlinien auf die Tatsache auszurichten, dass Mieten steigen, dass Zuzug in die großen Städte erfolgt, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt. Das ist Ihr Versagen an dieser Stelle. Es ist absolut richtig und gut gewesen, dass wir in der Lage waren, diese Fehlentwicklung zu korrigieren.
Die neue Wohnraumförderung konzentriert sich auf den tatsächlichen Bedarf. Wir schaffen gleichzeitig einen verlässlichen Rahmen mit einem mehrjährigen Förderrahmen – verlässlich für die Wohnungswirtschaft, verlässlich für Investoren. Außerdem ermöglichen wir einen Tilgungsrahmen und damit auch die Möglichkeit, in schwierigeren Investitionsfeldern dennoch in Neuinvestitionen, in Sanierungsinvestitionen zu gehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, das ist eine qualitative Weiterentwicklung, die so nur mit Rot-Grün möglich war.
Wir haben auch einen Schwerpunkt auf das studentische Wohnen gelegt, weil wir wissen, dass der doppelte Abiturjahrgang – neben all den Vorkehrungen, die zuvor getroffen worden sind – auch neue Herausforderungen auf dem Mietwohnungsmarkt bedeutet.
Ich will auch das Wohnungsaufsichtsgesetz erwähnen, das jetzt ein entscheidender Handlungsfaktor für die Kommunen ist. Damit ist der ordnungspolitische Rahmen, den wir in Nordrhein-Westfalen gesetzt haben, noch einmal beschrieben. Nichtsdestotrotz wird es viele weitere Aufgaben geben. Ich habe sie eingangs genannt. Der demografische Wandel und die Herausforderungen durch den Klimawandel werden an erster Stelle stehen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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