Daniela Schneckenburger: „Mit dem Mittelstandsgesetz werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen verbessert“

HH 2013 Wirtschaft, Industrie, Mittelstand und Handwerk

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir führen hier eine Debatte um den Einzelplan 14, um den Haushalt des Wirtschaftsministeriums. Wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sind der Überzeugung, dass der Ihnen hier vorliegende Einzelplan 14 ein guter Entwurf ist, ein guter Einzelplan ist, weil er die Linien richtig setzt, weil er maßvoll auf die Einsparungen mit Blick auf die Schuldenbremse 2020 hin orientiert und gleichzeitig aber die Möglichkeit eröffnet, für dieses Land notwendige wirtschaftspolitische Impulse zu setzen.
Ich will das einmal deutlich machen: Wir haben sehr genau darauf geachtet, dass das, was für Nordrhein-Westfalen zukünftig von existenzieller wirtschaftlicher Bedeutung ist, nämlich die Förderung des Mittelstandes, die Unterstützung von Neugründungen und die Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen wie bisher im notwendigen Maß und ohne qualitative Einschränkung erledigt werden kann, auch dann, wenn sich dieser Einzelplan genauso wie der Haushalt insgesamt an eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben orientiert.
Unser Interesse ist es eben nicht, öffentliche Aufgaben zu reduzieren, sondern durch eine entsprechende Kürzung der Ausgaben sich auf 2020 hin zu orientieren. Darum enthält dieser Einzelplan auch notwendige wirtschaftspolitische Prioritäten, die eine Wirtschafts- und Haushaltspolitik mit Augenmaß setzen muss.
Für uns entstehen neue Arbeitsplätze vornehmlich im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen durch eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur in Nordrhein-Westfalen. Wer hier kürzen würde, wer hier gekürzt hätte, hätte der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land nachhaltig geschadet. Darum tun wir das auch nicht. Darum setzen wir an dieser Stelle die richtigen Impulse. Dazu gehört gerade das Handwerk in Nordrhein-Westfalen Der Kollege hat es eben angesprochen: die Meistergründungsprämie als wichtiges Standbein der kleinen und mittleren Unternehmensstruktur in diesem Land.
Wir haben also darauf geachtet, dass genau diese Mittel erhalten bleiben; ich will es noch einmal deutlich machen. Dem dient auch das Mittelstandsgesetz. Ich höre, dass Sie anderer Auffassung sind. Einerseits in der Debatte gestern haben die FDP und CDU darauf gedrängt, dass die Clearingstelle kurzfristig ihre Arbeit aufnimmt. Das war Ihnen sehr wichtig. Die Clearingstelle soll schnell und effizient arbeiten. Andererseits sind Sie aber nicht bereit, die notwendigen Haushaltsmittel dafür zur Verfügung zu stellen. Das mag verstehen, wer will. Sie lehnen das Mittelstandsgesetz ab, begrüßen das Instrument, fordern es ein, stellen keine Finanzierung dafür zur Verfügung. Ich finde, das ist keine konsistente Politik.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Mit dem Mittelstandsgesetz und der darin verankerten Mittelstandsverträglichkeitsprüfung von Initiativen der Landesregierung haben wir ein wichtiges Instrument geschaffen, das auch sehr breit begrüßt worden ist, mit dem die Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns von kleinen und mittleren Unternehmen verbessert werden können.
Ich will einen weiteren Punkt nennen: Auch da würde ich Ihnen vorschlagen, Ihre Zustimmung zum Einzelplan 14 zu überdenken. Denn Sie haben im Grundsatz Ihre Zustimmung zu den Initiativen der Landesregierung zur Förderung des Tourismus in Nordrhein-Westfalen signalisiert. Wir haben durch den entsprechenden Antrag deutlich gemacht, dass wir die Position des Reiselandes Nordrhein-Westfalen weiter ausbauen wollen. Das hat übrigens seinen Grund auch darin, dass mit einem Bruttoumsatz von 31,3 Milliarden € dieser Sektor immerhin rund 3,5 % zum Bruttosozialprodukt beiträgt, also nicht zu vernachlässigen ist.
Was vielleicht noch entscheidender ist: Es geht hier gerade um einen wichtigen wirtschaftlichen Impuls in den Regionen Nordrhein-Westfalens, in den ländlichen Räumen Nordrhein-Westfalens, wo Arbeitsplätze vorhanden sind, stabilisiert werden müssen, aber auch noch weiter entstehen können. Da gibt es eine Dynamik in der Entwicklung, die man noch weiter unterstützen muss. Darum setzen wir uns mit diesem Haushalt dafür ein, weitere Förderungen des Tourismus aus den Mitteln der EU in der kommenden Förderperiode zu ermöglichen. Wir stärken den Tourismus NRW e. V. mit einer gesicherten Förderung in Höhe von ca. 1,4 Millionen €.
Sie haben als CDU und FDP zwar im Grundsatz Zustimmung signalisiert, aber wenn es dann ums Konkrete geht, nämlich darum, auch einzuschlagen und die Mittel dafür bereitzustellen, dann ziehen Sie sich in eine fundamentale Verweigerungsopposition zurück. Das ist etwas, was man verstehen kann, wenn man will. Ich kann es leider nicht verstehen.
Ich will einen weiteren Punkt benennen: Wir unterstützen die Existenzgründung und sichern die Beratung Gründungswilliger durch das „Startercenter NRW“, eine ganz zentrale und wichtige Aufgabe, genauso wie wir Jungunternehmerinnen und -unternehmer, junge Existenzgründerinnen und -gründer durch das Beratungsprogramm Wirtschaft NRW unterstützen. Weiterhin wird die Landesregierung das Ziel-2-Programm planmäßig zu Ende bringen, die angestoßenen Projekte weiterführen und für eine erfolgreiche Programmumsetzung sorgen.
Herr Wüst, dann kommen wir zu Ihrem Punkt: Ich kenne den Brief nicht, den Sie vorhin zitiert haben. Ich weiß nicht, was Sie meinen. Aber ich erinnere mich sehr gut an unseren kleinen Disput im Wirtschaftsausschuss um folgende Frage – das ist eine Frage, die Sie gestellt haben; darauf habe ich auch geantwortet –: Will die Landesregierung Schrottimmobilien mit EU-Fördergeldern aufkaufen? Ist das der Vorschlag der Enquetekommission?
Darauf habe ich Ihnen geantwortet und habe gesagt: Nein, der Vorschlag der Enquetekommission ist es zu überprüfen, ob ein revolvierender Fonds geschaffen werden kann, ein Stadtentwicklungsfonds, in den in der Tat EFRE-Mittel eingelegt werden können, die aber nicht verzehrt werden sollen. Es geht vielmehr um einen revolvierenden Fonds mit dem Ziel, auch privates Kapital einzuwerben, um an dieser Stelle für die Wohnungswirtschaft letztlich einen Impuls zu erzeugen. Es geht also im Gegensatz zu dem, was Sie suggeriert haben, nicht darum, EU-Fördermittel an dieser Stelle für den Aufkauf von Immobilien auszuschütten und sie zu verzehren, sondern es geht genau darum zu prüfen, mit welchen Instrumenten Stadtentwicklungspolitik und auch die Wohnungswirtschaft im Ergebnis unterstützt werden können, aber nicht durch einen Verzehr der Mittel, sondern durch einen revolvierenden Fonds.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Vielleicht haben Sie es nicht so genau beobachtet. Aber das ist in der Wohnungswirtschaft ein geübtes Verfahren, weil wir bereits einen revolvierenden Fonds haben, nämlich zur Wohnungsförderung in Nordrhein-Westfalen. Es ist also kein neues Instrument, sondern wäre ein bekanntes Instrument, wenn es sich so übertragen ließe. Die EU hat auch die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Wo ist also der Punkt der Differenz zu den Aussagen im Wirtschaftsausschuss? Es tut mir sehr leid; ich kann ihn nicht erkennen.
Der Schwerpunkt wird für uns darauf liegen, die Grundlagen für die kommende Förderperiode zu legen. Das ist die entscheidendere Frage, um die es eigentlich geht. Das wird uns auch in den nächsten Monaten ganz entscheidend beschäftigen. Dabei wird es darum gehen, für die Förderperiode 2014 die richtigen Impulse zu geben und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das tun wir durchaus in dem Wissen darum, dass es eine schwierige Lage gibt und die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen und in Europa zum jetzigen Zeitpunkt mitnichten klar sind.
Das sind die Impulse, die die Landesregierung setzt. Das ist der Grund, warum wir zu dem Einzelplan 14 zustimmen und auch der Meinung sind, dass er richtig aufgestellt ist.
Ich will aber jetzt noch einmal auf den Punkt zu sprechen kommen, den die CDU in den vergangenen Wochen hervorgehoben hat. Sie haben gesagt: Die CDU leistet einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung in Nordrhein-Westfalen, und wir sagen jetzt auch einmal, wo man in Nordrhein-Westfalen und wo man besonders im Wirtschaftsbereich kürzen kann.
Da schlagen Sie zum einen eine Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes vor und erhoffen sich zusätzliche Mittel aufgrund des Wegfalls des Personals für die Prüfbehörde. Dazu hat der Kollege Bell schon einiges gesagt. Da rechnen Sie mit falschen Zahlen. Man weiß überhaupt nicht, warum Sie 15 Stellen kürzen wollen, die im Haushalt nicht vorhanden sind.
Ich will aber auch noch einmal eine andere Frage stellen: Was ist eigentlich konservativ daran, Herr Wüst? Was ist eigentlich an einer Wirtschaftspolitik der CDU konservativ, Menschen in den Transferleistungsbezug zu drängen, indem man ihnen einen Mindestlohn und einen vergabespezifischen Mindestlohn verweigert?
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
Was ist eigentlich daran konservative und wertorientierte Politik? Ich kann es nicht verstehen. Man kann an verschiedenen Stellen nicht mehr verstehen, was bei Ihnen eigentlich noch konservative Politik ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber an dieser Stelle will ich das noch einmal fragen.
Zweiter Punkt: Was ist eigentlich konservativ daran, den Sonntagsschutz in Nordrhein-Westfalen komplett auszuhöhlen? Worin besteht eigentlich die werteorientierte Politik der CDU? – Sie schütteln den Kopf, Herr Laumann. Diese Auseinandersetzung hatten wir schon einmal.
Was ist eigentlich konservativ daran, den Sonntagsschutz zu schleifen
(Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU])
und dafür zu sorgen, dass für Arbeitnehmerfamilien nicht einmal ein Tag der Ruhe bleibt? Wir haben gesagt, wir gehen in eine moderate Änderung des Ladenöffnungsgesetzes, und wir gehen genau an dieser Stelle hinein,
(Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU])
weil uns, Herr Laumann, die Werteorientierung ausgesprochen wichtig ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Abgeordnete, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Bombis zulassen?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Ja, bitte.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Bombis.
Ralph Bombis (FDP): Vielen Dank, Frau Schneckenburger, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Frau Schneckenburger, weil Sie über Mindestlohnthematik hier so sprechen, als hätten wir hier ein Riesenproblem, frage ich Sie: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Zahl der voll erwerbstätigen Singles, die zusätzlich Transferleistungen in diesem Bereich empfangen haben, in den letzten Jahren die Marke von 80.000 nicht überschritten hat, dass es also hier mitnichten ein flächendeckendes Problem gibt, so wie Sie immer wieder den Eindruck zu erwecken versuchen?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Abgeordnete, bitte.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Herr Bombis, ich versuche überhaupt keinen Eindruck zu erwecken. Ich weiß nicht, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen seit Jahren die Erhöhung der Kosten der Unterkunft beklagen, und zwar deswegen,
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
weil die Zahl der Aufstockerinnen und Aufstocker in Nordrhein-Westfalen steigt. Meines Erachtens ist dies einmal etwas, was die FDP zur Kenntnis nehmen sollte.
(Ralph Bombis [FDP]: Nein!)
Nehmen Sie eigentlich zur Kenntnis, dass es in Nordrhein-Westfalen Menschen gibt, die vollzeitberufstätig sind, die sich mitnichten in irgendeine soziale Hängematte legen, aber dennoch nicht in der Lage sind, aus ihrem Gehalt eine Familie zu ernähren,
(Christian Lindner [FDP]: Eine Familie!)
dass sie zum Teil noch nicht einmal in der Lage sind, aus zwei Gehältern eine Familie zu ernähren?
(Christian Lindner [FDP]: Für eine Familie reichen aber 8,50 € nicht aus!)
Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass in Nordrhein-Westfalen 50 Milliarden € durch die öffentliche Hand vergeben werden
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
und dass wir in einer wirtschaftlichen und sozialen Verantwortung dafür stehen?
(Ralph Bombis [FDP]: Wie wollen Sie denn von 8,50 € eine Familie ernähren?)
– Entschuldigung, ich habe Sie nicht verstanden.
(Ralph Bombis [FDP]: Wie wollen Sie von 8,50 € denn dann eine Familie ernähren? – Weiterer Zuruf: Er darf gar nicht mehr!)
Sehr geehrter Herr Bombis, …
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Abgeordneter, bei einer erneuten Zwischenfrage muss man sich melden,
(Ralph Bombis [FDP]: Nein, ich habe …)
und der Präsident gibt dann noch einmal das Wort.
(Ralph Bombis [FDP]: Ich habe das Mikro …)
Frau Abgeordnete Schneckenburger, würden Sie noch einmal eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bombis gestatten?
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Ja, bitte.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Nein, sie ist gerade zurückgezogen worden.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Zurückgezogen oder Frage?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin Schneckenburger, Sie haben das Wort.
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte auf den zweiten Vorschlag der CDU-Fraktion bezüglich der Optimierung der Kofinanzierung bei der Wirtschaftsförderung Bezug nehmen. Sie behaupten, Bund und Länder würden dem Land im Jahre 2013 232 Millionen € für die Wirtschaftsförderung zur Verfügung stellen. Wir glauben, dass es sich dabei um einen Rechenfehler handelt. Das, was Sie da ausgerechnet haben, können wir jedenfalls nicht nachvollziehen. Wir kommen auf einen Unterschied von 30 Millionen €.
Sie schlagen vor, einen Teil der Kofinanzierung des Landes durch Sachleistungen oder Drittmittel zu erbringen. Es tut uns leid, das lässt der Bund nicht zu.
Unterm Strich, sehr geehrte Damen und Herren, ist festzustellen: Ihre Kürzungsvorschläge zum Einzelplan 14 sind weder in sich konsistent noch stellen sie eine Wirtschaftsförderungspolitik des Landes dar, die Impulse für die Zukunft auslösen würde. Wir können nicht erkennen, dass es sachdienliche Hinweise bezüglich der Beratung des Einzelplans 14 gibt. Insofern halten wir die Vorschläge der CDU an dieser Stelle weder für sachdienlich noch vorwärtsweisend.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, Ihre Redezeit!
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Der Einzelplan 14 setzt die richtigen Impulse. Ich danke Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)