Daniela Schneckenburger: „Lassen Sie uns einen kleinen Faktencheck machen“

Große Anfrage der FDP zur Wirtschaft in NRW

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, dass ich mich bei der Landesregierung und den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Große Anfrage beantwortet haben, bedanke. Denn in der Tat: 286 Fragen sind kein Pappenstiel!
Insofern möchte ich mich an der Stelle bei der FDP bedanken, dass Sie ein sehr umfängliches Material für die wirtschaftspolitische Analyse und für die Debatte liefern, die man auch in der eigenen Fraktion führt.
Nicht ganz so euphorisch würde ich mich, sehr geehrter Herr Brockes, für den Entschließungsantrag bedanken, den Sie uns auf den Tisch gelegt haben, und für die kleine Rede, die Sie dazu gehalten haben, die die üblichen ideologischen Versatzstücke enthält. Inzwischen fragt man sich, ehrlich gesagt, ob Sie jedes Mal, wenn Sie das Wort „Tariftreue- und Vergabegesetz“ in einer Ihrer Reden unterbringen, vielleicht fünf Euro aus der Fraktionskasse ausgezahlt bekommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das wäre jedenfalls eine Erklärung dafür, warum das so konstant von Ihnen vorgetragen wird.
Lassen Sie uns nun zu Ihrem Entschließungsantrag kommen und lassen Sie uns einen ganz kleinen Faktencheck zu diesem Entschließungsantrag machen. Sie sprechen von einem schlechten Gründerklima in Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich, und das könnten Sie ja der Großen Anfrage entnehmen, hat sich die Gründerquote seit Mitte der 90er-Jahre bis heute von 8,8 % auf 10,3 % erhöht. Damit ist der Abstand zum Bundesdurchschnitt – erklärbar aus der Struktur der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens – in den letzten Jahren deutlich verkürzt worden. Das ist ein Ergebnis guter Politik. Was machen Sie daraus? – Sie machen daraus, dass sich das schlechte Gründungsklima in einer Selbstständigenquote von 10,3 % manifestiere; der Bundesdurchschnitt liegt bei 11 %. Bravo! Das nenne ich wirklich kreative Interpretation von Zahlen. Da braucht man auch keine Große Anfrage mehr, da braucht man auch keinen Faktencheck mehr!
(Beifall von den GRÜNEN)
Zweitens. Sie sprechen von der zweithöchsten Arbeitslosenquote im Westen Deutschlands. Die Antwort der Landesregierung auf Ihre Große Anfrage zeigt, dass die Zahl der Erwerbstätigen in Jahr 2013 auf den höchsten bisher je in NRW erreichen Wert gestiegen ist, nämlich auf 8,9 Millionen Menschen. Im letzten vollständigen Regierungsjahr von Schwarz-Gelb, 2009, betrug die Arbeitslosenquote 9,2 %; heute beträgt sie 7,8 %. Ergebnis guter Politik, auch Ergebnis einer gesunden Wirtschaft, die das aus sich heraus geschafft hat!
Was machen Sie daraus? Sie machen daraus ein Standortproblem, indem Sie ständig die Behauptung aufstellen, dass ein bürokratisches Monster in Nordrhein-Westfalen namens Tariftreue- und Vergabegesetz die Nordrhein-westfälische Wirtschaft stranguliere.
(Beifall von Ralf Witzel [FDP])
Das ist Ihr Blick auf die Realität. Ehrlich gesagt, wenn man eine solche Brille aufhat, dann frage ich mich allen Ernstes, warum man Große Anfragen stellt.
Wir jedenfalls sind der Auffassung, dass auch 7,8 % für Nordrhein-Westfalen immer noch eine Problemlage bedeuten. Wir haben in Teilregionen eine wesentlich höhere Arbeitslosenzahl; das darf man überhaupt nicht aus dem Blick verlieren. Wir werden auch weiterhin mit den Kommunen und Jobcentern zusammenarbeiten, um die Perspektiven arbeitsloser Menschen in Nordrhein-Westfalen zu verbessern. Dabei muss man auch die unterschiedlichen Problemlagen und Bedarfe in den Regionen genau berücksichtigen.
Es braucht Handlungskonzepte in anderen Regionen, um sozusagen das umgekehrte Problem zu bewältigen, nämlich einen größer werdenden Fachkräftebedarf, der nicht mehr zur Entwicklung der Unternehmen passt. Das alles bleibt bei Ihnen außen vor. Sie scheren das Land über einen Kamm. Sie zeichnen ein Zerrbild des Landes. Ich muss das an dieser Stelle leider auch einmal sagen: Sie reden auch die Situation des Landes schlecht. Konzeptionell bringen Sie aber nichts nach vorne – wirklich überhaupt nichts! –, was dazu beitragen würde, eine wirtschaftspolitische Debatte in Nordrhein-Westfalen nach vorne zu führen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das heißt im Ergebnis: Es ist eine Aneinanderreihung von Versatzstücken. Ich würde mir wünschen, dass sich die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium zumindest dahin gehend gelohnt hat, dass sie die Debatte der FDP in Zukunft befruchten möge und wir an dieser Stelle in ganzes Stück weiterkommen. Mit dieser Hoffnung sage ich herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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