Daniela Schneckenburger: „Herr Lindner, Sie missbrauchen eine ernsthafte Debatte um den Gesundheitsschutz in Nordrhein-Westfalen für Ihren ideologischen Klamauk.“

Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP zum Nichtraucherschutz

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hegemann! Ich hätte, bevor Sie gesprochen haben, übrigens nicht geglaubt, dass man das Niveau dieser Debatte noch unterbieten kann. Doch ich bin eines Besseren belehrt worden, Herr Hegemann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der FDP)
Es ist Ihnen wirklich mühelos gelungen. Kein Problem.
(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])
Herr Hegemann, wenn auf einer Demonstration in Deutschland gelbe Sterne mit der Aufschrift „Raucher“ getragen werden, dann finde ich das ein Maß an Geschichtsvergessenheit,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
das man in diesem Landtag mit Fug und Recht kritisieren darf. Die Vergleiche, die Sie an der Stelle gebracht haben, zeigen, dass Sie nicht verstanden haben, was es bedeutet, wenn auf einer Demonstration Menschen so auftreten. Das zeigt mir das, Herr Hegemann.
Jetzt zu Ihnen, Herr Lindner. Es ist eine schöne Liste, die Sie da vortragen haben – bis zur Achselbehaarung, auch wenn das in keinem Parteiprogramm gestanden hat. Das ist Ihnen aber ganz egal.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Die Hauptsache für Sie ist, eine kleine ideologische Debatte anzuzetteln, an deren Ende Sie die Grünen oder die Gesundheitsministerin oder die Landesregierung insgesamt an den ideologischen Pranger stellen wollen.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Herr Lindner, Sie missbrauchen eine ernsthafte Debatte um den Gesundheitsschutz in Nordrhein-Westfalen für Ihren ideologischen Klamauk heute Morgen. Das finde ich unterhalb der Grasnarbe.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es ist im Grunde genommen immer dasselbe Lied von der Freiheit, das Sie da singen. Das ist Freiheit ohne Verantwortung
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
für die Menschen in der Gastronomie, auf die Herr Bombis eben noch hingewiesen hat,
(Christian Lindner [FDP]: Immer schön gegen die Person!)
für Menschen in der Gastronomie, die unter den Bedingungen arbeiten müssen.
(Ralph Bombis [FDP]: Die können sich das doch aussuchen!)
– Ja, sicher können die sich das aussuchen! Herr Bombis, fragen Sie doch einmal die Beschäftigten,
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
in der Gastronomie, was die von Ihrem gemäßigten Nichtraucherschutz gehalten haben!
Ich habe am Rande einer DEHOGA-Veranstaltung mit ihnen gesprochen. Die haben mir gesagt: Passen Sie einmal auf! Unser Verband vertritt diese Position, muss er vielleicht auch. Aber wir sagen Ihnen Folgendes: Im Innern ist der Verband gespalten.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Wir sind nämlich sehr froh darüber, dass es einen konsequenten Nichtraucherschutz in den Kneipen in Nordrhein-Westfalen gibt. Wir sind Beschäftigte.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
– Sie brauchen gar nicht rumzuschreien. Es waren noch nicht einmal die Beschäftigten allein. Es waren auch die Besitzer und Besitzerinnen, die gesagt haben: Gut, dass ihr das für uns geregelt habt. Wir wollen nicht die ganze Nacht im Rauch stehen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
Jetzt kommen wir noch zu einem anderen Punkt. Ich verstehe folgendes nicht: Herr Lindner, Sie scheinen ein großes Gedächtnis für grüne Wahlprogramme, aber ein sehr wenig ausgeprägtes Gedächtnis für Entscheidungen Ihrer eigenen Partei in anderen Bundesländern zu haben.
In Bayern sind Sie als Landesregierung zum Jagen getragen worden.
(Christof Rasche [FDP]: Was ist denn mit Baden-Württemberg?)
In Bayern hat Ihnen ein Volksentscheid diktiert, was Sie nicht bereit waren, gesetzlich zu regeln, nämlich einen konsequenten Nichtraucherschutz. Und: Steht Bayern noch? – Ja, Bayern steht noch, immer noch, trotz eines konsequenten Nichtraucherschutzes, den Sie politisch verweigert haben.
(Zuruf von Ministerin Barbara Steffens)
Ich will Ihnen auch noch einmal etwas zur Situation der Eckkneipen sagen. Sie benutzen die schwierige Situation von Eckkneipen im Ruhrgebiet für Ihre Debatte und versuchen daran aufzuhängen, dass der Nichtraucherschutz die Existenz von Eckkneipen gefährdet.
(Zurufe von der FDP)
Wenn Sie ehrlich mit sich wären, müssten Sie eigentlich wissen, dass das Kneipensterben im Ruhrgebiet schon seit Jahren anhält, auch das Eckkneipensterben, und dass es einen massiven Strukturwandel in der Gastronomieszene gibt, der ganz schwierig ist für die Inhaberinnen kleiner Eckkneipen, aber der da ist und der mitnichten irgendetwas mit dem Nichtraucherschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen zu tun hat,
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
sondern im Gegenteil schon vor Jahren eingesetzt hat. Das müssten Sie eigentlich wissen, wenn Sie sich mit kleinen und mittleren Unternehmen und insbesondere mit der Situation im Gaststättengewerbe beschäftigen. Aber das wollen Sie überhaupt nicht ernsthaft, sondern Sie wollen hier heute Morgen nur ein bisschen Wahlkampf machen.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Das haben wir verstanden. Aber das hilft den Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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