Daniela Schneckenburger: „Für uns sind die freien Berufe eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft.“

Antrag der CDU zur Stärkung freier Berufe

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht immer einfach, das richtige Maß zu finden. Wir begrüßen einerseits das Bestreben der EU-Kommission, unverhältnismäßige Hürden beim Berufszugang in den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Andererseits ist es aber auch zum Erhalt bestimmter Berufsbilder notwendig, bestimmte Regulierungen in den Mitgliedstaaten zu erhalten. Wir haben das bei der Debatte um den Meisterbrief – das ist eben erwähnt worden – gemeinsam so gesehen und gemeinsam so betont.
Gleichzeitig – darüber sind wir uns alle einig – gibt es sinnvolle Beschränkungen, die speziell der Qualitätssicherung dienen, zum Beispiel zum Verbraucherschutz oder zum Ausbildungsniveau – Stichwort, wie gesagt: Meisterbrief –, die ihre positive Wirkung entfalten.
Politik muss klassischerweise abwägen, wie man mit konkurrierenden Zielen umgeht, wenn es einerseits darum geht, Barrieren abzubauen, und andererseits darum, Gutes zu schützen.
Für uns sind die freien Berufe eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Ihre Erfolgsgeschichte wollen wir respektieren und vor allen Dingen für die Zukunft der Wirtschaftsstruktur in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland insgesamt bewahren.
Gleichzeitig muss man aber auch die Grundfreiheiten in der EU anerkennen. Beispielsweise darf die Dienstleistungsfreiheit nicht einseitig zulasten von Gemeinwohlinteressen ausgelegt werden. Die Kommission hat an verschiedenen Stellen, zum Beispiel im Rahmen der Revision der Richtlinie für gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen, allerdings einseitig auf die Öffnung des Sektors gesetzt.
Das Parlament hat dagegen erfolgreich Qualitäts- und Sicherheitsstandards verteidigt.
Gleichzeitig muss man feststellen, dass auch der demografische Wandel und die hohen Arbeitslosenzahlen Europa in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Wir haben eine bedrückend hohe Jugendarbeitslosigkeit im Süden Europas.
Vielerorts in Deutschland fehlen Fachkräfte. Auch darum ist es sinnvoll, gegenseitig Berufsabschlüsse anzuerkennen und dafür zu sorgen, dass junge Menschen, die zurzeit keinen Zugang zum Arbeitsmarkt in ihren südeuropäischen Ländern finden, jedenfalls vorübergehend Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Das darf wiederum nicht zulasten von Ausbildungsstandards gehen.
Das heißt, dass wir uns mit Blick auf die gute Diskussionskultur beim Meisterbrief, zu dem wir einen gemeinsamen Antrag formuliert haben, vorstellen können, zu einem gemeinsamen Diskussionsprozess zum Thema „freie Berufe“ zu kommen.
Der Mittelstandsbeirat hat im Februar dieses Jahres gerade mit Bezug auf den Meisterbrief betont, wie wichtig es ist, nicht nur den Meisterbrief im Handwerk zu schützen, sondern auch die Berufszugangsregelung für die freien Berufe. Auch dabei ist das Thema aufgerufen worden. Daher ist es ein Stück auf der nordrhein-westfälischen Tagesordnung.
Die Kommission selbst – das als letzte Bemerkung – ist etwas zurückgerudert. Sie hat selbst gesagt, sie wolle den Meisterbrief in Deutschland weder schleifen noch infrage stellen. Die Verantwortung bleibt bei den Mitgliedstaaten.
Es gibt einen Korridor der Annäherung, den ich auch für meine Fraktion bei diesem Antrag zur Sicherstellung und zur Bedeutung der freien Berufe in Nordrhein-Westfalen und Deutschland sehe. Daher möchte ich auch von unserer Seite das Signal geben, dass es sinnvoll ist, in einen gemeinsamen Diskussionsprozess nicht nur im Ausschuss, sondern gegebenenfalls auch auf andere Weise auf eine gemeinsame Positionierung gerichtet einzutreten. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Arbeitsmarkt, Wirtschaft