Daniela Schneckenburger: „Die Städtebauförderung ist ein wirtschaftliches Erfolgsprogramm.““

HH 2012 Bauen und Wohnen

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist schon eine ziemlich erstaunliche Debatte, muss ich sagen.
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
Zum einen ist sie das deswegen, weil die Wohnungsbauförderung gar nicht im Landeshaushalt behandelt wird. – Aber gut, Schwamm drüber.
Ich will einmal feststellen, vor allem in Richtung der Herren, die sich hier über die Wohnungsbauförderungspolitik des Landes gerade so intensiv beklagt haben: Wir haben hier einen ausgesprochen ambitionierten Haushalt auf dem Tisch des Hauses liegen, und zwar aus folgendem Grund:
(Lachen von der CDU)
Auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung ist es besonders problematisch – Herr Schemmer, hören Sie ruhig mal zu; es geht jetzt um Ihren Herrn Ramses, wie Sie ihn immer so gerne nennen –, dass Ihr Herr Ramses, nämlich Minister Ramsauer im Bund, sich der Finanzierungsverantwortung für die Stadtentwicklung entzieht. Das tut er, das tut der Bund bereits seit zwei Haushalten. Dem müssen Sie sich einfach einmal stellen.
(Bernhard Schemmer [CDU] winkt ab.)
Er bedient sich nämlich eines ganz simplen Tricks. Wie macht man Haushaltskonsolidierung? – Man schiebt die Lasten einfach nach unten. Für die Städtebauförderung heißt das, das auf Bundesebene gekürzt wird, dass Ramsauer gekürzt hat. Das ist unter zwei grundlegenden Aspekten ein erhebliches Problem.
Erstens. Es handelt sich um ein hoch erfolgreiches Programm. Die Städtebauförderung ist eines der Erfolgsprojekte als gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Wir brauchen das Programm auch. Es ist gerade der integrierte Ansatz in dem Programm, der seinen Erfolg ausmacht. Gerade da, wo es Stadtteilen schlecht geht, wo Stadtteile Probleme haben, wirkt dieses Programm. Das ist ein Grund, warum man es dringend kompensatorisch in Nordrhein-Westfalen braucht. Wir brauchen es insbesondere in Kommunen mit strukturellen Problemen, die problematische Stadtquartiere haben.
Der zweite Punkt ist die Tatsache, dass die Städtebauförderung ein wirtschaftliches Erfolgsprogramm ist. Jeder Euro, der in der Städtebauförderung ausgegeben wird, zahlt sich mit acht privaten Euro im Grunde genommen wieder zurück; denn jeder öffentliche Euro löst acht Euro privater Investitionen aus. Es ist ein Programm, das einen Selbstzahlungs- und Rückzahlungseffekt über die Steuereinnahmen hat, die dann wieder in die Kasse des Herrn Ramsauer gehen. Es ist also, ehrlich gesagt, eine haushaltspolitische Dummheit, ausgerechnet die Axt an die Städtebauförderung im Bund zu legen, und es ist vor allen Dingen eine volkswirtschaftliche Dummheit.
Ich sage aber auch in aller Deutlichkeit: Es wird als Land gar nicht möglich sein, für alle Ewigkeit die Ausfälle an Bundesmitteln aus eigener Kraft zu stemmen. Der Konsolidierungsdruck in Nordrhein-Westfalen wird es nicht möglich machen, die Fehlentscheidungen auf Bundesebene auszubügeln.
Dann will ich einmal zur Wohnungsbauförderung kommen. Dazu wird hier von Ihnen ein ewiges Theaterstück aufgeführt,
(Zuruf von der SPD: So ist es!)
immer mit der gleichen Melodie und der gleichen Platte: Geben Sie mehr in die Wohnungsbauförderung, dann kann man mehr Eigenheime bauen, dann geht es Nordrhein-Westfalen besser! – Und dann lassen Sie Ihren Fraktionsvorsitzenden verkünden, wir könnten nicht konsolidieren. Irgendwo muss man sich einmal entscheiden, meine Herren, finde ich.
(Beifall von der SPD)
Tatsächlich ist es so, dass Sie – das gehört zur Wahrheit auch dazu – die Wohnungsbauförderung überbucht haben und dafür gesorgt haben, dass die Förderung des Landes in Form zinsgünstiger Darlehen in Regionen geht, in denen Sie meinen, dass dort besonders viel Eigenheimbau notwendig sei. Wir haben die Korrektur dieser Fehlentwicklung eingeleitet, um das Wohnungsbauvermögen zu konsolidieren.
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
Das ist die ganze Wahrheit. Wir werden die Konsolidierung auch weitertragen und werden die Mittel auch politisch zielgerichtet einsetzen. Denn wenn es schon geringere Mittel in Nordrhein-Westfalen gibt – das ist so, wenn man sich auf den Weg der Haushaltskonsolidierung macht –, dann muss man auch dafür sorgen, dass das Geld an die richtigen Stellen kommt. Dann muss man es dahin geben, wo der Druck groß ist und wo Wohnungsbauförderung gebraucht wird. Und das ist dort, wo die Not der Mieterinnen und Mieter groß ist, nämlich in den hochverdichteten Ballungsräumen, in denen die Mieten durch die Decke gehen.
Jetzt kommen wir zu Herrn Ellerbrock und seinem schönen Märchen über die LEG-Sozialcharta.
(Holger Ellerbrock [FDP]: Gerne!)
Es ist in der Tat eines der interessanten Rührstücke, die hier aufgeführt wurden. Herr Ellerbrock, Sie sollten wissen, dass die LEG-Sozialcharta Rahmenbedingungen setzt, aber dass diese Rahmenbedingungen bei Weitem nicht über dem liegen,
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
was ansonsten bei vielen der Private-Equity-dominierten Wohnungsunternehmen üblich ist. In der Tat kann man nicht die Fehlentwicklungen durch Sozialcharten aufheben.
Sie sind jetzt ja auch Mitglied der Enquetekommission. Wir haben dort doch die ganze Misere auf dem Tisch liegen. Wir sehen doch, was sich in Nordrhein-Westfalen in den Stadtquartieren abspielt. Da muss man meines Erachtens noch einmal gemeinsam sorgfältig überlegen, was wir an Instrumenten brauchen,
(Beifall von Jochen Ott [SPD])
um mit dieser Fehlentwicklung umzugehen. Wir werden sicherlich nicht den großen Schalter finden, den man umlegen kann, aber wir werden alle Rechtsinstrumente prüfen.
Von daher glaube ich, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir eine interessante Debatte vor uns haben, dass der Haushaltsplan insgesamt aber die Weichen für Nordrhein-Westfalen richtig stellt. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)