Daniela Schneckenburger: „Der Verfall von Wohnungen hat immer auch Auswirkungen auf angrenzende Stadtquartiere.“

Abschlussbericht der Enquete-Kommission "Wohnungswirtschaftlicher Wandel"

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute den Abschlussbericht der Enquetekommission I, die den Titel trug „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“, im Plenum debattieren können.
Der Verlauf dieser Enquetekommission war etwas anders, als das normalerweise der Fall ist. Enquetekommissionen werden vom Landtag eingesetzt, arbeiten zwei Jahre und legen dann dem Plenum ihren Abschlussbericht vor. Das tun wir heute zwar auch, aber der Verlauf dieser Enquetekommission war unterwegs etwas anders.
Die Kommission bestand nämlich bereits in der 15. Wahlperiode und fand mit der Auflösung des Landtages am 14. März 2012 zunächst auch faktisch ihr Ende. Bei der Konstituierung des neuen Landtages ging es dann um die Frage, ob der Landtag bereit ist, das Thema wieder aufzunehmen und damit zu ermöglichen, dass eine Fortsetzung der Arbeit erfolgt. Ich bin dem Landtag sehr dankbar, dass diese Möglichkeit geschaffen wurde und dass wir damit in der Lage waren, die Arbeit der Enquetekommission zu beenden und Ihnen heute auch einen Abschlussbericht zur Beschlussfassung vorlegen zu können.
Ich bin auch deswegen dankbar dafür, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir in Nordrhein-Westfalen nicht nur ein wichtiges Thema in der Enquetekommission behandelt haben, das Auswirkungen auf viele Städte und Stadtteile in Nordrhein-Westfalen und auch auf viele Menschen in Nordrhein-Westfalen hat, die als Mieter und Mieterinnen in Wohnungen leben, die Finanzinvestoren gehören und von ihnen bewirtschaftet werden, sondern weil wir damit in Nordrhein-Westfalen ein Thema auf die Tagesordnung des Landtages gesetzt haben, das auch bundesweit Beachtung gefunden hat. Das zeigen uns jedenfalls Reaktionen aus dem Bundesgebiet, in denen für die Arbeit der Enquetekommission ausdrücklich gedankt worden ist, weil wir eine Frage behandelt haben, die nicht nur Nordrhein-Westfalen betrifft, sondern auch bundesweite Auswirkungen hat.
Worum ging es der Enquetekommission? Die zunehmende Globalisierung hat dazu geführt, dass der Wohnungsmarkt in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren für internationale Finanzinvestoren an Bedeutung gewonnen hat. Es gab zahlreiche Verkäufe und Wiederverkäufe von Wohnungen. Die Deregulierung der Finanzmärkte bildete dafür den Hintergrund.
Grundlage dieses Geschäftes war auch ein Geschäftsmodell Hartz IV, mit dem sich die Kommission ausführlich befasst hat. Im Hintergrund steht zudem die mangelnde Bereitschaft mancher Eigentümer, Wohnungsbestände instand zu halten, was in Kommunen zu verschiedenen Problemlagen geführt hat. Es geht dabei einerseits um städtebauliche Fragen. Diese hat die Kommission untersucht. Es ging zentral im wohnungswirtschaftlichen Bereich um die Wohnungswirtschaft, und es ging um die sozialen Folgewirkungen auf die Mieter und Mieterinnen, auf die Menschen in Nordrhein-Westfalen, aber auch auf die Entwicklung der Stadtteile. Mit all diesen Fragen hat sich die Enquetekommission befasst. Sie legt Ihnen in ihrem Abschlussbericht auch eine detaillierte Analyse vor.
Lassen Sie mich zunächst einige Anmerkungen zum Verfahren und zur Arbeitsweise der Enquetekommission machen: Zu den elf Vertreterinnen und Vertretern aller fünf Fraktionen in der Enquetekommission kamen noch fünf sachverständige Mitglieder hinzu, also externe Mitglieder, die jeweils die Fraktionen benannt haben, die der Kommission ihren Sach- und Fachverstand in einer intensiven Arbeitsphase zur Verfügung gestellt haben.
Die Kommission hat insgesamt 28 Sitzungen durchgeführt, davon 13 in der 15. und 15 Sitzungen in der 16. Wahlperiode. Seit Mitte November 2012 bis zum Ende der Kommission am 28. Februar 2013 hat die Kommission im wöchentlichen Rhythmus getagt; davor waren die Abstände etwas größer.
Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur der Fachverstand der einzelnen Mitglieder, sondern auch vier Gutachten bzw. Studien, die die Kommission in Auftrag gegeben hat, bildeten die Grundlage für die Handlungsempfehlungen, die den Bericht abschließen. Die Handlungsempfehlungen sind natürlich das Zentrum eines solchen Berichtes, weil sie sich mit einem Auftrag an die Landesregierung richten und insofern eine Grundlage für die kommende Arbeit der Landesregierung bilden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Hervorzuheben ist dabei besonders ein Gutachten, mit dem sechs konkrete Fallbeispiele durch ein Institut begutachtet wurden, um auch konkrete Situationen vor Ort in den Blick zu nehmen. Wir hatten als Kommission schon den Anspruch, auf das ganze Land Nordrhein-Westfalen zu schauen und uns Städte und Kommunen unterschiedlicher Struktur anzusehen, um jeweils die Frage zu beantworten, wie sie mit der Problematik Finanzinvestoren umgehen.
Ich will die Stadtteile nennen, die wir besonders in den Blick genommen haben. Das waren Bielefeld-Sennestadt, Dortmund-Jungferntal, Köln-Chorweiler, Marl-Drewer, Münster-Kinderhaus und Neuss-Erfttal. Wir hatten uns als Kommission vorgenommen, einige dieser Quartiere zu bereisen. Wir haben das auch geschafft. Aufgrund der Verkürzung der Zeit konnten wir aber am Ende leider nicht alle Quartiere bereisen.
Darüber hinaus haben wir eine Vielzahl von Expertengesprächen durchgeführt und auch eine öffentliche und eine nichtöffentliche Anhörung zum Thema „Rechts- und Förderinstrumente“ durchgeführt.
Nicht zuletzt haben uns Vertreter von verschiedenen Ministerien der Landesregierung mit ihrer Expertise unterstützt.
Lassen Sie mich nun noch etwas zum Inhalt des Berichts und damit auch zum Inhalt der Arbeit der Enquetekommission sagen: Ausgangslage war die Feststellung, dass wir in Nordrhein-Westfalen Wohnungen und Stadtquartiere haben, in denen beispielsweise nicht nur massiver Schimmelbefall zu beklagen ist, in denen zum Beispiel wegen eines Aufzugdefekts in einem Hochhaus eingeschlossene gehbehinderte Mieterinnen nicht in der Lage waren, ihre Wohnung zu verlassen, in denen auch Leerstände auftreten bis hin sogar zu Vandalismus in einzelnen Straßenzügen. Das sind Facetten eines Problems, das wachsende Aufmerksamkeit in Nordrhein-Westfalen gefunden hat und an uns herangetragen worden ist. Das führte auch zur Einrichtung der Enquetekommission.
Warum ist das so? Das war die Frage der Enquetekommission. Was für ein Bewirtschaftungsmodell steckt dahinter?
Wir haben festgestellt, dass der deutsche Wohnungsmarkt seit einigen Jahren ins Blickfeld internationaler Anleger geraten ist, eine Entwicklung, die Länder und Gemeinden, aber auch Mieter/innen vor zum Teil erhebliche Probleme stellt. Diese Entwicklung hat auch eine Vorgeschichte. Seit Mitte der 90er-Jahre kam es nämlich in Deutschland zu umfangreichen Privatisierungen, die insbesondere seit Beginn des Jahres 2000 in Nordrhein-Westfalen stattgefunden haben. Das Jahr 2003 war ein ganz deutlicher Einschnitt in Nordrhein-Westfalen, an dem erkennbar ist, dass ehemals – in geringerem Maße – öffentliche, vor allen Dingen aber ehemals industrielle Wohnungsbestände an internationale Finanzinvestoren verkauft wurden, an Private Equity Fonds aus dem angelsächsischen Bereich.
Das war eine bundesweite Entwicklung. Darum ist auch die Bundesaufmerksamkeit auf die Enquetekommission gerichtet gewesen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat zwischen 1999 und 2010 fast 2 Millionen gehandelte Wohnungen gezählt, von denen über die Hälfte an private Investoren ging. In Nordrhein-Westfalen rechnen wir mit ca. 320.000 Wohnungen, die an Private-Equity-Fonds verkauft worden sind.
Der Hotspot des Handels lag in der Bundesrepublik in Nordrhein-Westfalen. In Nordrhein-Westfalen haben wir einen besonderen Schwerpunkt im Ruhrgebiet. Das lag daran, dass sich der werksgebundene Wohnungsbestand insbesondere im Ruhrgebiet befand. Große Bestände alteingesessener Industrieunternehmen wurden dabei privatisiert und zu einem großen Teil an Finanzinvestoren verkauft. Etwa ein Fünftel der Wohnungen – so die Feststellung der Kommission – wechselte dabei mehrfach den Besitzer.
Neu war dabei insbesondere die innovative Finanzierung dieser sehr großen Verkäufe. Sie funktionierte so, dass Private-Equity-Fonds mit geringem Eigenkapital und hohen Fremdkapitalanteilen ganze Unternehmen oder Teilbestände aufgekauft haben. Aus der Differenz zwischen niedrigen Zinsen für das geliehene Kapital und der höheren Rendite aus der Vermietung der Immobilien resultierten die Eigenkapitalrenditen, die wiederum den Anlegern versprochen worden waren. Es sind denjenigen, die die Fondsanteile gekauft haben, Eigenkapitalrenditen von 10 bis 15 % versprochen worden. Ein kommunales Wohnungsunternehmen rechnet mit einer Rendite von ungefähr 3 bis 5 %. Daran kann man auch erkennen, worin die Probleme liegen: Wenn nämlich mit solch enormen Renditemargen gerechnet wird, hat das Folgen für die Investitionstätigkeit in diesen Beständen.
Die Kommission hat darüber hinaus das Problem festgestellt, dass die Ankäufe in Regionen stattfanden, in denen sich der Mietmarkt aufgrund des Bevölkerungsrückgangs entspannt. Es handelte sich überwiegend um einfache Wohnungen. Auch das muss man im Hinterkopf behalten. Viele Wohnungen unterlagen zudem beim Ankauf noch der sozialen Wohnraumbindung. Vor allen Dingen in diesem Marktsegment zeigen sich Probleme in der Entwicklung. Die Aufkäufe durch internationale Finanzinvestoren beruhten zum Teil auf Fehleinschätzungen und einem Geschäftsmodell, das sich nicht wie geplant umsetzen ließ.
Spätestens auf dem Höhepunkt des Verkaufskarussells – das war ungefähr 2004/2005 – kauften viele Unternehmen Wohnungsbestände ohne genauere Marktkenntnis, ohne wohnungswirtschaftliche Erfahrung und in einigen Fällen sogar ohne solide Immobilienbewertung. Viele der Fonds haben in der Folge beim Kauf den deutschen Immobilienmarkt hinsichtlich des Einzelprivatisierungs- und Mieterhöhungspotenzials überschätzt. Das hatte natürlich auch Folgen für das Geschäftsmodell, das ursprünglich vorsah, Wohnungen nur kurz zu halten und schnell wieder zu verkaufen. Dieser Exit hat aber in vielen Fällen nicht planmäßig stattgefunden.
Für die Mieterinnen und Kommunen waren die anschließenden Umstrukturierungen problematisch. Serviceleistungen wurden zentralisiert und ausgedünnt mit der Folge, dass sich die Hausverwaltung verschlechterte, Mieten erhöht, Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen zugunsten der hohen Gewinnerwartung deutlich reduziert wurden und – das muss man ganz deutlich sagen – Personal abgebaut wurde.
Infolgedessen kam es zu einer Vernachlässigung von Wohnungen, die sich in den eingangs beschriebenen Phänomenen wie Schimmel, undichten Fenstern, kaputten Aufzügen, Fassadenproblemen, Heizungs- und Warmwasserausfällen in den Wintermonaten – auch das ist uns berichtet worden – gezeigt haben.
Der Verfall von Wohnungen hat immer auch Auswirkungen auf angrenzende Wohnungsbestände, die sich in den Stadtquartieren durch soziale Entmischung bemerkbar machten und in der Folge Probleme für die Nahversorgung beinhalteten.
Das ursprüngliche Geschäftsmodell ließ sich nicht umsetzen. Wohnungen wurden nicht mehr oder nur auf sehr geringem Niveau instandgehalten. Zum Teil haben wir auch Insolvenzen beobachten müssen.
Ich will noch eine Gruppe benennen, die von dieser Entwicklung betroffen ist, aber in der Öffentlichkeit manchmal nicht im Fokus steht, nämlich die Mieter und Mieterinnen, die ihre Wohnungen im Zuge von Einzelprivatisierungen gekauft haben und dann in einer Gemeinschaft mit dem ursprünglichen Wohnungsunternehmen leben. Es geht also um Wohnungseigentümergemeinschaften, in denen das ursprünglich vorhandene Wohnungsunternehmen die Mehrheit hat. Auch mit dieser Problematik muss man sich auseinandersetzen.
Problematische Quartiere verteilen sich auf ganz Nordrhein-Westfalen. Ich selbst habe einige Quartiere besucht und mir die Lage vor Ort genau angesehen. Die Kommission war in Münster-Kinderhaus. Ich habe mir Wuppertal-Rehsiepen, Dortmund-Westerfilde und Köln-Chorweiler angesehen.
Gemeinsam ist allen gewesen, dass sich Mieter und Mieterinnen mit der Problematik alleingelassen fühlen und dass Kommunen darauf gedrängt haben, dass das Land ihnen für die Auseinandersetzung mit der Vernachlässigungsproblematik Instrumente zum Handeln zur Verfügung stellt.
Gemeinsam ist diesen Quartieren aber auch, dass es bei Finanzinvestoren ein Geschäftsmodell Hartz IV gibt. Viele dieser vernachlässigten Wohnungen sind an Menschen vermietet, die sich im Transferleistungsbezug befinden. Die Kommunen kommen für die Kosten der Unterkunft auf. Daraus muss sich eine Diskussion um die Frage anschließen – sie hat sich auch angeschlossen –, wie die Kommune damit umgehen kann, dass sie einerseits Zahlungen für die Kosten der Unterkunft leistet, aber die Mieter und Mieterinnen keinen angemessenen Wohnraum dafür erhalten und auch persönlich häufig nicht in der Lage sind, über eine Mietminderung die Angemessenheit des Wohnraums einzuklagen.
Die Enquetekommission hat einen Handlungskatalog beraten, der sich im Grundsatz in zwei Gruppen aufteilt, nämlich einerseits in Handlungsempfehlungen, die sich an die Landesebene richten – das ist unsere Ebene –, und andererseits in Handlungsempfehlungen, die sich an die Bundesebene richten.
Ich will nur die wichtigsten nennen; es ist ein sehr umfänglicher Handlungskatalog, um den intensiv diskutiert wurde. Wir brauchen ein neues Wohnungsaufsichtsgesetz in Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen die Möglichkeit für die Kommunen, stärker gegen die Vernachlässigung wohnungsaufsichtlich vorzugehen sowie die Möglichkeit zur Durchsetzung von Angemessenheitskriterien für Transferleistungsempfänger umzusetzen. Wir brauchen eine stärkere Beobachtung dieses Marktsegmentes und eine Stärkung von Mieter/innenrechten und eine Berücksichtigung der Interessen von Wohnungseigentumsgemeinschaften. Wir brauchen auch – das richtet sich an die Bundesebene – eine Erschwerung von Weiterverkäufen durch eine Beleuchtung der Grunderwerbsteuer, die beim Weiterverkauf von Unternehmen nicht anfällt und damit auch nicht in die Landeskasse fließt, sowie eine Besteuerung von Unternehmensverkäufen, damit dieses Geschäftsmodell in angemessener Weise steuerlich gewürdigt wird, wie auch andere Verkäufe durch die Grunderwerbsteuer steuerlich belastet werden.
Die Lizensierung großer Wohnungsgesellschaften wurde ebenso wie andere Maßnahmen diskutiert, die sich zum Teil an die Bundesebene richten.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Handlungsempfehlungen sind weitgehend konsensual verabschiedet worden. Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, dabei ein sehr breites Votum der Kommission mit den vier Fraktionen dieses Hauses herzustellen. Es gibt allerdings auch Sondervoten, auf die die Kolleginnen und Kollegen sicherlich im Verlauf der Debatte eingehen werden.
Ich sage auch – weil das in die Zeit der Kommissionsarbeit fiel –, dass ich sehr froh bin, dass es beispielsweise Evonik gelungen ist, mit VIVAWEST einen werksverbundenen Wohnungsbestand in eine solide Trägerstruktur zu überführen, denn auch das ist ein Wohnungsunternehmen, das sich regional engagiert und bereit ist, nicht nur Mieter/innenrechte umzusetzen, sondern sich auch an der energetischen Sanierung zu beteiligen.
Für die Arbeit der Enquetekommission gilt im Ergebnis, dass uns aufgrund der Landtagsauflösung im März 2012 und der damit fehlenden Arbeitszeit der Kommission natürlich auch Zeit fehlt, die wir für die Beratung sicherlich hätten nutzen können. Für Teilbereiche der Instrumente konnte eine vertiefte Analyse nicht mehr erfolgen. Es wird Aufgabe der weiteren Arbeit sein, sehr genau zu prüfen, an welchen Stellen der Gesetzgebung man ansetzen muss.
Ich bin mir jedoch sehr sicher, dass der Handlungskatalog eine gute Grundlage darstellt, die Thematik weiter zu behandeln. Das gilt sowohl für das Parlament als auch für die Landesregierung, an die sich der Handlungskatalog im Ergebnis auch richtet.
Als Vorsitzende der Enquetekommission möchte ich mich zum Schluss meines Einführungsberichts bedanken: bei allen, die diesen intensiven und gerade in der letzten Phase sehr intensiven Arbeitsprozess mitgemacht haben und wirklich miteinander ins Geschirr gegangen sind. Das gilt für die Kolleginnen und Kollegen aller fünf Fraktionen. Ihnen danke ich für die gute und vor allen Dingen inhaltsreiche Zusammenarbeit. Das gilt auch für die ehemaligen Kolleginnen der Fraktion Die Linke, die in der letzten Legislaturperiode noch Teil der Enquetekommission war.
Daneben danke ich auch den Sachverständigen, die die Kommission begleitet haben und in ganz wesentlichem Maße durch ihren Sach- und Fachverstand zum Ergebnis dieser Arbeit beigetragen haben. Dank gilt auch all denen, die die Kommission beraten und die sich in Anhörungen als Gesprächspartner/in zur Verfügung gestellt haben. Das waren Mieterinitiativen in Nordrhein-Westfalen, Fachleute aus der Wohnungswirtschaft und zum Teil auch Gesprächspartner der Finanzinvestoren. Nicht alle waren für uns erreichbar. Manche waren für ein Gespräch erreichbar. Dank gilt für viele Fachfrauen und Fachmänner aus den Kommunen.
Mein Dank gilt auch den wissenschaftlichen Referentinnen und Referenten der Fraktionen, die unsere Arbeit in vielfacher Hinsicht unterstützt haben, und vor allen Dingen last but not least natürlich dem Kommissionssekretariat, das durch die Landtagsverwaltung gestellt wurde, und das vor allen Dingen in den letzten Wochen Außerordentliches geleistet hat. Dafür unser aller herzlicher Dank.
(Beifall von der SPD, den GRÜNEN, der FDP und den PIRATEN)
Da ging es wahrlich nicht um Dienst nach Vorschrift, sondern um einen Einsatz, der dem Kommissionsbericht insgesamt sehr gut getan hat und der großen Dank und große Anerkennung verdient.
Schließlich will ich auch noch die anderen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung einbeziehen, die uns unterstützt haben. Herr Präsident, ich darf Sie bitten, diesen Dank an die Landtagsverwaltung weiterzugeben.
(Vizepräsident Eckhard Uhlenberg nickt.)
Herzlichen Dank.
(Allgemeiner Beifall)


2. Runde:

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe nun die Gelegenheit, für meine Fraktion einen Blick auf die Arbeit der Enquetekommission zu werfen. Wir haben den Einsetzungsantrag vor zwei Jahren gestellt, Herr Voussem, weil es eine sehr klare Problemanzeige aus den Städten gab,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
die sich deutlich anders darstellt als das, was Sie hier beschrieben haben.
Sie haben davon gesprochen, 1 % der Wohnungen in Nordrhein-Westfalen befänden sich in den Händen von Finanzinvestoren. Wir wissen, dass diese Zahl nicht richtig ist.
(Klaus Voussem [CDU]: Steht doch im Bericht!)
Es gibt in Nordrhein-Westfalen 5,8 Millionen Wohnungen im Geschosswohnungsbau. Rund 320.000 Wohnungen liegen in den Händen von Finanzinvestoren. Das konzentriert sich im Wesentlichen auf drei bis vier große Unternehmen.
Darüber hinaus – das ist das viel größere Problem, und das wissen Sie doch eigentlich aus der der Arbeit der Enquetekommission – gibt es noch viele kleine Unternehmen, die nicht so sehr im medialen Fokus stehen wie die großen, über die bundesweit berichtet worden ist. Diese kleinen Unternehmen erweisen sich für die Kommunen und die Mieter und Mieterinnen als wesentlich problematischer. Das Problem hat also eine völlig andere Dimension als hier dargestellt. Das ist in der Enquetekommission auch so diskutiert worden.
Ich will noch einmal auf einen anderen Punkt eingehen, Herr Voussem, weil er in der von Ihnen vorgetragenen Akzentuierung falsch ist. Ja, wir werden in Nordrhein-Westfalen in den Kommunen – in den Städten und Gemeinden – Probleme insbesondere mit Einzelimmobilien bekommen. Das hat etwas mit dem demografischen Wandel in diesem Land zu tun.
(Beifall von der SPD)
Das hat auch etwas damit zu tun, dass es eine Bewegung hinein in die Städte gibt. Diese ist seit Jahren zu beobachten. Auf der einen Seite verzeichnen wir diese Wanderungsbewegung in die Städte, die einhergeht mit steigenden Mietpreisen. Auf der anderen Seite bedeutet das einen Rückzug aus Teilen des sogenannten ländlichen Raums in Nordrhein-Westfalen.
Es wird also Probleme gerade wegen des demografischen Wandels geben. Damit muss man sich auseinandersetzen. Ich finde, es ist eine Aufgabe der Landespolitik, dies zu tun; denn wir werden irgendwann vor der Situation stehen, dass Teile der Einzelimmobilien in den Regionen unverkäuflich sein werden.
Herr Voussem, das ist jedoch nicht das Problem, das die Enquetekommission behandelt hat. Das war auch nicht der Einsetzungsauftrag. Wir haben uns befasst mit einem flächendeckenden Problem in einigen Kommunen, in denen ganze Stadtquartiere in eine schwierige Lage geraten, und zwar deswegen, weil es im Markt einige Wohnungsunternehmen gibt, die ihre Pflicht zu Investitionen nicht erfüllen. Das ist der entscheidende Punkt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das führt dazu, dass Kosten auf die Kommunen überwälzt werden. Denn wer ist denn am Ende der Reparaturbetrieb? Es sind die Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Es sind die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen in Nordrhein-Westfalen, die als Ausfallbürgen für unterlassene Investitionen zur Verfügung stehen müssen.
Ich habe in dieser Enquetekommission eines gelernt: Wenn ein größerer Akteur in einem Stadtquartier nicht in seine Immobilien investiert und nicht dafür sorgt, dass man die Wohnungen ordnungsgemäß am Markt halten kann, dann fasst er letztlich allen anderen Akteuren in diesem Stadtquartier in die Tasche, weil das ganze Quartier, der ganze Straßenzug darunter leidet.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie mich noch einen Blick auf die betroffenen Menschen richten. Ich fand es gut, dass wir die Gelegenheit hatten, mit vielen Menschen in den Stadtquartieren zu sprechen. Es ist, ehrlich gesagt, beschämend, wenn man in Nordrhein-Westfalen in einer Wohnung stehen muss, in der ein Raum komplett schwarz und verschimmelt ist.
Die Mieterin, die dort mit ihren vier Kindern wohnt, versucht, gegen diesen Schimmel anzukämpfen. Das Wohnungsunternehmen steht ihr nicht zur Seite. Es hat die Wohnung gekauft, tut aber nichts dafür. Die Hausverwaltung ist nicht ansprechbar. Ich selbst würde in einer solchen Wohnung keinen Tag länger wohnen bleiben wollen. Die Mieterin jedoch sagt: Ich kann nicht ausziehen, weil es für mich keine verfügbare Wohnung in diesem Preissegment in meiner Stadt, in der näheren Umgebung gibt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Da ist die Wohnungspolitik des Landes herausgefordert. Wir müssen den Kommunen helfen. Die Kommunen haben eben nicht sämtliche Instrumente zur Verfügung, kennen sie aber nicht. So ist es nicht. Wir haben festgestellt: Es gibt in Nordrhein-Westfalen sehr gut aufgestellte Wohnungsämter. Wir müssen ihnen jedoch helfen, die Instrumente zu schärfen.
Darum geht meine Bitte an die Landesregierung, mit dazu beizutragen und einen entsprechenden Gesetzentwurf in Nordrhein-Westfalen möglich zu machen, damit die Kommunen wirkungsvoll gegen diese Problematik vorgehen können und wir in der Lage sind, den Stadtquartieren zu helfen.
Die Arbeit in der Enquetekommission fand ich sowohl persönlich wie auch fachlich sehr bereichernd. Es war eine gute Arbeit, denn sie hat uns ermöglicht, noch einmal sehr detailliert die Einzelbereiche zu beleuchten und eine Entwicklung in den Blick zu nehmen, die in Nordrhein-Westfalen meiner Meinung nach vor der Arbeit der Enquetekommission weniger beachtet war, als sie es jetzt ist.
Die Arbeit hat auch für eine große Medienaufmerksamkeit gesorgt. Mich haben Anrufe aus der gesamten Bundesrepublik erreicht. Ich finde, schon das ist ein wichtiger politischer Erfolg. Das reicht aber nicht aus; jetzt müssen wir das Ganze auch umsetzen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich bin zu folgenden Überzeugungen gekommen:
Erstens. Wohnen ist Daseinsvorsorge. Wer große Wohnungsbestände vermietet, hat auch eine Verantwortung. Darum muss man darüber nachdenken, ob man nicht über eine Art „Wohnungsführerschein“ oder „Vermieterführerschein“ zumindest diskutiert und dies auf eine Umsetzbarkeit hin prüft. Ich bin sicher: Die allermeisten Wohnungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen werden damit überhaupt kein Problem haben.
Zweitens. Wohnen kann kein kurzfristig handelbares Gut sein. Das liegt im Kern der Sache. Wohnungswirtschaft bedeutet Ausrichtung auf Langfristigkeit. Es geht um mehr als um die vier Wände. Es geht um die Frage, ob ein Quartier sozial ausgewogen bleibt oder nicht. Es geht um Lebenschancen und funktionsfähige Städte.
Darum dürfen Wohnungen nicht ein kurzfristiges Handelsgut sein, ohne Rücksicht auf die Mieter und Mieterinnen, ohne Rücksicht auf die Städte und Gemeinden. Ich finde, dass gerade die Grunderwerbsteuerpflichtigkeit dieser Verkäufe ein Punkt ist, den wir ausführlich miteinander diskutieren müssen, um zu verhindern, dass dieses Karussell sich immer weiterdreht. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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