Dagmar Hanses: „Wir wollen alle Facetten der Jugendverbandsarbeit stärken“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Jugendverbandsarbeit

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Schön, wieder hier zu sein. Wir alle wissen, glaube ich, sehr zu schätzen, dass so ein Mandat ein Geschenk auf Zeit ist. Deshalb sollten wir alle gut damit umgehen.

(Christin Siebel [SPD]: Das ist richtig!)

Und deshalb, lieber Herr Hafke,

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

frage ich Sie ernsthaft

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

– ja, Moment, Sie müssen mir zuhören; das ist jetzt die Rolle –,

(Beifall von den GRÜNEN)

ob Sie ernsthaft glauben, dass Ihnen das, was Sie in diesem Antrag formuliert haben, jemand abnimmt. Ich glaube, das nimmt Ihnen niemand ab.

Für Bündnis 90/Die Grünen kann ich sagen, dass wir der Überweisung an den Ausschuss natürlich zustimmen. Aber eigentlich könnten Sie Ihren Antrag sofort zurückziehen. Er ist unglaubwürdig. Er ist unvollständig dahinge…

(Zuruf von der SPD: Geschrieben!)

In Teilen entlarvt er Ihre tatsächliche Haltung, und darauf möchte ich eingehen.

Diese Landesregierung und die sie stützenden Fraktionen sind tief verwurzelt in der Jugendverbandsarbeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir wollen alle Facetten der Jugendverbandsarbeit stärken, nicht nur Teilaspekte. Jugendverbandsarbeit bedeutet, Jugendliche zu sehen, ihnen zuzuhören, sie ernst zu nehmen und sie zu empowern.

Die Herausforderungen in den Lebenswelten junger Menschen liegen eben nicht allein in der Coronapandemie. Es ist viel mehr als nur das. Es ist die Sorge vor den Folgen des Klimawandels. Es ist die Angst aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Es ist Jugendarmut. Es sind viele Zukunftssorgen, die junge Menschen begleiten, und all diese Schwierigkeiten begegnen uns auch in der Jugendverbandsarbeit.

Herr Hafke, Ihr Antrag ist zu kurz gedacht. Ausgerechnet Sie,

(Marcel Hafke [FDP]: Jedenfalls haben wir etwas gemacht im Gegensatz zu Ihnen!)

ausgerechnet die Porschefahrer-Partei, fordert jetzt eine kostenloses ÖPNV-Ticket. Dabei tun Sie alles, um genau das zu verhindern.

(Marcel Hafke [FDP]: Ich dachte, Sie wollten eine vernünftige Zusammenarbeit im Ausschuss!)

Wir haben es beim letzten Tagesordnungspunk noch mal gehört: Wir Grüne setzen uns seit Jahren auf allen Ebenen für einen besseren und möglichst günstigen ÖPNV ein, für Sozialtickets, für Bürger*innentickets oder wie zuletzt für das 9-Euro-Ticket auf Bundesebene.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Das Ihnen auf Landesebene zu teuer ist!)

Dessen Fortsetzung verhindert allerdings einer Ihrer Vorgänger hier in diesem Hause, ausgerechnet der ehemalige jugendpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, der nun Bundesfinanzminister ist: Christian Lindner.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Nicht nur haben Sie bisher nichts für ein kostenloses Ticket getan haben, Ihr Minister wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen und spricht in dem Zusammenhang von einer Gratismentalität. Unfassbar!

Aber Ihr Antragstext entlarvt Ihre Haltung. Sie fordern nun, wenige Monate nachdem Sie in der Opposition gegangen sind, das kostenlose Ticket, um – Zitat – „ehrenamtliche Verbandsarbeit attraktiv zu halten“. Ein günstiges, kostenloses Ticket wäre wichtig, um das Klima zu schützen, um mehr soziale Gerechtigkeit zu erreichen, um Teilhabe zu ermöglichen. Denn wir alle wissen: Mobilität ist Teilhabe.

Aber nein, Herr Hafke, junge Menschen engagieren sich nicht in Verbänden, um kostenlos Bus zu fahren. Junge Menschen, Jugendliche, Heranwachsende und auch Kinder engagieren sich,

(Marcel Hafke [FDP]: Nichts verstanden! Nichts verstanden!)

um Gemeinschaft zu erleben, um ihr Lebensumfeld zu gestalten, um anderen zu helfen. Sie leisten dabei einen wichtigen, unschätzbar wertvollen Beitrag zum Gelingen unserer Gesellschaft. Sie lernen Demokratie und gestalten diese. Sie erleben Selbstwirksamkeit und entwickeln Resilienz.

(Beifall von den GRÜNEN – Jochen Ott [SPD]: Und sie fordern ein Ticket!)

Sie lernen Dinge, die sie in der Schule nicht lernen, erweitern ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten und setzen diese ein.

Allen, die zum Gelingen einer aktiven Verbandsarbeit beigetragen haben, möchten wir ganz herzlich danken. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren erlebt, dass Pfadfinderinnen und Pfadfinder an der ukrainischen Grenze waren, dass Malteser im Ahrtal geholfen haben, dass es digitale Formate in Zeiten der Coronapandemie gab, sogar digitale Lagerfeuer.

Ich hoffe, möglichst viele aus diesem Hause gleich auch bei dem echten Lagerfeuer vor der Tür zu sehen.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage von dem Kollegen Hafke aus der FDP-Fraktion.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr gerne.

Marcel Hafke (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Kollegin. Sie haben jetzt Ihre Empörungsmaschinerie angeworfen und sich über die FDP aufgeregt. Das kann ich alles aushalten. Es ist in Teilen auch richtig, was Sie beschreiben, was Jugendliche im Moment machen und warum sie Jugendverbandsarbeit machen. Das ist alles richtig.

Aber im Moment ist die Situation für Jugendliche sehr kompliziert und schwierig geworden. Deswegen möchte ich gerne die Frage stellen, ob Sie als Abgeordnete oder die grüne Fraktion dagegen ist, dass Leute, die sich ehrenamtlich engagieren und die Jugendleiterkarte haben, den ÖPNV kostenlos nutzen dürfen. Sind Sie dagegen oder dafür?

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Hafke, ich habe deutlich gemacht, dass wir Grüne uns auf allen Ebenen – in den Zweckverbänden, in den Kommunen, hier im Landtag, im Bundestag – für ein möglichst günstiges, für ein möglichst einfaches Ticket einsetzen, selbstverständlich im besten Falle auch kostenlos. Ausgerechnet Sie fordern das jetzt.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

In den letzten Jahren haben Sie nichts dafür getan. Herr Lindner kommentiert es mit dem Ausdruck „Gratismentalität“.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium findet ähnlich üble Worte für kostenlose Tickets. Das ist unerträglich! Ich glaube, dass sehr viele Menschen sehr genau mitbekommen, dass das verlogen und nicht glaubwürdig ist.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Deswegen finden wir Ihre Argumentation schwierig.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ich würde gerne fortfahren und zum Schluss kommen.

Ja, selbstverständlich muss sich das Programm „Aufholen nach Corona“ im Kinder- und Jugendförderplan wiederfinden. Die Dynamisierung des Kinder- und Jugendförderplans wird sich wiederfinden. Aber all das, was Sie in Ihrem Antrag beschreiben, finden wir bereits im Koalitionsvertrag. Insofern sind die Forderungen bereits umgesetzt, festgeschrieben, auf den Weg gebracht.

Wir freuen uns auf das weitere Verfahren. Selbstverständlich findet auch das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren zum Kinder- und Jugendförderplan statt – egal, was die FDP hier beantragt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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