Dagmar Hanses: „Wir sehen in Ihrem Entwurf eine Überbetonung von Sicherheit und Strafe.“

Gesetzentwurf der CDU zum Strafvollzug

Dagmar Hanses*) (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass der vorgelegte Gesetzentwurf der CDU zum Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen eine Fleißarbeit ist, möchte ich ebenfalls infrage stellen. Denn ich habe durchaus Parallelen zu Regelungen benachbarter Bundesländer gefunden.
Ich erlebe die CDU an der Stelle ungeduldig. Das ist das gute Recht der Opposition, ungeduldig zu sein und Gesetze einzufordern und hier auch vorzulegen. Doch, liebe CDU, nur Geduld, mit der Zeit wird aus Gras Milch. Denn Sie wissen, für uns sind Grundlage für ein Strafvollzugsgesetz die Leitlinien des Strafvollzugs in Nordrhein-Westfalen. In 13 Schwerpunkten hat die Landesregierung im Juni 2012 veröffentlicht, was in einem breiten Prozess mit den Leuten aus der Praxis erarbeitet wurde. Schade, dass Sie diese geschätzten und anerkannten Leitlinien nicht so eingearbeitet haben, wie wir uns das wünschen.
Wir sehen in Ihrem Entwurf eine Überbetonung von Sicherheit und Strafe. Dabei verdrängen Sie, dass jede Haft irgendwann endet und dass es deshalb wichtig ist, die Resozialisierung als das vorrangige Ziel des Vollzugs zu beschreiben. Sie sagen, Sicherheit und Schutz der Allgemeinheit seien ein Ziel. Aber wir denken, das ist eher eine Methode und nicht das Ziel.
Zu dem konsequenten verzahnten Übergangsmanagement in Ihrem Entwurf haben wir noch erheblichen Gesprächsbedarf. Da freuen wir uns auf die Beratungen.
Wir denken, dass verbindliche vollzugsöffnende Maßnahmen – dazu gehören eben auch Ausführungen, aber die fehlen da gänzlich – eingearbeitet werden müssen, damit Resozialisierung gelingen kann.
Wir begrüßen auch, dass Sie den Opferschutz aufgenommen haben. Doch Ihre Gleichung „Opferschutz vor Täterschutz“ geht aus unserer Sicht nicht auf. Denn eine aktive Täterarbeit ist für uns der beste Opferschutz für morgen. Wir brauchen jetzt Instrumente für die Menschen, die jetzt Opfer von Gewalt geworden sind. Auch die haben ein Recht auf Information, Beratung und Begleitung.
Ihre Ansätze zum Bereich Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung – das ist ein Bereich, der uns noch besonders wichtig ist – sind ein erster Schritt. Auch da lohnt sich die weitere Beratung.
Ich habe zu einem Paragrafen noch eine Frage. Das werden wir sicher im Ausschuss noch besprechen. Aber die kann ich ja hier schon mal stellen. Sie beschreiben in § 74 die Unterbringung von Gefangenen mit Kindern. Meinen Sie die Mutter-Kind-Einrichtung in Fröndenberg? Oder sollte die Justiz eine Vater-Kind-Gruppe schaffen? Oder ist das einfach bei der Übernahme des Textes aus dem benachbarten Landes so geblieben, denn da wird nur von „Gefangenen“ gesprochen und nicht von „Müttern“? Diese und andere Fragen haben wir.
Noch eine Anmerkung zum Schluss: Die Reputation des Strafvollzuges haben Sie hier zu Recht angesprochen, die öffentliche Wahrnehmung des Strafvollzuges auch in den Medien. Dazu tragen wir, glaube ich, hier gemeinsam bei. Daran, wie wir über Inhaftierte sprechen, ob wir sie als Menschen wahrnehmen. können wir gemeinsam arbeiten. Ich erlebe da in den letzten Monaten an der einen oder anderen Stelle positive Entwicklungen. Es hilft den Menschen draußen, den Menschen, die da drin arbeiten, und den Menschen, die dort leben, wenn wir den Strafvollzug nicht skandalisieren, sondern sachlich darüber sprechen.
Ich war auch verwundert über die Betonung der Tätowierung. Dem, was die Kollegin Lüders dazu gesagt hat, kann ich mich nur voll anschließen.
Ansonsten freuen wir uns auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und sind gespannt, wie wir in der Sache weiterkommen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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