Dagmar Hanses: „Wir müssen uns unsere Wachsamkeit bewahren, um rechten Parteien nie wieder solche Macht zu geben.“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu NS-Sondergerichte

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Einsetzung von NS-Sondergerichten gehörte zu einer der ersten Maßnahmen des nationalsozialistischen Terrorregimes nach Machtübernahme 1933. Die Nazis haben Gerichte für die Umsetzung ihrer menschenverachtenden Ideologie rasch und perfide genutzt. Diese Sondergerichtsbarkeiten der NS-Zeit stehen wie eine Mahnung für eine abhängige, von der Politik instrumentalisierte und für eine Diktatur eingesetzte Justiz in Deutschland. Diese grausame Erfahrung prägt heute unsere Haltung zu Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz.

In einer Zeit, in der Rechtsextremismus und rechtspopulistische Haltungen zunehmen, ist die Erinnerung ein bedeutender Wegweiser für unsere Gegenwart und Zukunft. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann Lehren und Konsequenzen daraus ziehen. Deshalb müssen wir die widerliche Praxis der NS-Sondergerichte weiterhin gemeinsam erforschen, sie dokumentieren und darüber informieren.

Die NS-Sondergerichte wurden im März 1933 eingerichtet. Fortan wurden ihre Befugnisse und Aufgaben ausgeweitet. Am vergangenen Sonntag war der Tag der Menschenrechte. Menschenrechte wurden in diesen Gerichten mit Füßen getreten. Dort wurden die Werte der Menschlichkeit und Humanität unterdrückt.

Die dunklen Tage der NS-Sondergerichte sind ein beispielloses Zeugnis für das Ausmaß von Unterdrückung und politischer Gewalt. Diese Gerichte waren nicht nur Instrumente der Justiz, sondern auch Werkzeuge der Tyrannei, die Leben zerstörten und Familien zerrissen. Menschen, die regimekritisch waren, wurde mithilfe der Justiz nicht nur mundtot gemacht; sie wurden im Namen des NS-Regimes verurteilt, bestraft und zum Teil zum Tode verurteilt.

Eine Erinnerung an diese düstere Vergangenheit ist gerade in einer Zeit von antidemokratischen rechten und verschwörungsgläubigen Tendenzen umso wichtiger. Wir müssen uns unsere Wachsamkeit bewahren, um rechten Parteien nie wieder – nie wieder! – solche Macht zu geben.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Was mit unserem Rechtsstaat passiert, wenn rechte Gruppierungen Mehrheiten bekommen, haben wir nicht nur in der Geschichte gesehen; wir sehen es aktuell auch an vielen Orten in Europa oder gar weltweit.

Indem wir uns erinnern, verpflichten wir uns, aus der Vergangenheit zu lernen. Wir ehren die Opfer und erinnern an sie, indem wir uns für eine Welt einsetzen, in der Respekt, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit Werte sind.

Deshalb begrüßen wir diesen Antrag grundsätzlich. Wir hoffen aber auch, dass wir an die gemeinsame Tradition dieses Hauses anknüpfen können, Fragen der Demokratie und Erinnerungskultur gemeinsam unter Demokratinnen und Demokraten zu besprechen. Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Mehr zum Thema

Recht & Justiz