Dagmar Hanses: „Studierende können frei entscheiden – mit weniger Druck“

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Einführung des Jura-Bachelors - zweite Lesung

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir machen endlich Schluss mit „alles oder nichts“,

(Zuruf)

denn wir gehen den integrierten Jurabachelor endlich an und nehmen damit aus dem Jurastudium einen immensen Druck. Bald gilt endlich, dass sich derjenige, der die Zwischenprüfung und das Schwerpunktstudium erfolgreich beendet hat, Bachelor of Laws nennen kann.

Was einige Hochschulen bereits vollzogen haben, werden jetzt auch die sechs juristischen Fakultäten an den Universitäten in Nordrhein-Westfalen umsetzen. Damit honorieren wir die Leistungen der Studierenden, die sie bis zu diesem Zeitpunkt erbracht haben, und wir geben ihnen ein Stück Sicherheit.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten jahrelang studiert, gingen ein Jahr lang in das Repetitorium und würden fast Ihre gesamte Zeit hinter Habersack, Sartorius und Hippel/Rehborn verbringen. Stellen Sie sich auch vor, Sie stünden vor dem Staatsexamen und wüssten, dass Sie bei Nichtbestehen vor dem Nichts stünden. Stellen Sie sich dann vor, es gäbe für diese Studierenden ein Sicherheitsnetz.

Das schaffen wir hiermit.

Wir zeigen durch dieses Gesetz, dass wir die Sorgen der Studierenden ernst nehmen, denn unter den bisherigen Bedingungen würden mehr als 70 % der Studierenden dieses Studium anderen nicht empfehlen. Der hohe Druck der abschließenden Prüfungen führt häufig zu psychischen Belastungen oder sogar zu psychischen Erkrankungen.

Laut einer aktuellen Befragung der Bundesfachschaft Jura erreicht der psychische Druck auf einer Skala von 1 bis 10 einen hohen Mittelwert von 9,3. Diese Situation hat sich durch die Pandemie weiter verschärft. Aber wir stehen jetzt mit dem integrierten Bachelor für einen Wandel, für eine Änderung, die das angestaubte, aus dem 19. Jahrhundert entwachsene Jurastudium endlich ins Jahr 2024 hebt.

Wir haben im Laufe der letzten Monate viele Gespräche mit Studierenden geführt. Viele fragten uns: Ab wann wird dieses Vorhaben denn gelten? Ab wann wird es das geben? Und wir können antworten, dass es bis 2017 rückwirkend gelten wird. Wer ab 2017 die Voraussetzungen erfüllt, erhält auf Antrag den Abschluss „Bachelor of Laws“ in diesen sechs Universitäten in Nordrhein-Westfalen. Das ist ein echter Vorteil für NRW.

Die Voraussetzungen sind die erfolgreiche Zwischenprüfung inklusive der in der Regel vier häuslichen Arbeiten und des Schwerpunktstudiums. Und dann ist er da, der Bachelor.

Als wir uns im Rechtsausschuss neulich am OLG Düsseldorf einen Prüfungsraum angesehen haben, berichteten alle anwesenden Juristinnen und Juristen von ihrem persönlichen Trauma der Prüfung. Es kann nicht sein, dass alle sagten, wie schrecklich doch diese Prüfung war. Seitdem Sie alle studiert haben, sind noch viele Stoffinhalte dazugekommen, und die Belastungen sind höher geworden.

Juristisches Grundwissen ist in vielen Bereichen auch in Zukunft erforderlich: in Unternehmen, in Verwaltung, in Verbänden. Dafür braucht es nicht zwingend ein erstes Staatsexamen oder gar ein zweites. Da der Bachelor integriert ist, steht dem Abschluss des ersten oder zweiten Examens nichts im Wege. Studierende können frei entscheiden – mit weniger Druck.

Mit unserem Änderungsantrag, den wir im Rechtsausschuss auch schon beschlossen haben, stellen wir noch einmal die Zuständigkeiten klar. Die Justizprüfungsämter prüfen ohnehin die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung. Deshalb liegt auch hier die Kompetenz. Nunmehr sind sie auch zuständig für die Bescheinigung der erfolgreichen Zwischenprüfung, die eine der Voraussetzungen für den Bachelorgrad darstellt.

Durch die Prüfung der Justizprüfungsämter werden Abweichungen zwischen einer Bewertung durch unterschiedliche Universitäten vermieden. Das schafft Klarheit und Rechtssicherheit. Wir machen das Jurastudium in Nordrhein-Westfalen damit auch international anschlussfähig.

Wir möchten ausdrücklich allen Beteiligten danken. Wir danken der Fachschaft Jura, die uns in den letzten Monaten intensiv begleitet hat, den vielen Sachverständigen Professorinnen und Professoren in der Anhörung, die uns auch angeschrieben haben und um ein Gelingen wirklich bemüht waren und ihre Expertise eingebracht haben. Das war wirklich eine Freude.

Wir danken auch Herrn Hackert vom Justizministerium, der sich mit viel Engagement eingebracht hat, vielen Dank dafür. Wir machen endlich Schluss mit „alles oder nichts“. Denn in NRW zählt bei Jura einfach alles. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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