Dagmar Hanses: „Sie setzen die falschen Schwerpunkte. Sie ignorieren die Realitäten.“

FDP-Antrag zu Drogenspürhunden in JVAs

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bambi-Fraktion entdeckt die Tierliebe. Das rührt mich. Drogenspürhunde in der JVA, Sprengstoffspürhunde im Fußball – wir schauen einmal, was da noch kommt.
(Dr. Robert Orth [FDP]: Wir sind so tierlieb!)
– Herr Dr. Orth, ich bin begeistert über Ihre Tierliebe.
(Matthi Bolte [GRÜNE]: Die FDP ist ja auch für Ponywerbung!)
– Richtig, Herr Kollege Bolte. Wir sind aber auch für Ponywerbung. Die FDP hat ja Sorge, dass die Grünen sie verbieten. Das wird nicht passieren; keine Angst!
Wir begrüßen es, dass unsere Landesregierung 2010 das Pilotprojekt auf den Weg gebracht hat und vier Drogenspürhunde für die Justizvollzugsanstalten ausgebildet und erfolgreich zu Kontrollzwecken eingesetzt hat. Der Einsatz der vier Drogenspürhunde ist mittlerweile fester Bestandteil der landesweiten Sicherheitskontrollen und des Sicherheitskonzepts in den Justizvollzugsanstalten. Aber er ist eben nur ein Bausteinchen, ein Mosaiksteinchen.
Die FDP-Fraktion setzt mit diesem Antrag die falschen Schwerpunkte; denn allein das Auffinden von Drogen und Suchtmitteln löst das vielschichtige Problem nicht. Drogen- und Suchterkrankungen gibt es außerhalb der Gefängnismauern und auch innerhalb der Justizvollzugsanstalten.
Unser Bestreben ist es, den Menschen ein Leben ohne Drogenkonsum zu ermöglichen. Dabei setzen wir auf ein Gesamtkonzept. Wir wollen, dass die Insassinnen und Insassen erst gar keine Drogen mehr nehmen, statt ständig nur zu kontrollieren. Das löst die Erkrankung nicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Dr. Orth zu?
Dagmar Hanses (GRÜNE): Gerne.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Bitte schön.
Dr. Robert Orth (FDP): Herzlichen Dank. – Verehrte Frau Kollegin, sind Sie denn bereit, zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen in den Justizvollzugsanstalten sitzen, weil sie draußen unerlaubterweise Drogen konsumiert haben bzw. im Besitz hatten und damit gehandelt haben, weshalb es doch vielleicht keinen Sinn macht, dass man in den Anstalten das Problem nicht herzhaft angeht?
Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Kollege Orth, selbstverständlich bin ich bereit, das anzuerkennen. Nur: Mir fehlt hier Ihr Konzept, dem etwas entgegenzusetzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn allein das Aufspüren von Drogen auf einem Schulhof, auf einem Bahnhof oder in einer JVA löst nicht die Suchterkrankung. Selbstverständlich bringt Drogenkonsum auch Straffälligkeit mit sich, insbesondere bei illegalen Drogen. Doch was ist Ihre Idee dazu? Die fehlt in diesem Antrag in Gänze.
Im nächsten Schritt möchte ich daher auch noch auf die Kosten eingehen. Die FDP fordert ständig Einsparungen, macht dann aber keine inhaltlichen Vorschläge. Bei einer Umsetzung dieses Antrags würden erhebliche Mehrkosten auf das Land zukommen. Das passt nicht zusammen.
Wir haben jetzt vier Hunde; das wurde schon mehrfach gesagt. „Jeder JVA ein eigener Drogenspürhund“ hieße, dass wir 33 zusätzliche Hunde bräuchten. Hunde sind keine Tamagotchis, die man abstellen kann. 33 zusätzliche Hunde brauchen Menschen, die sie ausbilden, Menschen, die sie pflegen, Menschen, die sie versorgen. Das wurde hier mit keiner Silbe benannt.
Wir setzen in der Sucht- und Drogenarbeit auf ein rehabilitativ orientiertes Gesamtkonzept, das Information und Beratung, insbesondere zur Prävention von jungen Inhaftierten, in den Vordergrund stellt.
Wir haben in den Anstalten
–   eine umfassende medizinische Versorgung
–   falls nötig und möglich, auch Substitution, aber auch eine abstinenzorientierte Drogentherapie
–   die Ausbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz zu Justizfachberaterinnen
–   die Kooperation mit freien Trägern der Drogenhilfe und Drogenberatungsstellen
–   ambulante therapeutische Angebote
–   Resozialisierung und Reintegration im Rahmen des Übergangsmanagements.
Alles das trägt dazu bei, dass Menschen ohne Sucht und Drogen leben können. Alles das ist eine ernsthafte Auseinandersetzung, um diesem gesellschaftlichen Phänomen zu begegnen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Daher bleibt völlig unverständlich, warum die FDP hier diesen substanzlosen Antrag stellt und ihn auch noch durch ein zeitraubendes Verfahren quälen will. Noch einmal: Sie setzen die falschen Schwerpunkte. Sie ignorieren die Realitäten.
(Dr. Robert Orth [FDP]: Sie kapitulieren vor den Realitäten!)
Zudem sind Ihre Vorschläge nicht finanziell gedeckt.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, stimmen aber selbstverständlich der Überweisung zu. Ich bin sehr gespannt, ob dazu im Ausschuss noch irgendetwas Neues kommt.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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