Dagmar Hanses: „Sie kritisieren Einflussnahme, möchten aber, dass die Landesregierung Einfluss nimmt. Das passt nicht zusammen.“

Antrag der Piraten zu Parteispenden

Dagmar Hanses (GRÜNE):  Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich darf Politik nicht käuflich sein.
(Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN]: Oh!)
– Absolut nicht.
(Zuruf von den Piraten)
– Doch, das unterstellen Sie ja in Ihrem Antrag. Sehen wir uns den einmal gemeinsam an: Sie unterstellen eine Selbstbedienungsmentalität der Politik.
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Das war aber gar nicht das Thema!)
Ich möchte gern mit Ihnen gemeinsam einen Blick ins Parteiengesetz werfen, was die Beschreibung der Aufgaben von Parteien angeht. Auch in Art. 21 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes – der Kollege Wolf hat es schon erwähnt – finden wir eine Beschreibung.
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Prof. Morlok lassen Sie an der Stelle ja nicht gelten!)
Im Parteiengesetz heißt es in § 1:
„Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie erfüllen mit ihrer freien … Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende … öffentliche Aufgabe.“
Das ist nicht zu unterschätzen.
„Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit …“
„Die Parteien verwenden ihre Mittel ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben.“
Selbstverständlich! Doch damit es gelingen kann, dass Parteien nicht käuflich sind, möchten wir, dass das Parteiengesetz des Bundes, um es noch einmal zu betonen, geändert wird. Die Piraten sind ja nicht im Bundestag, deshalb bringen Sie jetzt alles, was Sie im Bundestag nicht machen können, hier ein.
(Minister Ralf Jäger: Ist nicht immer gut!)
– Das ist nicht immer gut.
Nichtsdestotrotz möchte ich ergänzen, dass die Grünen durchaus Forderungen haben, die ich hier noch einmal vortragen möchte, um das Parteiengesetz des Bundes zu verändern, zu reformieren, um da weiterzukommen. Sie wissen, es gibt ein breites gesellschaftliches Bündnis mit Transparency International und vielen anderen Verbänden – ich hatte sie mir alle aufgeschrieben -,
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Fangen wir doch hier einfach an! – Lukas Lamla [PIRATEN]: Bei der Piratenpartei!)
wie Lobby Control, Mehr Demokratie und Campact. Sie alle unterstützen die Forderung „Politik darf nicht käuflich sein!“ und haben gemeinsam mit der grünen Bundestagsfraktion 22.000 Unterschriften für folgende Forderungen übergeben:
Es gibt eine Obergrenze für Spenden natürlicher und juristischer Personen von 100.000 €. Die unverzügliche Meldung von Spenden beim Bundestagspräsidenten erfolgt bei mehr als 25.000 € statt bisher erst ab 50.000 €. Wahlkampfkosten sind zeitnah nach dem Wahltag zu veröffentlichen. Spenden der Wirtschaft an Parteien sollen auch in den Geschäftsberichten der spendenden Kapitalgesellschaften dargestellt werden. Sponsoring und Spendeneinnahme aufseiten der Parteien in Bezug auf die Veröffentlichung derartiger Einnahmen sollen gleich behandelt werden.
Das ist eine Menge, was im Bund geleistet werden könnte, aber nicht an dieser Stelle.
Das große Problem, das wir mit dem Antrag der Piraten haben, ist – es wurde schon erwähnt -, dass er komplett widersprüchlich ist. Sie kritisieren politische Einflussnahme. Der einzige Beschlussvorschlag Ihres Antrags ist aber, dass eine politische Einflussnahme erfolgen sollte. Das geht nun wirklich nicht. Was Ihre Feststellungen angeht, bin ich bei Punkt 1 und 2 noch bei Ihnen, bei Punkt 3 wieder nicht. Sie möchten, dass die Landesregierung über den Vorstand der RAG-Stiftung Einfluss auf das Kuratorium der RAG-Stiftung nimmt. Das halten wir für falsch. Die Kuratoriumsmitglieder sollten nicht von der Landesregierung beeinflusst werden.
Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Kollegin Hanses, es gibt den Wunsch einer Zwischenfrage. Sie werden nicht überrascht sein, dass Herr Kollege Kern Ihnen die stellen möchte.
Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr gerne.
Vizepräsident Daniel Düngel: Lassen Sie die zu?
Dagmar Hanses (GRÜNE): Ja, natürlich.
Vizepräsident Daniel Düngel: Wundervoll. – Herr Kollege.
Nicolaus Kern (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen.
(Serdar Yüksel [SPD]: Lauter! Man hört Sie nicht!)
– Jetzt besser?
Sie nannten gerade die Punkte, die aus Ihrer Sicht zustimmungsfähig sind, und die, die nicht zustimmungsfähig sind. Würden Sie den einzelnen Punkten des Antrags zustimmen, wenn wir Einzelabstimmung beantragen würden?
Dagmar Hanses (GRÜNE): Sie haben nur einen Punkt, der zu beschließen ist. „Der Landtag beschließt“ ist nur ein Punkt. Vorne haben wir die Zustandsbeschreibung, die ich auch zu einem Drittel überhaupt nicht teilen kann. Ihrem Beschlussvorschlag kann ich so nicht folgen. Dazu müssen Sie mal Stellung nehmen. Es ist extrem widersprüchlich. Sie kritisieren Einflussnahme, möchten aber, dass die Landesregierung Einfluss nimmt. Das geht nicht. Das passt nicht zusammen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist widersprüchlich. Selbstverständlich können wir dem so nicht zustimmen.
Wenn Sie ernsthaft über Parteienfinanzierung und Transparenz diskutieren möchten, dann können wir das gerne im Bund machen. Dass Sie hier auf direkte Abstimmung bestehen, zeigt auch wieder, worum es Ihnen geht, nämlich um Effekthascherei. An der Stelle machen wir nicht mit.
Wir können gerne noch einmal über Transparenz in der Politik, über Spendenskandale reden. Mir sind aus der Vergangenheit in Nordrhein-Westfalen auch noch andere eingefallen als die, die Sie genannt haben.
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Das war nicht abschließend!)
Ich erinnere mich immer wieder gerne an Rüttgers oder im Bund an die Spende der Mövenpick-Kette.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
Das können wir gerne machen, aber mit Ihrem Beschlussvorschlag kommen wir nicht weiter. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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