Dagmar Hanses: „Mädchen können alles werden“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zu den Girls‘ and Boys‘ Academies

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! In der Tat, bereits im Kindergarten, in der Kita, in der Grundschulzeit und spätestens auf der weiterführenden Schule werden viele Kinder und Jugendliche gefragt: Was willst du denn später mal werden? Berufswahlorientierung sollte selbstverständlich spätestens ab Klasse 7 fester Bestandteil jeder Schulform im Sek-I-Bereich sein.

Die Berufswahl für Jugendliche ist eine wichtige Entscheidung, auch wenn sich Berufe verändern, auch wenn sich die Arbeitswelt anders aufstellt, als es noch vor Jahren war. Das verändert sich fortlaufend.

Uns ist es wichtig, dass wir Jugendlichen vermitteln: In der Tat, du kannst alles werden, was du willst. Das ist eine echte Aufgabe. Denn nicht selten ist die Frage, welchen Beruf Jugendliche später ergreifen wollen, von tiefer Unsicherheit geprägt, mit Ängsten, mit wenig Informationen. Die Persönlichkeit Jugendlicher bildet sich noch heraus, und junge Menschen entdecken gerade erst, was sie können und was ihnen Freude macht.

Wer keine Ideen hat, orientiert sich an dem, was gesellschaftlich von ihm oder ihr erwartet wird. Noch immer ist die Berufswahlorientierung viel zu oft von Geschlechterrollen geprägt, die völlig überaltert sind, nichts mit eigentlichen Fähigkeiten zu tun haben und letztendlich die freie Entfaltung der Persönlichkeit hemmen.

Gesellschaftlich betrachtet schreiben wir Mädchen immer noch zu, empathisch zu sein und sich um andere zu kümmern, während wir Jungen stärker zuschreiben, ein logisches Denken oder ein mathematisches Grundverständnis zu haben.

Das alles sind keine schlechten Eigenschaften, aber es sind Eigenschaften, die wir nicht einem bestimmten Geschlecht zuordnen sollten.

Ich bin Erzieherin geworden. Das ist kein Zufall. Viele Jungen entscheiden sich eher für handwerkliche oder MINT-Berufe.

Betrachten wir das Handwerk genauer, wirkt es auf den ersten Blick etwas durchwachsener. Immerhin sind 15 % der Auszubildenden weiblich. Schaut man aber darauf, wie diese 15 % verteilt sind, dann stellt man fest, es gibt viele Friseurinnen und Konditorinnen, aber wenige Elektrikerinnen, Schlosserinnen oder Werkzeugmechanikerinnen. Es zeigen sich Strukturen, die über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsen sind.

Auch wenn in den letzten Jahren und Jahrzehnten etwas passiert ist, müssen wir weiterhin daran arbeiten, Geschlechterklischees aufzubrechen. Diesen Prozess müssen viele Akteure in der Gesellschaft konstruktiv begleiten, und sie müssen ihren Teil dazu beitragen.

Eine Möglichkeit der Berufswahlorientierung sind die Girls‘ and Boys‘ Academies. Wir finden sie in fünf Kommunen in NRW als Modellprojekte. In Workshops, ganztägigen Veranstaltungen oder Projektwochen erhalten Mädchen und Jungen Einblicke in verschiedene Berufsfelder, die geschlechtsuntypisch sind. Sie lernen von Vorbildern und unterschiedliche Berufsfelder kennen.

Deshalb beauftragen wir die Landesregierung, zu prüfen, wie das Konzept dieser Girls‘ and Boys‘ Academies im Rahmen bereits bestehender Programme der Berufswahlorientierung weiterentwickelt und zusammengedacht werden kann.

Zu dem von der FDP eingereichten Antrag: Die Weiterentwicklung möchten wir nicht auf einzelne Teilbereiche fokussieren. Vielmehr möchten wir nach wie vor das große Ganze im Blick haben. Deshalb lehnen wir den Antrag ab, weil Sie eben nur Teilbereiche herausgreifen, die uns zu kurz greifen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass wir selbstverständlich auch als Politikerinnen und Politiker Vorbild sein können. Im Parlament haben wir immer noch einen viel zu kleinen Anteil von Frauen. Wir wissen, dass immer am vierten Donnerstag im April bundesweit der Girls‘Day begangen wird. Nutzen wir die Gelegenheit, junge Frauen zu ermutigen und sie in verschiedene Bereiche hineinblicken zu lassen. Wir als grüne Fraktion tun das.

Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass Mädchen ab Klasse 5 diese Möglichkeit des Girls‘Day jedes Jahr nutzen, um alle Möglichkeiten kennenzulernen, denn Mädchen können alles werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und die Unterstützung für den Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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