Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Wedel, Herr Wedel, was war das denn für viel heiße Luft um nichts? Machen Sie sich hier gerade zum Anwalt der Wirtschaftskriminellen? Oder würden Sie bei Vergewaltigung persönlich dazwischen gehen? Darauf müssen wir später noch einmal zurückkommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir wissen, im Justizhaushalt ist der Anteil der Personalkosten hoch. Wir wissen, die Gebäudekosten steigen. Lassen Sie uns direkt zum Inhalt kommen.
Herr Kamieth hat zu Recht viele Berufsgruppen beschrieben, die im Justizbereich tätig sind. Sie haben noch die Lehrerinnen und Lehrer, die Ärztinnen und Ärzte und Seelsorgerinnen und Seelsorger vergessen. Wir wüssten noch ein paar mehr. Aber in der Tat: Das sind über 40.000 Menschen, die ihren Beruf für den Rechtsstaat, für die Sicherung des Rechtsfriedens in Nordrhein-Westfalen täglich und engagiert ausüben.
Hinzu kommen noch ca. 20.000 ehrenamtliche Kräfte, Ehrenamtliche, die eine wichtige Stütze der Justiz in Nordrhein-Westfalen sind.
In der Landeskompetenz der Rechtspolitik liegen nicht nur die Sonnenseiten der Gesellschaft, sondern auch andere. Ich möchte zwei nicht ganz einfache Instrumente ansprechen: die Sicherungsverwahrung und den Jugendarrestvollzug.
Neu in diesem Haushaltsentwurf sind 88 Stellen in einem ersten Schritt zur verfassungsgemäßen Aufstellung der Sicherungsverwahrung: für eine therapiegerichtete Sicherungsverwahrung, die fallorientiertes Übergangsmanagement im Wohngruppenvollzug gewährleistet. Durch die Baumaßnahmen am Standort Werl wird auch das verfassungsrechtlich gebotene
geforderte Abstandsverbot eingehalten.
Zum Zweiten zum Jugendarrestvollzug. Wir beraten eigentlich gerade gemeinsam, hoffentlich recht konstruktiv, das Gesetz zum Jugendarrestvollzug, das konsequent pädagogisch ausgerichtet sein muss. Ich dachte, wir wären uns hier soweit einig gewesen.
Damit mit diesem bundesgesetzlich verankerten problematischen Instrument dann auch Impulse und Anstöße für Jugendliche und Heranwachsende gegeben werden können, damit Hilfeangebote und Beratungsangebote während dieser Auszeit gegeben werden können, damit junge Menschen ein anderes Verhalten als Straffälligkeit erlernen können, deshalb sind in diesem Haushaltsansatz für diesen Bereich 20 neue Stellen vorgesehen.
Umso verwunderter, liebe CDU, bin ich über Ihre Änderungsanträge. Herr Kollege Wolf hat gesagt, er sei erschüttert. Ich muss sagen, ich bin entsetzt. Sie haben schon zwei Änderungsanträge beschrieben; ich möchte die anderen vier auch noch nennen. Das ist schon sehr verwunderlich. Das können Sie doch nicht ernst meinen, liebe CDU.
Von Herrn Biesenbach sind wir schon viel groben Unfug gewohnt.
(Beifall von Sven Wolf [SPD])
Aber, Herr Kamieth, dass Sie Ihrem Fraktionsvorstand das haben durchgehen lassen, kann ich nicht nachvollziehen.
Um beim Jugendarrestvollzug zu bleiben: Sie fordern, Zuwendungen an freie Träger für Maßnahmen des Übergangsmanagements im Jugendarrestvollzug um 117.000 € zu kürzen. – Das ist unverantwortlich vor dem Hintergrund der eben beschriebenen Aufgabe.
Zweitens. Sie fordern, die Zuwendung an freie Träger zur Förderung der Täterarbeit, nämlich 349.000 €, absolut zu streichen. Besonders abstrus ist Ihre Begründung: Sie stellen die Täterarbeit komplett infrage. Deswegen sage ich es Ihnen hier gerne noch einmal: Eine qualifizierte Täterarbeit ist der beste Opferschutz für die Zukunft.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zur Ihrem dritten Antrag. Sie fordern eine Kürzung um 500.000 € für die Zuwendung an freie Träger der Straffälligenhilfe zur Förderung der ehrenamtlichen Arbeit. – Ja, fahren Sie doch einmal nach Aachen. Schauen Sie sich doch einmal an, was der Arbeitskreis Straffälligenhilfe dort mit hundert Ehrenamtlichen jeden Tag leistet. Das ist eine so wichtige Arbeit, bei der mit kleinen Summen so viel erreicht werden kann.
Herr Uhlenberg, ich darf Sie als Kollegen persönlich ansprechen. Ist Frau Landrätin Irrgang noch im Haus? Sie wissen doch, dass wir im Kreis Soest gerade freie Träger der Straffälligenhilfe brauchen, die in die Fläche gehen. Wir benötigen gerade dort und nicht nur in den Großstädten zusätzliche freie Träger.
Viertens. Sie fordern eine massive Kürzung um 100.000 € für das Modellprojekt zur Förderung der gemeinnützigen Arbeit. Da kann ich Ihnen gerne viele Beispiele aus der Praxis bringen, dass gemeinnützige Arbeit nicht von selber funktioniert. Es reicht nämlich nicht, Menschen eine Adresse in die Hand zu drücken, bei der sie ihre gemeinnützige Arbeit ableisten, sondern sie brauchen dafür Rahmenbedingungen, Leute, die sie an die Hand nehmen. Das funktioniert nicht von selbst. Sie können die Erfolge in allen Bereichen der freien Straffälligenhilfe in den Controllingberichten nachlesen.
Ihre Vorschläge sind insgesamt realitätsfern, konzeptlos und vor allen Dingen unverantwortlich – unverantwortlich!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie haben sie nicht mit den freien Trägern der Bewährungshilfe, nicht mit den Beschäftigten und sicherlich auch nicht mit den Opferverbänden besprochen. Ich kann Ihnen versprechen: Wir werden das tun. Wir werden denen Ihre Vorschläge vorstellen.
Wir stimmen selbstverständlich diesem Haushalt zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)