Dagmar Hanses: „Das sind wichtige Aufgaben in der Justiz“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Justizwachtmeister-Ausbildung

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wenn Bürgerinnen und Bürger in Kontakt mit der Justiz kommen, dann sind Wachtmeisterrinnen und Wachtmeister die ersten freundlichen Gesichter, die ihnen begegnen. Dafür möchten wir den Wachtmeisterinnen und Wachtmeistern unseren ganz herzlichen Dank aussprechen.

„Justizwachtmeister/innen begleiten Gefangene zu Terminen und Gerichtsverhandlungen und bewachen sie. In der Justizverwaltung erledigen sie Aufgaben im Pförtner-, Anmelde- und Fernsprechvermittlungsdienst.“

Das klingt jetzt alles sehr hölzern, aber so heißt es im Handbuch „Beruf aktuell“, das viele von Ihnen kennen. Dieses Handbuch nehmen junge Menschen bei der Berufswahlorientierung zur Hand. Heutzutage greifen sie auch auf BERUFENET zurück, wo der gleiche Text hinterlegt ist.

Weiter heißt es dann auch, dass sie im Außendienst die Schriftstücke zustellen, dienstliche Mitteilungen übermitteln und Poststücke und Geld befördern.

Im Weiteren heißt es dann: Verantwortungsbewusstsein und Umsicht sind vor allem zum Gewährleisten von Sicherheit und Ordnung wichtig. Wechselnde Arbeitsbedingungen, Verwaltungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst erfordern große Flexibilität. Um auf problematisches Verhalten von Personen angemessen reagieren zu können, ist besonders Konfliktfähigkeit und Beherrschtheit nötig. Für Auskünfte und Anweisungen sollte sprachliches Ausdrucksvermögen vorhanden sein. Das Erstellen von Berichten erfordert gute Deutschkenntnisse und Rechtschreibsicherheit.

All das müssen Wachtmeisterinnen und Wachtmeister können. Das sind in der Tat wichtige Aufgaben in der Justiz.

Beim Lesen des Antrags habe ich mich jedoch ein bisschen gewundert, dass er aus den Reihen der FDP-Fraktion kam. Ich kann mich noch an die rot-grüne Zeit erinnern: Im Jahr 2011 haben wir hier schon einmal sehr ausführlich über Wachtmeisterinnen und Wachtmeister gesprochen, als wir nämlich das Eingangsamt A3 abgeschafft haben. Alle Fraktionen haben mitgestimmt, sogar die CDU hat in der rot-grünen Zeit zugestimmt, nur die FDP-Fraktion hat sich enthalten. Deshalb stelle ich mir durchaus die Frage, ob dieses Engagement für Beschäftigte bei denen glaubwürdig ankommt. Da bin ich mir nicht sicher.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Jetzt haben wir ja in den Fraktionen auch neue Leute und können die Dinge mit einem anderem Blick angehen. Wir freuen uns, dass da Entwicklung ist, und wir freuen uns auch über die Beratung im Ausschuss.

Ich möchte jedoch einen Punkt betonen, der mir bei den Wachtmeisterinnen und Wachtmeistern besonders wichtig ist: Wir brauchen einen niederschwelligen Einstieg in den öffentlichen Dienst der Justiz für Beschäftigte, die dann Möglichkeiten zum Bewährungsaufstieg, zur Weiterqualifizierung und zur Entwicklung haben. Bei den Wachtmeisterinnen und Wachtmeistern haben wir oft Biografien, die sonst nicht in den öffentlichen Dienst kämen, die sonst nicht in der Justiz arbeiten würden. Deshalb finden wir es absolut notwendig, in diesem Bereich diese Möglichkeit zu schaffen.

Natürlich kann man immer über Qualität sprechen, aber letztlich müssen wir auch sehen, dass es pragmatisch ist. Ob das im Bereich „Fachkräftemangel“ wirklich Probleme lösen oder – Frau Kollegin Erwin hat darauf hingewiesen – neue Probleme schaffen würde, müssen wir im Rahmen der Beratungen eruieren.

Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin Hanses, bevor Sie sich freuen und gehen, besteht noch der Wunsch nach einer Zwischenfrage von dem Kollegen Dr. Pfeil. Lassen Sie die noch zu?

Dagmar Hanses (GRÜNE): Selbstverständlich.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Selbstverständlich.

Dr. Werner Pfeil (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben auf einen Vorgang vor 12 Jahren verwiesen. Da war ich noch nicht in diesem Parlament. Mittlerweile hat sich die Zeit aber auch geändert.

Ich komme zu meiner Frage. Wir stehen vor massiven Aufgaben beim demografischen Wandel. Wir wissen, dass überall Fachkräfte in den nächsten Jahren fehlen werden, wenn nämlich die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Sie fehlen in allen Bereichen: im Handwerk, in Kitas, aber auch bei den Gerichten. Deswegen ist es doch sinnvoll, gerade darüber nachzudenken, wie wir auch die Position des Wachtmeisters weiter stärken. Wenn da die finanzielle Frage eine Möglichkeit der Beantwortung ist, müsste man doch darüber nachdenken, oder?

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: „Oder“ war die Frage, Frau Kollegin Hanses. Sie können dann beantworten.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Vielen Dank. – Selbstverständlich können wir darüber sprechen, aber ich meine, dass ich darauf schon geantwortet habe. Wir brauchen trotzdem und gerade in Zeiten des Fachkräftemangels auch einen niederschwelligen Einstieg. Ich glaube nicht, dass es eine Lösung ist, die Hürde höher zu hängen und dann zu meinen, es würde vieles einfacher. Auch bei einer mehrjährigen Ausbildung, bei anderen Ausbildungsformen oder im längeren Vorbereitungsdienst ist es nicht automatisch gewährleistet, dass wir mehr Menschen für diesen Beruf finden. Daher weiß ich nicht, ob das, was Sie hier vorschlagen, wirklich eine Lösung ist.

Ich nehme aber wahr, dass das auch bei Berufsverbänden und Gewerkschaften diskutiert wird. Deshalb freue ich mich wirklich auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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