Dagmar Hanses: „Das ist überhaupt nicht zu Ende gedacht…“

Antrag der FDP gegen Kinderehen

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Dagmar Hanses (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin erstaunlich nah bei der CDU. In der Tat hat die FDP mit diesem Antrag ein wichtiges Thema angesprochen. Es ist teilweise von Herrn Wedel fleißig für Sie recherchiert worden, Frau Schneider, doch der Beschlussteil ist unausgegoren, viel zu schlicht und nicht zu Ende gedacht, was die Rechtsfolgen angeht. Deshalb ist es gut, dass wir uns das noch einmal genauer ansehen.
Ich hoffe, wir sind uns einig in diesem Haus, dass ein guter Platz für Kinder und Jugendliche die Schule, Jugendverbände, Jugendzentren, Jugendhilfeeinrichtungen, Clearingstellen sind und nicht das Standesamt, der Traualtar oder das Ehebett.
Wenn sich Rechte des Kindeswohls und das Persönlichkeitsrecht Einzelner gegenüberstehen, dann muss für uns der Schutz der Mädchen im Vordergrund stehen. Das ist selbstverständlich.
Bei der Umsetzung des Ordre public – Herr Kollege Wolf hat es schon angesprochen, das muss mit unserem deutschen Familienrecht übereinstimmen – müssen wir sensibel vorgehen. Ihre platten Formulierungen im Beschlussteil passen nicht dazu. Denn wir haben jetzt schon eine Praxis, was die minderjährigen Geflüchteten betrifft, mit einem sortierten Clearingverfahren der Jugendämter, mit Jugendhilfeträgern, die Erfahrungen mit der Zielgruppe haben. Die Clearingstelle in Bielefeld hat da sicherlich schon einen besonderen Erfahrungsschatz, aber auch andere sind hinzugekommen. Das ist ein besonderer Wert.
Die Rechtsfolgen hat die FDP überhaupt nicht bedacht. Sollen denn bestehende Ehen aufgehoben werden? Sollen bestehende Ehen suspendiert werden? Sollen sie gar annulliert werden? Was bedeutet das für Rentenansprüche von Ehen, die vor 40 Jahren von Minderjährigen geschlossen wurden? Das ist überhaupt nicht zu Ende gedacht. Was passiert beispielsweise, wenn Minderjährige nicht der Schulpflicht nachkommen, wo sonst die elterliche Sorge greift? Was heißt das im Sorgerecht? Wir wissen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern nach einer Eheschließung eigentlich erlischt. All das ist nicht fertig, nicht zu Ende gedacht.
Auch möchte ich noch an die Bund-Länder-Arbeitsgruppe erinnern, die schon angesprochen wurde, die sich auf den Weg gemacht hat. Ich möchte den rheinland-pfälzischen FDP-Kollegen, den Justizminister, ermuntern, sich in diese Arbeitsgruppe einzubringen. Dann hoffen wir, dass wir bald Ergebnisse haben. Das werden wir selbstverständlich inhaltlich begleiten, aber bitte nicht so schlicht, wie Sie es hier darstellen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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