Berivan Aymaz: „Dass diese Stimmungsmache verheerende Folgen hat, wissen wir“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur Förderung des Flüchtlingsrates NRW

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Intention dieses Antrags ist glasklar: Er will das Engagement von Flüchtlingshelferinnen und -helfern diffamieren und Organisationen wie den Flüchtlingsrat kriminalisieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Punkte – das ist schon mehrmals angesprochen worden – dieses Antrags sind dabei schon seit über drei Monaten hinfällig. Schon am 5. Juli hat die Landesregierung eine Kleine Anfrage der AfD zu genau diesem Thema völlig ausreichend beantwortet.
(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])
Auch von dem hohen Gut der Meinungsfreiheit – auf die die Landesregierung hinweist – will sich die AfD nicht überzeugen lassen. Das, meine Damen und Herren, überrascht natürlich überhaupt nicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die AfD setzte dann das Thema auch noch auf die Agenda des Integrationsausschusses mit haargenau denselben Vorwürfen gegen den Flüchtlingsrat, wie wir sie in dem vorliegenden Antrag vorfinden.
Interessant war, dass die AfD die Gelegenheit absolut nicht nutzte, in dem entsprechenden Fachgremium das Thema zu erörtern. Es gab keine einzige Nachfrage, keinen einzigen Wortbeitrag vom Antragsteller.
Meine Damen und Herren, die AfD betreibt hier ein abgekartetes Spiel gegen die Flüchtlingsräte. So hat sie ähnliche Initiativen nahezu gleichzeitig in mehreren Landesparlamenten wie etwa in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sowie auf Bundesebene gestellt.
(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])
Das beweist uns doch, dass es der AfD überhaupt nicht um einen konkreten Sachverhalt hier in NRW geht, sondern schlichtweg um Stimmungsmache, wofür sie gerne auch immer wieder das Plenum als Bühne nutzt, um ihre Social-Media-Kanäle zu bespielen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Helmut Seifen [AfD] und Sven Werner Tritschler [AfD])
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist gefährlich. Wir werden uns immer wieder dagegen stellen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Dabei ist menschenrechtsorientierte Flüchtlingsarbeit, wie sie der Flüchtlingsrat NRW bei uns leistet, so wichtig wie nie zuvor. Dies schließt übrigens auch einen wachsamen und kritischen Blick auf Abschiebungen sehr wohl mit ein.
Anfang des Jahres wurde bekannt, dass nahezu jeder sechste Asylbescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fehlerhaft war. Asylsuchende aus Afghanistan sind hier besonders betroffen; bei ihnen liegt der Anteil der fehlerhaften Asylbescheide sogar bei 58 %.
Viele der Betroffenen hätten also zu Unrecht keinen Schutzstatus erhalten. Dies beweisen auch die vielen erfolgreichen Klagen gegen negative Asylbescheide.
Für diese Menschen und ihr Recht auf Schutz setzen sich Organisationen wie der Flüchtlingsrat mit viel Fachwissen und Expertise ein. Dafür gebühren ihnen Dank und Respekt.
(Beifall von den GRÜNEN – Beifall von der SPD)
Der Flüchtlingsrat – das möchte ich hier ganz klar sagen – leistet auch einen unverzichtbaren Beitrag zum Funktionieren unseres Rechtsstaates. Wem das ein Dorn im Auge ist, der entlarvt sich als Demagoge gegen unsere rechtsstaatlichen und demokratischen Strukturen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das ist noch nicht alles. Mit dieser Diffamierung hetzen Sie gezielt gegen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen. Dass diese Stimmungsmache verheerende Folgen hat, wissen wir.
Aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage geht hervor, dass alleine im ersten Halbjahr dieses Jahres 51 Geflüchtete und ihre Helferinnen und Helfer Opfer von rechtsmotivierten Straftaten wurden. Das sind 38 % mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum 2018.
Diese Entwicklungen müssen wir ernst nehmen. Gerade auch mit Blick auf den erschreckenden antisemitischen und rassistischen Angriff gestern in Halle müssen wir, alle Demokratinnen und Demokraten, aufgerufen sein, wachsam und entschieden für unsere vielfältige und freiheitliche Gesellschaft immer wieder zusammenzustehen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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