Barbara Steffens: „Unsere Bevölkerung hat es verdient, zu wissen, welche Gefährdung von unseren Gewässern ausgeht“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zu multiresistenten Keimen in Gewässern

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Barbara Steffens (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorab: Heute ist Weltwassertag. Ich glaube, es kann keinen passenderen Tag geben, um einen solchen Antrag zu beraten. Andererseits, Frau Ministerin, finde ich es natürlich schade, dass wir den Antrag überhaupt stellen mussten und ihn heute hier beraten müssen, weil ich denke, dass wir in der letzten Ausschussdiskussion sehr wohl einen Weg hätten finden können, wie in Nordrhein-Westfalen die Verantwortung für das, was wir an neuer Faktenlage und an Problemen haben, hätte übernommen werden können. Aber die Haltung des Ministeriums, wir fangen damit 2019 an, ist eine, die wir für die Menschen in diesem Land nicht hinnehmen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Worum geht es? Es geht darum, dass im Februar 2018 eine Recherche vom NDR für Panorama öffentlich gemacht wurde. Im Rahmen dieser Recherche haben die Redakteure an zwölf Stellen Wasserproben bei unterschiedlichen Gewässern entnommen. Diese Wasserproben haben sie auf die sogenannten multiresistenten Erreger untersuchen lassen, und zwar von Wissenschaftlern der Uni Dresden. Heraus kam, dass in allen zwölf Proben multiresistente Erreger nachgewiesen wurden.
Von dieser Dimension des Ergebnisses der Untersuchung sind die Experten überrascht, verwundert und entsetzt gewesen, weil bisher keinem diese Dimension bewusst war. Es hatte auch keiner damit gerechnet. Deswegen gibt es auch kein Nach-hinten-Sehen. Es ist nicht versäumt worden, diese Untersuchungen schon in diesem Jahr zu machen, sondern es ist eine neue Faktenlage.
Klar ist: Wir haben in der Vergangenheit eine Strategie gehabt, die auch weiter fortgesetzt wird, dass der Verbrauch von Antibiotika minimiert werden muss, und zwar sowohl in der Humanmedizin wie auch im Veterinärbereich. Wir wissen auch, dass schon viel stattgefunden hat und viel reduziert worden ist. In der Tiermast ist der Einsatz von Antibiotika verringert worden. Trotzdem sind auch im Jahre 2016 von deutschen Tierärzten noch fast 69 Tonnen Colistin – das ist das sogenannte Reserveantibiotikum, das als eines der letzten greifen kann – verordnet worden. Wir sind also noch nicht am Ziel und müssen weiter versuchen, mit dieser Antibiotikastrategie eine Minimierung zu erreichen.
Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass wir weiterhin eine Minimierung der Einleitung von Antibiotika und von Resistenten, die dann in unseren Gewässern entstehen, erreichen. Klar ist nämlich, dass es immer effektiver ist, etwas nicht in die Gewässer einzuleiten, als es hinterher herauszuholen. Aber das alleine reicht nicht, denn wir wissen spätestens seit diesem NDR-Bericht, dass unsere Gewässer einfach voll von diesen multiresistenten Erregern sind. Auch wenn wir nicht wissen, wie wir sie herausbekommen, ist es trotzdem wichtig, von dem Zustand der Gewässer Kenntnis zu haben.
Für einen fitten und gesunden Menschen geht davon zwar keine Gefahr aus, aber für Menschen die einen immunkomprimierten Zustand haben, für Menschen, die offene Wunden haben, für Menschen, die ein hohes gesundheitliches Risiko aufweisen, ist das eine Gefährdung. Es gibt aber eine noch sehr viel subtilere Gefahr, nämlich die, dass die darin enthaltenen ESBL oder die multiresistenten gramnegativen Erreger aus den Gewässern in Kliniken, Praxen und Pflegeheimen eingeschleppt werden können. Es ist also klar: Wir brauchen an der Stelle auch für die Menschen den klaren Hinweis, welche Gewässer wie hoch belastet sind.
(Beifall von den GRÜNEN)
Deswegen meine ich, dass es nicht reicht, bis 2019 abzuwarten und dann eine Sonderuntersuchung von Gewässern mit Entnahmen von Proben durchzuführen. Denn schon 2018 werden die Menschen in Nordrhein-Westfalen baden, auch wenn man sich das heute bei den Temperaturen noch nicht vorstellen kann.
(Zuruf von der AfD: Aber nicht mit offenen Wunden!)
Die Menschen werden dann diese multiresistenten Erreger aus den Gewässern mitnehmen und weitertragen können. Deswegen erwarten wir, dass die Landesregierung ab sofort und schnellstmöglich Untersuchungen durchführen lässt, auch wenn es heute noch keine einheitlichen bundesweiten Verfahren gibt, worauf man sich verständigt hat. Wir haben In Nordrhein-Westfalen genug Expertinnen und Experten. Mit denen kann man eine solche Vereinheitlichung beraten. Man kann die Messungen durchführen, die Ergebnisse im Internet transparent machen und Warnhinweise geben.
Schauen wir uns aber auch an, was in anderen Bundesländern passiert. Bayern hat dazu eine Studie, Frankfurt hat schon 2017 eine Testung der Gewässer durchgeführt,
(Zuruf von der AfD: Ist Frankfurt ein Bundesland?)
die so weit führt, dass Frankfurt sogar sagt: Bei dieser Bekeimung der Gewässer warnen sie davor, Obst- und Gemüsepflanzen damit zu bewässern. Auch Martin Exner von der Uni Bonn hat gesagt, es gäbe ähnliche Ergebnisse für NRW, für Baden-Württemberg und für Niedersachsen. Unsere nordrhein-westfälische Bevölkerung hat es verdient, davon zu wissen, welche Gefährdung von unseren Gewässern ausgeht. Das erwarte ich von einem Ministerium. Ich erwarte nicht, dass es die Gewässer keimfrei macht, weil das keine Ministerin kann, egal wer. Aber zu wissen, wie die Faktenlage ist, darauf haben die Menschen ein Recht. Das hat die Ministerin meines Erachtens umzusetzen.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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