Arndt Klocke: „Wir meinen, dass Verkehrsplanung auch öffentliche Aufgabe ist“

Antrag der Piraten zu Privatisierung von Autobahnen

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Christof Rasche, das hier ist keine FDP-Wahlkampfveranstaltung.
(Beifall von den GRÜNEN und Jochen Ott [SPD])
Sie lassen wirklich keinen Anlass und keine Podiumsdiskussion dafür aus. Man bekommt das immer erzählt, wenn man selbst nicht da. Fakten werden nicht erwähnt, aber das Hauptthema von Christof Rasche – egal, ob er beim DGB oder bei irgendwelchen Spediteursverbänden redet – ist, gegen die Grünen zu sein.
(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
Diese Masche ist 2000 von Möllemann genauso genutzt worden – auch faktenfrei.
(Hendrik Schmitz [CDU]: Das macht Herr Groschek aber auch!)
– Nein, nein, nein. Herr Groschek argumentiert schon inhaltlich.
(Lachen von Hendrik Schmitz [CDU] – Zuruf von der FDP: Rot-Grün und so!)
– Nein, nein, nein, da geht kein Blatt Papier dazwischen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Minister Michael Groschek)
Wir ärgern uns zwar auch manchmal. Aber wenn ich zwischen Rasche und Groschek zu entscheiden hätte, wüsste ich mich schon klar zu entscheiden, wen ich da als Verkehrsminister oder verkehrspolitischen Sprecher gut fände.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nun habe ich aber das Wort. Christof Rasche war ja eben dran. Jetzt will ich gerne zu Herrn Optendrenk kommen. Man kann ja so eine Rede halten, wie Sie das eben hier gemacht haben.
(Zuruf von den GRÜNEN: Muss man aber nicht!)
Aber jegliche Position zu dieser Frage „Bundesautobahn- oder Infrastrukturgesellschaft“ vonseiten der CDU nicht zu erwähnen …
(Zustimmung von Minister Michael Groschek)
Wie sieht die CDU das denn?
Jetzt kommen wir einmal zu dem – das will ich gerne ansprechen –, was eigentlich gerade gespielt wird, und zwar vor allen Dingen in Berlin. Dafür braucht es auch gar keine FDP – weder im Bundestag noch in der Bundesregierung.
(Minister Michael Groschek: Richtig!)
Das schafft die Große Koalition schon alleine.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE] und Achim Tüttenberg [SPD] – Zurufe von der FDP)
– Jetzt hört doch einfach einmal zu, Leute. – Es gab vom Bundeswirtschaftsminister die externe Vergabe eines Gutachtens an Herrn Fratzscher vom DIW. Er hat ein großes Gutachten zur Infrastrukturfinanzierung vorgelegt. Der wichtigste Vorschlag war: Wir schaffen eine Bundesinfrastrukturgesellschaft. Wir privatisieren Bundeseigentum. Wir schaffen Anlagemöglichkeiten für Versicherungen und andere große Konzerne, damit sie in der Null- oder Niedrigzinsphase eine Möglichkeit haben, in Infrastruktur zu investieren. Dafür müssen wir aber den Ländern die Verkehrsinfrastruktur entreißen. – Das ist der Tenor des Berichts der Fratzscher-Kommission.
(Minister Michael Groschek: Genau!)
Die Länderverkehrsminister haben klug gehandelt und danach diesen Bericht eben nicht angenommen, sondern mit der Bodewig-II-Kommission eine eigene Linie vorgelegt.
Teil dieser Bund-Länder-Einigung, die wir grundsätzlich begrüßen, ist, dass die Tür für eine sogenannte Bundesverkehrsgesellschaft aufgemacht wurde. Ich bin der Ministerpräsidentin sehr dankbar dafür, dass sie eben darauf hingewiesen hat, dass die näheren Regelungen noch nicht festgelegt sind. Wie das organisiert wird, ist also noch nicht in dem Beschluss der Ministerpräsidenten festgelegt. Festgelegt ist nur, dass eine solche Bundesinfrastrukturgesellschaft kommen soll.
Das können wir auch von grüner Seite und als regierungstragende Fraktion mittragen. Es stellt sich aber eine grundsätzliche Frage der Staatsorientierung. Die Haltung der FDP ist mir klar. Aber die Meinung der CDU würde mich einmal interessieren. Will die CDU den Weg mitgehen, dass unsere Verkehrsinfrastruktur – unsere Autobahnen, unsere Bundesstraßen, unsere Landesstraßen – in Deutschland privatisiert werden soll? Soll sie von einer Infrastrukturgesellschaft, die privatrechtlich organisiert und von Versicherungskonzernen finanziert wird, verwaltet werden? Wir sagen an der Stelle ganz klar Nein. Da sind wir von SPD und Grünen sehr klar.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Denn wir meinen, dass Verkehrsplanung auch öffentliche Aufgabe ist. Wir wollen Parlamente damit befassen, wie die Schwerpunkte gelegt werden. Wir wollen auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine klare Perspektive haben, und zwar in einer öffentlich-rechtlich organisierten Gesellschaft. Deswegen haben wir diesen Entschließungsantrag vorgelegt.
Lieber Christof Rasche – auch wenn er sich gerade unterhält –, man kann ja immer auf die Verkehrspolitik der Landesregierung einprügeln oder sie scharf kritisieren, wie das auch gemacht wird. Aber zur Wahrheit gehört genauso, dass keine Landesregierung vorher so viel Geld für die Sanierung unserer Verkehrsinfrastruktur in die Hand genommen hat wie diese rot-grüne Landesregierung.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Minister Michael Groschek)
Das waren in diesem Haushalt 115 Millionen €. Wir setzen mit dem Haushalt 2017 da noch eins drauf und legen nochmals mindestens 10 Millionen € zusätzlich drauf.
Das ist doch das, was Sie fordern und was auch die Industrie fordert. Sie wollen intakte Verkehrswege. Sie wollen intakte Brücken und intakte Straßen. Da geht es doch nicht immer um den Ausbau von irgendeiner Ortsumgehung in Borken oder in Ostwestfalen, sondern es geht darum, dass unsere Straßen und unsere Brücken saniert werden.
Keine Landesregierung vorher hat so viel Geld dafür die Hand genommen und so viele vernünftige Planungen geleistet wie diese Landesregierung. Die FDP und Sie, lieber Herr Rasche, ignorieren das an jeder Stelle und reden bei allen Veranstaltungen, bei denen Sie auftreten, falsch Zeugnis.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Sie erzählen da nicht die Wahrheit.
(Widerspruch von der FDP)
Es sind jetzt 115 Millionen €. Im letzten schwarz-gelben Haushalt waren es 60 Millionen €. Wir haben das fast verdoppelt, lieber Herr Rasche und auch liebe CDU.
(Christof Rasche [FDP]: Völliger Quatsch!)
– Das ist nicht völliger Quatsch. Das sind die Zahlen, die im Haushalt stehen. Damit sollte man sich beschäftigen.
(Christof Rasche [FDP]: Sie dürfen nicht nur ein einziges Jahr nehmen – erst recht nicht zur Finanzkrise!)
– Im Jahr davor waren es 100 Millionen €. Das waren auch 40 Millionen € mehr als unter Schwarz-Gelb.
Und zu der Rechnerei, die eben gemacht worden ist, was Straßen.NRW angeht, sage ich Ihnen: Sie haben jedes Jahr 1,8 % der Stellen abgebaut. Die Vorgabe des Finanzministers waren 1,5 %.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Minister Michael Groschek)
Bei Straßen.NRW waren es zusätzlich 0,3 %.
(Christof Rasche [FDP]: Was haben die Kollegen Becker und Voigtsberger gemacht?)
– Das ist zunächst weitergeführt und dann gestoppt worden.
(Christof Rasche [FDP]: Genau! Es ist gestoppt worden!)
– Ja, es ist gestoppt worden; ganz genau.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Arndt Klocke (GRÜNE): Wir sind danach der DEGES beigetreten.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
– Lieber Herr Kollege Rasche, Sie können mir ja eine Zwischenfrage stellen, wenn es nötig ist. Aber unterbrechen Sie mich bitte nicht immer. Das ist doch nicht fair.
(Lachen von der FDP)
Wir kommen jetzt zum eigentlichen Antrag. Die Debatte, die in den nächsten Wochen und Monaten ansteht, bezieht sich auf die Frage, wie diese Bundesinfrastrukturgesellschaft aufgestellt werden soll. Wir sagen von rot-grüner Seite sehr klar: Sie soll öffentlich-rechtlich organisiert sein – und wenn der Bund die Straßen aus Berlin verwaltet.
Dabei frage ich mich immer – deshalb wundere ich mich auch über die Opposition hier –, ob beispielsweise die Bahn, also die DB Netz AG, oder die Wasser- und Schifffahrtsstraßenverwaltung, von denen in Deutschland Verkehrswege aus Berlin zentral organisiert, gesteuert und geplant werden, die Best-Practice-Beispiele sind, die dafürsprechen, dass die Straßen in Zukunft auch aus Berlin organisiert werden sollen. Das müsste doch erst einmal von Ihrer Seite belegt werden.
Wenn man das jetzt in Zukunft macht, gilt für uns ganz klar: Es muss eine Garantie geben, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine vernünftige Arbeitsplatzperspektive haben. Es muss eine Garantie dafür geben, dass es weiterhin eine öffentlich-rechtliche Mitsprache auch der Parlamente gibt. Außerdem muss es eine öffentlich-rechtliche Organisationsform geben.
Das sind die Punkte, die wir in diesem Entschließungsantrag formulieren. Deswegen haben wir ihn vorgelegt. Uns würde wirklich brennend interessieren, wie die CDU zu den vorgebrachten Punkten steht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Geht die CDU mit in Richtung Straßenprivatisierung? Oder sind für die CDU Straßen und Infrastruktur weiterhin öffentliches Eigentum? Sie sollten heute die Gelegenheit nutzen, das hier klarzustellen. Dann wäre die Debatte wirklich sinnvoll gewesen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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