Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin Aymaz! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute mal wieder mittags, also zur besten Sendezeit, über Baupolitik, und das ist gut so.
(Zuruf von der SPD: Aha!)
Bauen und Wohnen sind ein zentrales gesellschaftliches Thema. In der großen Themenwoche der ARD in diesem Jahr geht es im Schwerpunkt um besseres Wohnen. Ich habe heute Morgen noch gehört, dass der WDR heute Abend eine große Sondersendung zum Thema „Besser Wohnen und Bauen in NRW“ ausstrahlt. Das ist also ein zentrales Thema. Dass wir heute mal wieder darüber diskutieren – diesmal aufgrund eines SPD-Antrags –,
(Sarah Philipp [SPD]: Eigentlich immer aufgrund eines SPD-Antrags!)
ist grundsätzlich erst mal gut so.
Bei der Lektüre des Antrages fällt mir auf, dass es hier so ähnlich ist wie in der letzten Plenarwoche. Die SPD versucht, bei der anstehenden weiteren Novelle der Landesbauordnung vor die Kurve zu kommen. Dieses Mal haben Sie sich das Thema „Genehmigungsfiktionen“ rausgesucht, in der letzten Plenarwoche hatten wir ein anderes. Auch Genehmigungsfiktionen werden Bestandteil der hier im Landtag demnächst bevorstehenden großen Anhörung sein, die wir zur weiteren Novellierung der Landesbauordnung durchführen werden. Es ist legitim, dazu einen Antrag zu stellen.
Bei den Genehmigungsfiktionen wundere ich mich allerdings. Auf Bundesebene ist die Genehmigungsfiktion beim Bau-Turbo zentral. Die Bundesbauministerin der SPD spricht von drei Monaten zwischen Einreichung und Baugenehmigung.
(Sarah Philipp [SPD]: Die Landesbauordnung ist schon Landessache!)
Auf Bundesebene bringt die SPD-Bundesbauministerin also gerade die Genehmigungsfiktion durch, während sie hier von der Landes-SPD kritisiert wird.
(Jochen Ritter [CDU]: So ist das!)
Die SPD muss sich schon entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Denn wir kommen nur voran, wenn Bundesrecht und Landesrecht kohärent sind und das Ganze entsprechend vernünftig läuft.
(Christian Dahm [SPD]: Der Bau-Turbo ist doch toll!)
Diesen Widerspruch können Sie uns vielleicht im Ausschuss erklären, in dem noch eine Debatte ansteht.
Zu dem Vorwurf an die Bauministerin, dass sie öffentlich die Bauämter diskreditieren würde, hätte ich gerne eine Quellenangabe. Ich kenne den Brief an die kommunalen Spitzenverbände und halte es für nachvollziehbar, dass eine Ministerin in zentralen Dingen nachfragt. Die Beschleunigung und Effektivierung von Baugenehmigungsverfahren sind doch auf jeder Podiumsdiskussion, die wir miteinander bestreiten, das zentrale Thema.
(Zuruf von Kirsten Stich [SPD])
Ob man mit Bauherrinnen und -herren, mit Architektinnen und Architekten, mit den Leuten vor Ort spricht, es geht immer um die Frage, wie wir beim Bauen schneller werden.
Vorgestern war ich beim AStA der Uni Köln. In dem Gespräch ging es um studentisches Wohnen und studentische Wohnungsnot. Die Frage der Umsetzung von Maßnahmen des Studierendenwerkes ist auch für junge Leute ein zentrales Thema; sie fragen mich danach.
Dass die Bauministerin die Bauämter öffentlich diskreditiert hat, habe ich diesem Schreiben nicht entnommen. Das müssten Sie uns bzw. der Ministerin vorlegen.
Zu einer weiteren Änderung der Landesbauordnung hätte ich vor einigen Jahren noch eine andere Auffassung gehabt als heute. Ich bin 2010 in den Landtag gekommen. Die damalige Landesbauordnung ist 2016 geändert worden. Sie war aus dem Jahr 2004, bestand also seit über zehn Jahren.
Ich erinnere mich an eine Debatte, in der mir der damalige FDP-Kollege Stephen Paul – das war in der schwarz-gelben Regierungszeit – auf meine Frage hin, warum es denn noch mal eine Novellierung gebe, entgegengehalten hat, dass man einen dynamischen Politikansatz hätte und die technischen Innovationen und der Klimaschutz diese notwendig machten.
Mittlerweile habe ich das begriffen, weil es in der Realität so ist. Jochen Ritter hat die Punkte eben genannt: die Frage der Solarverpflichtung, der Wärmepumpen etc. Es gibt zig Fragestellungen, die sich auf dem Weg ergeben, und wir haben nicht mehr so wie früher, als man eine Landesbauordnung zehn Jahre lang unangetastet gelassen hat, Zeit. Es gibt neue Fragestellungen, und die müssen geregelt werden.
Es geht beispielsweise um notwendige Umbauten im Bestand. Schneller aus ehemaligen Büroflächen oder Ladenlokalen Wohnungen zu machen, ist ein zentraler Punkt. Dazu werden wir mit der weiteren Novellierung aktiv. Dass das Thema so drängt, war vor drei Jahren noch nicht absehbar.
Ich hoffe, dass wir alle miteinander vorangehen und das erkennen. Klar, auch Behörden brauchen Planungssicherheit. Man muss sich weiter- und fortbilden, das alles muss vernünftig gewährleistet werden. Wir setzen auf Digitalisierung. Uns ist bekannt, dass es bei der Umstellung oder dabei, die Verfahren auf den Weg zu bringen, Probleme gegeben hat; das wurde in dem Antrag der SPD korrekt wiedergegeben. Aber dass wir schneller und effektiver werden müssen, dass wir unsere Rahmenbedingungen ständig nachjustieren müssen, wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.
Auch wenn die SPD noch mal Teil einer Landesregierung würde, würden sich Fragestellungen ergeben. Ich will nichts beschwören, aber das könnte ja passieren. Man weiß nicht, wie die Wählerinnen und Wähler entscheiden.
Zusammengefasst: Der Antrag ist ein Versuch, die Novelle ein Stück weit vorwegzunehmen.
Die Frage, die sich für mich bei der Genehmigungsfiktion stellt, müsste im Ausschuss beantwortet werden.
Wir haben in der letzten Anhörung gehört, dass es sowohl bei der Architektenkammer als auch bei den kommunalen Spitzenverbänden erhebliche Fragestellungen gibt. Ich bin sicher, dass die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen das bei der Novellierung aufgreifen werden.
Die weitere Debatte und die Beantwortung der Fragen erfolgen gerne im Ausschuss. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, danke, dass ich 20 Sekunden überziehen durfte.
