Arndt Klocke: „Wir brauchen nicht noch mehr hochpreisige Wohnungen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Wohnungspolitik

Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es durchaus erfreulich, dass wir eine sachliche und intensive Debatte führen. Ich möchte der SPD erst einmal dafür danken, dass sie diesen umfangreichen Antrag vorgelegt hat.

Gerade in diesen aufgeregten Wahlkampfzeiten ist es gut, sich intensiv um die Themen zu kümmern, die den Menschen im Land wirklich auf den Nägeln brennen. Wohnen ist mit Sicherheit eines der entscheidenden Themen, die die Menschen umtreiben. Deshalb ist es gut, dass wir diese Debatte führen.

Die Kollegen von CDU und FDP haben sachlich auf den Antrag reagiert, über den wir im Ausschuss noch mit einer Anhörung diskutieren werden. Mich würden zum Beispiel Erkenntnisse in Bezug auf eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft interessieren. Wir Grüne sind da zurückhaltend, weil wir mehr für die kommunale Förderung, die Gründung neuer Genossenschaften und die Förderung kommunaler Wohnungsbauunternehmen kämpfen und weniger glauben, dass eine neue Landesstruktur das Richtige ist.

Vielleicht gibt es aber Ansätze, die wir bislang noch nicht näher betrachtet haben. Das wäre ein Punkt, den die SPD noch mit Expertise aus der Anhörung unterfüttern könnte. Was spricht dafür, nachdem die damalige finanziell schwer angeschlagene landeseigene Wohnungsbaugesellschaft LEG verkauft worden ist, so etwas neu zu gründen? Hier habe ich einfach ein Erkenntnisinteresse.

Man kann der SPD nicht vorhalten – darin unterscheide ich mich von dem Kollegen Paul –, dass alles kalter Kaffee ist, was in dem Antrag steht. Ich bearbeite das Thema nun auch schon einige Jahre und habe ein paar Punkte gefunden, die nach meiner Ansicht im politischen Raum bisher noch nicht breit diskutiert wurden, die es aber wert sind, diskutiert zu werden.

Das betrifft zum Beispiel die Einführung einer Grundsteuer C gegen Bodenspekulationen oder die Frage, ob man die Gebietskulissen in der Mieterschutzverordnung neu austariert und dafür ein landesweites Gutachten erstellt.

In dem Antrag der SPD fehlen mir breite Aspekte zu Klimaschutzfragen, gerade in der kommunalen Wohnungsbaupolitik, sowie die Förderung der Studierendenwerke, um mehr studentischen Wohnraum zu schaffen. Wenn man den breit angelegten Antrag intensiv diskutiert, könnte man diese Punkte noch nachschärfen.

Von den Kollegen Schrumpf und Paul sind mehrfach die Zahlen der fertiggestellten Wohnungen genannt worden, was grundsätzlich begrüßenswert ist. Wir haben in Nordrhein-Westfalen allerdings nicht erst seit diesem Jahr das Problem, dass immer mehr preisgebundene Wohnungen aus der Preisbindung herausfallen und nicht ausreichend neue preisgebundene Wohnungen gebaut werden. Diese Situation findet man in vielen Städten, was nicht neu ist, aber dabei handelt es sich um die konkrete Problemlage im Land.

Wir brauchen nicht noch mehr hochpreisige Wohnungen. Selbstverständlich sollte es auch für Menschen mit gutem Einkommen gute Wohnungen in guten Wohnlagen geben; dagegen haben wir Grüne gar nichts. Die entscheidende Frage lautet aber doch: Haben wir genug preisgebundenen Wohnraum und fertiggestellte neue Wohnungen in diesen Segmenten?

Ich gebe dem Kollegen Schrumpf recht, dass es nicht mehr Geld braucht. Jedenfalls haben wir in den letzten Jahren viel Geld aus Berlin bekommen. Zwar kann man wahrscheinlich immer mehr machen, aber die Wohnraumförderung ist finanziell gut ausgestattet.

Die Frage ist, warum so wenig umgesetzt wird. Bei allem Lob, das Regierungsfraktionen ihrer Ministerin entgegenbringen: Die Zahlen müssten eigentlich höher sein. Es müssten mehr preisgebundene Wohnungen in jedem Jahr fertiggestellt werden. Für die Stadt Köln, in der ich lebe und in der die Grünen an der Mehrheit beteiligt sind, kann ich sagen, dass wir deutlich dem hinterherhinken, was eigentlich an Fertigstellungen notwendig wäre.

Das hat natürlich reale Gründe, die bereits angesprochen worden sind, nämlich die Bodenpolitik und die Flächenvergabe. Aus unserer Sicht müssen Kommunen in der Lage sein, eigene Flächenpools aufzubauen. Dazu brauchen sie finanzielle Spielräume. Wir hatten in einem eigenen Antrag bereits einen landeseigenen Fonds vorgeschlagen, um Kommunen die Aufstellung eigener Flächenpools für die Flächenvergabe zu ermöglichen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es positive Beispiele für die Frage, ob Flächen immer zum Höchstpreis verkauft werden müssen. Ich nenne die Stadt Münster Auch die Konzeptvergabe ist ganz entscheidend. Das gilt ebenso für die Erbpacht, damit Grund und Boden im Besitz der Allgemeinheit bleiben. Mit diesen Fragen sollte sich die Landespolitik noch intensiver beschäftigen als bislang.

Am Beispiel Münster will ich auch das Baurecht für private Investoren ansprechen. Dort wird die Hälfte der zu bebauenden Flächen an die Stadt verkauft, und auf den verbleibenden Grundstücken muss eine Quote von mindestens 30 % gefördertem Wohnungsbau erfüllt werden.

Ich habe in Münster in den 90er-Jahren studiert. Damals hatte Münster 250.000 Einwohner. Heute liegt Münster bei weit über 300.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

In den letzten Jahren ist vieles gelungen. Man kann immer darüber diskutieren, ob es gut oder schlecht ist, dass Menschen in die Stadt drängen. Auf jeden Fall handelt es sich um eine Abstimmung mit dem Umzugswagen. Die Menschen drängen weiterhin in die Metropolen. Dafür muss es ausreichenden Wohnraum und wiederum eine gute Flächenpolitik geben.

Von der Stadt Münster kann man vieles lernen, was von der Landesebene auch in anderen Kommunen stärker unterstützt werden könnte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Kollegin Paul als Münsteranerin wird da mit Sicherheit begeistert klatschen.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Mach ich doch! Ich habe meinen Einsatz nicht verpasst!)

Es gibt auch andere Beispiele im Land, von denen man sich einiges abschauen kann. Das ist zum Beispiel in Ostwestfalen – das ist die gemeinsame Heimat von Christian Dahm und mir –, im Kreis Herford, das Projekt „Jung kauft Alt“, über das es Darlehen und Unterstützungskredite für junge Menschen gibt, die in Bestandsimmobilien einziehen.

Ostwestfalen ist eine Region, die sehr vom Einfamilienhausbau aus den 60er- und 70er-Jahren geprägt ist. Dort gibt es jetzt einen demografischen Wandel, weil die Menschen älter werden und sterben oder sich die Familien sozusagen reduziert haben. Da gibt es speziell diese Förderprojekte. Ich meine, dass sich andere Regionen in diesem Land das eine oder andere davon abgucken können; denn solche Situationen und Lagen haben wir auch in der Eifel, im Sauerland, im Münsterland etc.

Ich finde es durchaus unterstützenswert, sich in einer Anhörung das Projekt „Jung kauft Alt“, das es zum Beispiel in Hiddenhausen im Kreis Herford gibt, stärker anzusehen.

Aus der Grünenperspektive – ich glaube, die SPD ist ähnlich unterwegs – gibt es natürlich politische Unterschiede:

Aus unserer Sicht müsste die Mieterschutzverordnung geschärft werden.

Wir brauchen eine Mietpreisbremse, die noch stärker greift. Sie ist einmal nachgeschärft worden. Die erste Fassung der Mietpreisbremse hat jedenfalls nicht das erreicht, was sie erreichen sollte.

Dazu gehört, dass man die Gebietskulissen wieder ausweitet. Wir haben immer kritisiert, dass wir nur noch 18 Städte in diesem Bereich haben und Städte wie Aachen und Bielefeld nicht beinhaltet sind.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Die Kündigungssperrfristverordnung müsste auf acht Jahre angehoben werden.

Auch die Umwandlungsverordnung sollte wieder eingeführt werden.

Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende. Dann komme ich zum Schluss.

Dass es nicht zu einem Kahlschlag bei den wohnungspolitischen Instrumenten gekommen ist, wie es ursprünglich geplant war, haben wir in der Tat den Mieterschutzverbänden, den engagierten Menschen, die sich beispielsweise zu der großen Volksinitiative „Wir wollen wohnen!“ zusammengeschlossen haben, zu verdanken. Wir meinen, dass es durchaus eine ganze Reihe von Punkten gibt, über die man weiterdiskutieren muss, damit es besser wird.

Ich bin fern der Beurteilung, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine Problemlage haben, dass alles nicht gut läuft. Die Landesregierung hat hier manches richtig gemacht.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Trotzdem gibt es viele Menschen, gerade junge Menschen in den Städten, die bezahlbaren Wohnraum suchen und ihn nicht finden. Hier muss mehr getan werden. Ich hoffe, dass wir in der Anhörung wirksame Instrumente hierfür gemeinsam identifizieren können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und Bianca Winkelmann [CDU] – Heiterkeit von den GRÜNEN)

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