Arndt Klocke: „Wir brauchen eine vernünftige Verkehrswende“

Anträge der GRÜNEN im Landtag und der SPD-Fraktion zu Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen

 Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute zum wiederholten Male mit der Frage der Luftreinhaltung. Warum? Weil im September die Entscheidung der Bundesregierung ansteht oder anstehen soll, wie man vor dem Hintergrund von drohenden Fahrverboten in den Innenstädten nach einer ganzen Reihe von Verwaltungsgerichtsurteilen und natürlich nach dem Leipziger Bundesverwaltungsgerichtsurteil jetzt weiter mit der Situation umgehen will.
Es gab – das haben wir Grüne mit Überraschung zur Kenntnis genommen, aber durchaus positiv und nicht kritisch – in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Äußerungen von Politikern der FDP und der CDU und schon länger vonseiten der SPD, die sich der von uns sehr zügig unterstützten Forderung nach einer verbindlichen Hardwarenachrüstung für manipulierte Diesel-Pkw – eben Euro 5 – anschließen.
Es gab einen Tweet des FDP-Bundesvorsitzenden, des früheren Kollegen hier im Landtag, Christian Lindner, der sich vor zwei Wochen in diese Richtung entsprechend geäußert hat. Es gab eine entsprechende Äußerung der CDU-Generalsekretärin Frau Kramp-Karrenbauer. Am vergangenen Montag gab es auch eine Äußerung seitens unserer neuen nordrhein-westfälischen Umweltministerin im „SPIEGEL“.
Das heißt, es ist etwas in Bewegung, und das kann man nur begrüßen.
Es geht um saubere, gesunde Luft in unseren Innenstädten. Es geht darum, dass die manipulierten Pkws sukzessive ersetzt werden und wir vor allen Dingen zu einer zeitnahen Lösung kommen. Denn die Maßnahmen, die die Bundesregierung in den bisherigen beiden Dieselgipfeln mit den Kommunen besprochen hat, sind allesamt nicht falsch, aber sie werden nur auf Strecke angeordnet.
Die Städte warten bis heute darauf, dass die ersten Gelder ausgezahlt werden. Es läuft gerade die Bewertung der Projektskizzen, die die Städte eingereicht haben. Die nordrhein-westfälischen Städte wie Köln, Bonn oder Wuppertal, die entsprechende Anträge gestellt haben, warten jetzt auf die ersten Bewilligungen.
Das heißt, wir werden die Erfolge – ich bin relativ sicher, dass sie bei der Frage der Luftreinhaltung eintreten werden – im Bereich der ÖPNV-Nachrüstung, der Umstellung der Busantriebe auf Elektro, Wasserstoff oder Hybrid etc. erst in den nächsten Jahren spüren.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
–  Herr Blex, inhaltlich will ich mich gar nicht dazu äußern. Aber nachdem ich ein Foto gesehen habe, auf dem Sie neben Herrn Bachmann, einem vorverurteilten Rechtsextremisten, bei einer Demonstration zu sehen waren, wundere ich mich, dass Sie es wagen, in diesem Parlament noch Zwischenrufe zu machen, wenn demokratische Redner und Rednerinnen reden.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)
Es ist traurig, dass sich Ihre Fraktion noch nicht von Ihnen distanziert hat und Sie als Fraktionsloser in der letzten Reihe sitzen. Daher seien Sie jetzt einfach mal ganz still und hören zu.
(Zuruf von Christian Dahm [SPD])
Sie können, glaube ich, von allen Fraktionen, die nach mir reden, noch einiges lernen. (Zuruf von Helmut Seifen [AfD])
–  Das Wort entzieht der Präsident, das mache ich nicht persönlich. (Helmut Seifen [AfD]: Ich habe das nicht gefordert!)
–  Das möchte ich auch nicht gern, Herr Seifen. Da unterscheide ich mich von Ihnen in der demokratischen Einstellung eindeutig.
Kommen wir zurück zum Antrag und auch zu den Inhalten: Es ist etwas auf dem Weg, aber die Frage ist, ob die Städte die Fristen, die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gesetzt hat, die sehr zeitnah sind, entsprechend einhalten können.
Die bisherigen Urteile sind sehr klar, wenn man sich beispielsweise Stuttgart oder Aachen ansieht. Hier sind Fristen bis zum 01.01.2019 oder bis zum 01.07.2019 gesetzt worden. Deswegen braucht es jetzt eine zeitnahe Lösung, und das kann nur eine verbindliche Hardwarenachrüstung bei den manipulierten Pkws sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dazu gibt es eine ganze Reihe von Äußerungen und Beschlüssen. Die Bundesumweltministerin spricht sich dafür aus, und auch unsere nordrhein-westfälische Umweltministerin – so habe ich sie jedenfalls verstanden – tendiert in diese Richtung.
Es gibt eine Bundesratsinitiative seitens des Landes Hessen, die in den nächsten Tagen zur Abstimmung steht, die auch eine verbindliche Hardwarenachrüstung fordert.
Es gibt auch einen fraktionsübergreifenden Beschluss des hessischen Landtags, den CDU, SPD, Grüne und FDP sehr eindeutig gefasst haben, nämlich die Aufforderung an die Automobilindustrie, diese Hardwarenachrüstung vorzunehmen, und zwar auf eigene Kosten. Im Vorfeld der Debatte gab es seitens FDP und CDU Bemühungen – das will ich ausdrücklich anerkennen –, dass wir heute auf Grundlage der schleswig-holsteinischen Bundesratsinitiative zu einer gemeinsamen Resolution kommen, der sich Hessen mit kleineren textlichen Änderungen, die aus meiner Sicht aber doch recht weitreichend sind, anschließt.
Die schleswig-holsteinische Initiative spricht davon, dass die Automobilindustrie mitfinanzieren soll. Dazu haben wir Grüne eine sehr klare Haltung. Nach all dem, was wir in den letzten Monaten und Jahren in diesem Bereich an Manipulationen seitens der Automobilhersteller erlebt haben, muss klar sein, dass es nicht um eine Mitfinanzierung geht, sondern um eine komplette Kostenübernahme.
Präsident André Kuper: Die Zeit.
Arndt Klocke (GRÜNE): Die Käufer von manipulierten Autos, die ihren Euro-5-Diesel in guter Absicht gekauft haben, müssen komplett entschädigt werden, bzw. es muss gewährleistet sein, dass sie keine zusätzlichen Kosten haben. Das muss auf Kosten der Automobilhersteller vorangebracht werden.
Präsident André Kuper: Herr Kollege, die Redezeit ist beendet.
Arndt Klocke (GRÜNE): Ich bin jetzt fertig, Herr Präsident. – Deswegen bitten wir Sie ausdrücklich, die hessische Initiative und unseren Antrag zu unterstützen.
Zusammenfassend möchte ich trotzdem sagen: Alles, was in die Richtung geht, dass sich in Berlin endlich etwas bewegt, ist richtig. Daher sollten wir heute hier im Landtag miteinander ein klares Signal finden. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Kollege Middeldorf, Sie haben eben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Sie schon an verschiedenen Stellen dafür geworben haben. Ich habe das durchaus schon einmal von Ihnen vernommen. Ob das in den letzten zwei Jahren der Fall war, weiß ich nicht, aber wenn Sie das sagen, wird das sicherlich stimmen.
Dann seien Sie doch bitte so fair, auch mir gegenüber, und unterlassen diese dauernden Unterstellungen, wir Grüne oder ich persönlich hätten für Fahrverbote geworben. Das finden Sie an keiner Stelle, in keinem einzigen Plenarprotokoll. Es gibt von unserer Seite Kritik an den Luftreinhalteplänen der Städte, beispielsweise von Düsseldorf. Dort wird das Urteil aus Leipzig negiert und betont, dass Fahrverbote in keiner Weise eine Option seien.
Für uns Grüne ist ganz klar: Das ist, wenn überhaupt, die letzte Möglichkeit, um saubere Luft zu bekommen. Das besagt auch das Leipziger Urteil.
Natürlich sind Fahrverbote überhaupt keine Lösung für die Luftreinhaltung und für die Situation in den Innenstädten. Das können wir uns derzeit in Hamburg ansehen. Hamburg ist eine der wenigen Städte, die ein Fahrverbot verhängt haben. Auf zwei Streckenabschnitten von jeweils fast 1 km sind dort Straßen gesperrt. Das führt zu massiven Umgehungsverkehren, wobei die Luft in den Umgehungsstraßen noch stärker belastet wird.
Wir brauchen eine vernünftige Verkehrswende, einen Umstieg in den Verkehrsträgern und natürlich eine entsprechende Nachrüstung auf saubere Pkws. Ich denke, da sind wir auf einer gemeinsamen Linie.
Ich finde es ein bisschen schade, dass Sie es am Ende so drehen, obwohl wir uns bemüht haben, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren, als wären es die Grünen, die hier für Fahrverbote werben würden. Wir werben für eine andere Verkehrspolitik.
Es wäre gut, wenn die Bundesregierung diesen Impuls aus den Ländern jetzt aufnehmen würde – da schließe ich mich sehr dem Kollegen Stinka an; der Landtag ist genau der richtige Ort, um darüber zu diskutieren – und wenn unsere Landesregierung in Berlin Druck machen würde, dass Herr Scheuer, der jeden Tag in eine andere Richtung eiert, auf den richtigen Kurs gebracht wird und in der Bundesregierung für Hardware-Nachrüstungen nicht nur wirbt, sondern sie auch umsetzt.
(Beifall von den GRÜNEN)

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