Arndt Klocke: „Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, müssen wir im Gebäudesektor massiv drauflegen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur energetischen Stadtsanierung

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion! In der Tat ist Bottrop mit Innovation City ein landesweites Vorbild im Bereich der Gebäudesanierung. Angesichts dessen, was im Bereich Klimaschutz notwendig ist, ist es natürlich die Frage, wie man aus landesweiten Vorbildern nicht nur ein Modellprojekt machen, sondern das in die Breite ziehen kann. Das ist ja die Idee des SPD-Antrages, den ich grundsätzlich richtig finde.

In diesem Antrag lassen Sie allerdings aus – das hat der Kollege Ritter eben entsprechend erwähnt –, was in diesem Bereich schon alles läuft und was diese Landesregierung und auch die Vorgängerlandesregierung auf den Weg gebracht haben. Es gibt seit Juni letzten Jahres das NRW-Klimaschutzgesetz mit entsprechenden Maßnahmenpaketen. Das Landeswärmegesetz ist in Vorbereitung, und entsprechende Maßnahmenkataloge werden auch damit verbunden sein.

Die Vernetzung der Kommunen, die eingefordert wird, läuft entweder über das Ministerium oder über den Städtetag. Der gegenseitige Austausch unter den Kommunen wird vielfältig vorangetrieben. Das, was Sie in dem Antrag ansprechen und was ich auch für richtig halte, ist das, was Bottrop auszeichnet: die aufsuchende Beratung der Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein entscheidender Punkt, und ich meine, dass wir uns darüber auch intensiver werden unterhalten müssen. Da ist natürlich – ohne Frage – auf Bundesebene der Fehler mit dem Heizungsgesetz gemacht worden, jedenfalls im ersten Ansatz. Der Schritt zu den Bürgerinnen und Bürgern, das Gespräch, der Austausch, wie man entsprechende Umstellungsprojekte auf den Weg bringen kann, hätte der erste Schritt sein müssen. Das gestehe ich als Grüner ganz klar ein.

Das ist in Bottrop allerdings gemacht worden. Deswegen haben wir in Bottrop eine unglaublich hohe Sanierungsquote. Im Land liegt sie bei knapp unter einem Prozent. Alle Klimastudien – ob das die entsprechenden Berichte des Umweltbundesamtes sind, ob es die des Wuppertal-Instituts – sagen, dass wir eine Quote von mindestens 3 %, eigentlich sogar 5 % an sanierten Gebäuden in jedem Jahr bräuchten, um die Klimaschutzziele von Paris einzuhalten. Da geht Bottrop mit 3,5 % im Jahr mit leuchtendem Beispiel voran.

Das ist auch – ich war mehrfach vor Ort – in der Bürgerschaft akzeptiert, und das ist das Bemerkenswerte. Es ist eine Stadt, von der man nicht sagen würde, wenn man die Klientel betrachtet, dass es eine klassische Transformationsstadt wie Münster oder Freiburg ist, wo sich viele selber auf den Weg gemacht haben, sondern es ist eine klassische Ruhrgebietsstadt, eine klassische ehemalige Arbeiterstadt.

(Sebastian Watermeier [SPD]: Immer noch Arbeiterstadt, Herr Klocke!)

Dass das so gelingt, ist ein Musterbeispiel für gelingende Transformation. Die Lehren aber – und da finde ich, dass der SPD-Antrag Dinge nicht erwähnt oder sie vielleicht bewusst auslässt – sind durch vielfältige Programme schon gezogen worden.

Ein Programm ist vom Kollegen Ritter bereits angesprochen worden: „Prima. Klima. Ruhrmetropole.“ mit den entsprechenden Modellregionen. Es gibt auch diverse Förderkonzepte von NRW.Energie4Climate, auch im ländlichen Raum. Beispielsweise ist Löhne im Kreis Herford Modellkommune und wird dort unterstützt, auch Steinfurt im Münsterland ebenfalls mit vielfältigen Projekten. Wir sitzen immer im NRW-Wohnraumbeirat und freuen uns über die großen Fortschritte, die in Steinfurt gemacht werden.

(Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE] und Andrea Stullich [CDU])

– Da klatschen der Kollege und die Kollegin aus Steinfurt. – Auch mein Wohnort, die Stadt Köln, ist dort mit vielfältigen Projekten vertreten.

Die Frage lautet also: Was muss oder kann über das hinaus gemacht werden?

Der SPD-Antrag fordert Finanzen, mehr Unterstützung und mehr Stellen, verschweigt aber leider, wie wir das in den nächsten Jahren finanzieren sollen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen die allen bekannte Haushaltslage, und wir haben sie auch im Bund. Die Debatte hatten wir gerade in der Aktuellen Stunde. Wenn die Opposition hier eine bessere Finanzierung einfordert, muss auch klar gesagt werden, wie diese Finanzierung aussehen soll und wie sie entsprechend aus Berlin unterstützt wird.

Ich finde, liebe SPD – und ich sage das in ganz ruhiger Tonlage –: Das versäumen Sie hier entsprechend in diesem Antrag. Sie nennen auch nicht Ross und Reiter, was sich bei der Wohnraumförderung ändern soll. Die Wohnraumförderung Nordrhein-Westfalen ist exzellent, wir erleben das immer wieder in den entsprechenden Berichten, die uns vorgelegt werden, in den Terminen vor Ort.

Wenn Sie über eine Veränderung der Wohnraumförderung konkret im energetischen Bereich sprechen, frage ich Sie, wie diese aussehen soll. Das, finde ich, muss benannt werden. Wir werden diesen Antrag gleich überweisen. Ich bin in meiner Bewertung ein bisschen milder als mein ansonsten von mir sehr geschätzter Kollege Jochen Ritter. Ich meine, dass der Grundansatz im SPD-Antrag richtig ist, also: Eine deutliche Ausweitung der Gebäudesanierung ist ganz klar. Im Bereich des Klimaschutzes gibt es zwei große Bereiche, einmal den Bereich „Mobilität“ und dann den Bereich „Gebäudesanierung“, auch wenn die Bundesebene jetzt mit dem Klimaschutzgesetz in Bezug auf die Sektoren einen Beschluss gefasst hat, dass das nun anders bewertet und gehandhabt wird, als es in den letzten Jahren angegangen worden ist.

Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, müssen wir im Gebäudesektor massiv drauflegen. Das ist ganz klar und auch Tenor des SPD-Antrages. Wenn es um eine bessere finanzielle Ausstattung geht, muss klar benannt werden, was der Bund hier mehr leisten kann und muss, denn es sind in der Wohnraumförderung fast alles durchgeleitete Bundesmittel. Wenn wir über eine bessere Beratung, über eine aufsuchende Beratung sprechen, muss klar sein, ob das die Kommunen nach dem Konnexitätsprinzip machen sollen oder ob es vom Land geleistet werden soll.

Das alles sind offene Fragen. Da bin ich auf die Debatte im Ausschuss gespannt. Wir werden den Antrag ja entsprechend überweisen. Daher ein kleines Dankeschön an die SPD, was den Aufschlag angeht, weil ich den grundsätzlich politisch und inhaltlich richtig finde. In der konkreten Detailplanung sind jedoch noch viele Fragezeichen vorhanden. Außerdem berücksichtigt er keinesfalls das, was bereits alles auf den Weg gebracht worden ist. Das ist die grüne Bewertung. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mich noch vor der Rede von André Stinka für die zweite Runde gemeldet, um zu sagen, wie erfreulich es finde, dass in allen Beiträgen der demokratischen Fraktionen viel Sachverstand und viel Ruhe enthalten waren. Es wurde gesagt, dass wir Sachen gemeinsam angehen wollen. Das gilt insbesondere auch für Frau Kollegin Freimuth, die eine sehr sachliche und vernünftige Rede gehalten hat.

Es ist auch in Ordnung, und ich bin milde gegenüber Geburtstagskindern; aber jetzt ist bei der SPD und André Stinka noch einmal dieser Geist der Aktuellen Stunde ausgebrochen. Es gab unter anderem den Vorwurf, drei Jahre verplempert zu haben. Ich habe einmal in meinen Kalender geguckt. Am 13. oder 14. Juni 2022 – ich bin ja schon ein bisschen länger Abgeordneter – war zumindest ich noch Oppositionsabgeordneter. Da habe ich noch gar nichts verplempert. Da haben wir gerade Verhandlungen mit der CDU darüber geführt, was wir hier machen wollen. Wenn, dann müsste man zumindest datumsmäßig korrekt sein.

Der Kollege Untrieser hat es völlig richtig gesagt: Mit dem Wärmeplanungsgesetz, das diese Bundesregierung, an der die Grünen beteiligt sind, auf den Weg gebracht hat, ist für Kommunen sehr klar formuliert … Lieber André Stinka, jetzt musst du auch einmal zuhören.

(André Stinka [SPD]: Ja, mache ich!)

Wer hier vorne fünf Minuten mit dem Finger rumtanzt, der muss wenigstens an der Stelle auch mal zuhören.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Sebastian Watermeier [SPD]: Wir waren beim Nachrechnen, Herr Klocke!)

Mit dem Wärmeplanungsgesetz des Bundes ist sehr klar vorgegeben, was Kommunen zu tun und zu lassen haben, um die Wärmeplanung voranzutreiben. Ich bin gespannt. Wenn wir das jetzt in den Ausschuss überweisen, wird es wahrscheinlich ein Fachgespräch oder sogar eine Anhörung geben. Wir müssen herausarbeiten: Was kann das Land Nordrhein-Westfalen mehr tun, um schneller voranzukommen? Wir Grüne haben größtes Interesse daran, dass wir bei der energetischen Sanierung schneller vorankommen. Was ist also in diesem Bundesgesetz nicht enthalten?

Wenn wir sagen, Nordrhein-Westfalen solle mehr tun, dann müssen wir auch die Frage beantworten, wie das finanziert werden soll. Und da wäre es wunderbar, wenn alle, die jetzt geredet haben, ein klares Signal nach Berlin geben würden, dass wir eine andere Finanzpolitik brauchen. Dieses Thema hatten wir in der ersten Runde und haben wir jetzt auch.

Ich bin relativ sicher, dass wir, sollte es im nächsten Jahr einen Regierungswechsel hin zur CDU geben, sehr schnell an dem Punkt sein werden, dass wir die Schuldenbremse abschaffen oder jedenfalls reformieren werden. Denn wir haben einen großen Investitionsstau im Bereich der Infrastruktur: bei Gebäuden, Straßen, Brücken etc.

So, wie die jetzige Finanzplanung läuft – da wende ich mich an Angela Freimuth mit ihrem vielleicht noch vorhandenen guten Kontakt zu Christian Lindner –, wird es einfach nicht weitergehen. Das ist definitiv klar. Wenn wir uns einig sind, dass mehr laufen soll, dann müssen wir auch sagen, wie es finanziert werden soll.

Als letzten Satz wollte ich noch etwas zur AfD sagen. Aber die Redezeit ist abgelaufen. Das machen wir beim nächsten Mal. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Das reicht ja auch zur AfD!)