Arndt Klocke: „Sanierung – nicht Neubau – ist die große Aufgabe in den nächsten Jahren.“

Antrag der CDU zur Bundesfernstraßenplanung

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen von der CDU-Fraktion! Ich vermute, wenn wir in der Opposition wären, hätten wir das hier auch zum Thema gemacht – aber sicherlich anders. Wenn man das macht, wie Sie das machen, dann muss man natürlich wissen, wie weit man sich aus dem Fenster lehnen kann.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, wir sollen bejubeln, dass die Große Koalition 1,25 Milliarden zusätzlich für den Bereich Straßen zur Verfügung stellt. Sie müssen dann aber dazusagen – ich werde es jedenfalls dazusagen –, dass es eine mehrjährige Kommission unter Vorsitz Ihres ehemaligen CDU-Verkehrsministers Daehre aus Sachsen-Anhalt gab, die errechnet hat, dass wir eine Unterfinanzierung von 7,2 Milliarden pro Jahr allein bei der Sanierung der Verkehrswege haben.
Jetzt hat die Große Koalition zugesagt – dazu kann man sagen: das ist ein Schritt, aber es ist ein ganz kleiner Schritt –, 1,25 Milliarden pro Jahr zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Was heißt das denn? In dieser Legislaturperiode fehlen uns 22 Milliarden alleine für Sanierungen, die errechnet worden sind, die seriös hinterlegt worden sind, die der Bund aber nicht ausgibt und die uns fehlen. Wenn man das durchrechnet, dann sieht man, dass Nordrhein-Westfalen pro Jahr gut 1 Milliarde € für die Sanierung seiner Verkehrswege fehlt. Da sollen wir – aus Sicht der CDU – jubeln? Das ist doch ein wirklich sehr, sehr peinlicher Antrag!
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)
Nun zu dem, was Sie sagen, Herr Schemmer, liebe CDU, zu den Gründen für die Rückgabe. Dazu hat der Kollege Breuer eben etwas gesagt. Es gab ja auch einen schriftlichen Bericht des Ministers, was im letzten Jahr passiert ist, dass diese 40 Millionen € zurückgegeben werden mussten.
Damit wir uns an der Stelle nicht falsch verstehen: Wir finden das politisch schlecht, auch von grüner Seite. Sie unterstellen uns möglicherweise, die Grünen freuten sich, wenn Gelder für den Straßenausbau nicht ausgegeben werden. Aber auch wir finden das politisch kritikwürdig. Das hat es in der Zeit auch nicht gegeben, als ein Grüner Staatssekretär im Verkehrsministerium war.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie zitieren hier ja immer den Schattenminister Horst Becker herbei. Wenn es nach Ihrer Logik gehen würde, müsste der Becker Hunderte von Millionen pro Jahr zurückgegeben haben, als er da gewirkt hat.
Dass die Gelder zurückgegeben worden sind, liegt einfach daran: Einerseits konnten Projekte aufgrund von Klagen nicht weitergeführt werden. Andererseits fehlten uns Planungskapazitäten bei Straßen.NRW.
Sie wollen, dass wir die Straßenpriorisierung für 2011 rückgängig machen. Darin haben wir für die nächsten Jahre Projekte im Wert von 4,46 Milliarden € priorisiert. Mit den 240 Millionen €, die im letzten Jahr als Bedarfsplanmittel vom Bund gekommen sind, haben wir mindestens für 15 Jahre ausreichend Planungsreserven hier in diesem Land.
Dass Sie uns jetzt wieder damit kommen, dass es noch zusätzliche Planungsreserven geben soll, das ist doch genau der gleiche Wahnsinn, wie es ihn in den schwarz-gelben Jahren gegeben hat und weswegen wir, als wir die Regierung übernommen haben, erst einmal ein Defizit von über 50 Millionen € bei Straßen.NRW zurückdrehen mussten. Sie wollen, dass wir in eine völlig falsche Richtung gehen.
Sie reden auch immer von Neubau. Das ist bemerkenswert. Die CDU in Nordrhein-Westfalen redet immer von Neubau. Das ist auch im Bund anders. Das ist auch in anderen Bundesländern anders. Längst ist doch bundesweit klar: Die große Aufgabe im Bereich der Verkehrswege in den nächsten Jahren ist: Sanierung, Sanierung, Sanierung – und nicht noch zusätzliche Neubaumittel.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deswegen ist Ihr Antrag einfach ärgerlich. Ich finde ihn auch ausgesprochen unseriös, auch wenn wir ihn im Ausschuss demnächst weiter beraten werden. Sie haben da in Berlin die Hausaufgaben nicht gemacht. Unter diesem Antrag steht Armin Laschet sozusagen als Antragsteller, der ja nun gleichzeitig stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender ist.
Sie müssen doch jetzt endlich mal vorlegen: Wie wollen Sie die Einnahmen im Verkehrsbereich steigern? Dazu gibt es aus Nordrhein-Westfalen einen klaren Vorschlag. Wir haben gesagt: Wir wollen eine Mautausweitung ab 3,5 t auf allen überörtlichen Straßen. – Dobrindt sagt, das ist mit ihm nicht zu machen, maximal auf ein paar mehr Bundesstraßen. – So wird er Anfang der Woche zitiert: Auf vierspurigen Bundesstraßen würde er das ausweiten wollen.
Aber was ist die Folge? Heute steht in der „FAZ“ – einer Zeitung, die den Grünen ja bekanntlich nicht ganz so nahe steht –: Einbruch der Mauteinnahmen in Deutschland, weniger Maut für Lkw. – Sie können also mit großer Wahrscheinlichkeit das, was Sie im Koalitionsvertrag versprochen haben, diese 1,25 Milliarden zusätzlich, gar nicht einhalten. Wo wollen Sie denn das Geld hernehmen, das wir dringend für die Sanierungsmaßnahmen brauchen? Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihrem Antrag dazu ein paar Sätze sagen, wenn es denn nicht die Ausweitung der Lkw-Maut sein soll.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir sollten und müssen an dieser Stelle feststellen: Wir haben ausreichend Planungsreserven. Wir müssen bei Straßen.NRW sicherlich nachsteuern. Es braucht in manchen Bereichen mehr Ingenieure. Das gilt insbesondere für den Bereich Brückensanierung. Da haben wir zu wenige Ingenieure, die dieses wichtige Thema angehen können. Die Analysen sind aber alle gemacht. Wir wissen, dass wir über 300 sanierungs­bedürftige Autobahnbrücken in Nordrhein-Westfalen haben.
Für den Fall, dass Gelder möglicherweise wieder nicht genutzt werden können, sind wir jetzt als Land der DEGES beigetreten. Das heißt, wir können jetzt als Land Maßnahmen an externe Planungsbüros geben, damit hier keine Mittel verfallen.
Sollte das trotzdem noch mal der Fall sein, dann ist genau das richtig, was der Kollege Reiner Breuer eben gesagt hat, dann gilt: Wir müssen durchsetzen Überjährigkeit und verkehrsträgerübergreifende Nutzung von Mitteln.
Diese 40 Millionen € hätte man gut beim RRX nutzen können, bei den Maßnahmen, die hier dringend anstehen, beim Ausbau der Betuwe-Linie. Wir haben so viele Aufgaben im Bereich Schiene zu erledigen, dass man diese 40 Millionen da gut hätte reinstecken können.
Aber auch das ist Aufgabe der Bundesregierung, die Richtlinien entsprechend zu ändern: Überjährigkeit der Maßnahmen und verkehrsträgerübergreifend.
Ich bin sicher, wenn wir dieses Maßnahmenpaket miteinander schnüren, also wenn wir Straßen.NRW besser ausstatten, Planer einstellen und eine Überjährigkeit vereinbaren, dann werden die Mittel in den nächsten Jahren auch entsprechend genutzt werden, damit wir vernünftige Wege in Nordrhein-Westfalen haben, damit wir die Sanierungsmaßnahmen entsprechend vorantreiben und damit die notwendige Verkehrsinfrastruktur in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verbessert wird.
Wir werden auf jeden Fall nicht das machen, was Sie in Ihren Regierungsjahren gemacht haben: Straßen planen, Bauschilder aufstellen an Straßen, die nie gebaut werden, und die am Ende wieder einsammeln müssen und ein entsprechendes Defizit einfahren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nordrhein-Westfalen ist auf einem guten Weg. Ihres Antrages hätte es dafür nicht bedurft. Wir werden den trotzdem im Ausschuss diskutieren. Aber machen Sie erst mal in Berlin Ihre Hausaufgaben. Dann können wir das hier im Landtag wieder diskutieren. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Ich habe eine Minute Redezeit übrig. Ich will meine Ausführungen in drei Punkten zusammenfassen und mit einer Vorbemerkung starten.
Lieber Herr Kollege Voussem, es gab keinen Planungsstopp – auch wenn Sie das immer wieder versuchen –, sondern wir haben 2011 Projekte für 4,46 Milliarden € priorisiert. Sie werden entsprechend umgesetzt. Das ist absolut ausreichend.
(Beifall von Reiner Breuer [SPD])
Jetzt zu den drei Punkten. Ich habe erstens einen Vorschlag und ein Angebot an die CDU. Anstatt hier mit solchen Anträgen kurz vor der Kommunalwahl zu zündeln, lassen Sie uns zu dem Konsens zurückkehren, zusammen in Berlin für Nordrhein-Westfalen Druck zu machen, damit wir die entsprechenden Bundesmittel für Sanierung bekommen.
Hierbei entgehen uns in den nächsten vier Jahren 5 Milliarden €. Das habe nicht nur ich, sondern das hat auch Christof Rasche eben nachgerechnet. Opposition und Regierung sind sozusagen in diesem Fall einer Meinung. Wir brauchen dringend mehr Geld für Sanierung, damit wir die Straßen vernünftig erhalten. Das ist ein wichtiges wirtschaftspolitisches Thema. Da dürfen Sie von der CDU nicht versagen.
Zweitens. Sie haben uns eben gesagt, in Berlin werde ein guter Kurs bestritten. – Nein, man wünscht sich fast Herrn Ramsauer zurück. Wir hoffen, dass Herr Dobrindt endlich einmal in die Puschen kommt und uns vorstellt, wie der Sanierungsplan in den nächsten Jahren verfolgt werden und wie es bei der Lkw-Maut weitergehen soll. Die Daehre-Kommisison und die Bodewig-Kommission haben klare Antworten gegeben. Wir wollen jetzt die Antworten von Herrn Dobrindt haben.
Drittens. Ich halte fest: Wir von der SPD und den Grünen wollen nicht, dass Bundesmittel zurückgegeben werden müssen. Wir wollen alle Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir sie behalten können. Dafür muss Straßen.NRW flottgemacht werden. Dafür sind wir der DEGES beigetreten.
Damit sollte das wichtige Ziel, das Sie angeblich mit Ihrem Antrag verfolgen, dass keine Bundesmittel mehr zurückgehen, erreicht werden. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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