Arndt Klocke: „Natürlich wollen die Grünen nicht die eigenen vier Wände verbieten“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Einfamilienhaus

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Kollegen! Liebe Damen und Herren! Lieber Kollege Stephen Paul und natürlich auch lieber Kollege Hausmann von der CDU-Fraktion! Ich will zu Anfang meiner Rede die Bewertung vorlesen, die mir unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin zu diesem Antrag aufgeschrieben hat: Auch wenn der eigentliche Anlass des Antrags ist, die Grünen zu schmähen, sind die Inhalte insbesondere im Forderungsteil und im Beschlussteil alle richtig und wichtig. – Gucken Sie mal.

(Christof Rasche [FDP]: Die Einleitung war falsch! – Andreas Keith [AfD]: Arbeitet die noch bei Ihnen?)

– Die arbeitet noch bei uns. Ich bewerte das – ich habe mir das ja angeguckt – genauso.

Als Einstieg diente für die Kollegen von CDU und FDP eben das „DER SPIEGEL“-Interview von Toni Hofreiter. Aus dem würde ich gerne mit Erlaubnis der Präsidentin kurz zitieren. Toni Hofreiter sagte am 13. Februar 2021 in „DER SPIEGEL“:

Natürlich wollen die Grünen nicht die eigenen vier Wände verbieten. Die können übrigens sehr verschieden aussehen: Einfamilienhaus, Reihenhaus, Mehrfamilienhaus, Mietshaus. Wo was steht, entscheidet allerdings nicht der Einzelne, sondern die Kommune vor Ort.

Ich wüsste gerne mal von der FDP und vom Kollegen Paul, was dagegenspricht. Im Wahlprogramm der Grünen – es ist gerade in der letzten Woche im Entwurf vorgestellt worden – wird formuliert:

Wir Grüne unterstützen, dass Familien in ihren eigenen vier Wänden wohnen können. Deshalb fördern wir den Erwerb von Wohneigentum. Gegen die Wohnungsnot in den Ballungszentren, wo Wohnraum und Platz allerdings knapp sind und die Mieten gigantisch, fördern wir bezahlbare Mietwohnungen für alle. – Ich meine, da könnten sich eigentlich alle Fraktionen anschließen.

Die eigentliche Idee dieses „DER SPIEGEL“-Interviews bzw. der Kampagne nach dem „DER SPIEGEL“-Interview war ja, vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine bestimmte Stimmung zu schaffen. Das wurde vom Generalsekretär der CDU auch bei Twitter so kommentiert: Der Veggieday der Grünen im Jahre 2021 ist das Einfamilienhaus.

(Beifall von Matthias Kerkhoff [CDU])

Wenn man sich jetzt die Wahlergebnisse der Landtagswahl in Baden-Württemberg anguckt,

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

wo der grüne Ministerpräsident mit dem Rekordergebnis von 32 %,

(Christof Rasche [FDP]: Rheinland-Pfalz einstellig!)

also dem besten Landtagswahlergebnis, was die Grünen in ihrer 40-jährigen Geschichte in irgendeinem Bundesland eingefahren haben, wiedergewählt worden ist,

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

und in Rheinland-Pfalz die Grünen die Einzigen aus der Ampelkoalition gewesen sind, die zugelegt haben – die haben sich im Ergebnis verdoppelt –, muss man ganz klar sagen:

Lieber Kollege Christoph Rasche, mal ganz ehrlich. Überleg mal abends zu Hause: War das eine gute Kampagne, die sich für uns ausgezahlt hat? – Laut „DER SPIEGEL“-Umfrage und Infratest dimap erreicht die CDU 28 %, die Grünen 23 % und die FDP 9 %.

Wenn man überlegt „Hat uns diese Kampagne jetzt wirklich was mit Blick auf die Landtagswahlen gebracht?“, muss man ganz klar sagen: Diese Kampagne war ein absoluter Rohrkrepierer.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Grünen stehen stärker da als je zuvor. Liebe Leute, es ist nicht nur inhaltlich falsch, es ist sachlich falsch, und es war auch als Kampagne total ungeeignet. Sonst hätten die CDU und die FDP ja auch diese Wahlen …

Gut, in Baden-Württemberg hat die FDP ein bisschen besser abgeschnitten als vorher; in Rheinland-Pfalz hat sie deutlich verloren. Da hätte doch ein Furor der Eigenheimwilligen durchs Land gehen müssen, und die Grünen hätten weggeputzt werden müssen. Das Gegenteil ist bei den Landtagswahlen passiert.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Lieber Kollege Stephen Paul, als ich dir eben zugehört habe, war in der Rede auch viel Vernünftiges, zum Beispiel das Lob, was die Wohnbauförderung angeht. Wir haben die gemeinsame Enquetekommission; da war vor Kurzem der Gutachter von der FDP aus Berlin eingeladen, der sagte: Es gibt kein anderes Bundesland, in dem es seit 25 Jahren eine so gute Wohnraumförderung gibt wie in Nordrhein-Westfalen.

Hier gab es zehn Jahre einen grünen Bauminister. Hier gab es eine ganze Reihe von Jahren einen SPD-Bauminister, und jetzt gibt es eine CDU-Bauministerin. Die Wohnraumförderung in diesem Land ist gut.

Hier wurde aber eben das Bild gezeichnet: Ein Großteil der Menschen in Nordrhein-Westfalen wünscht sich ein Einfamilienhaus am Stadtrand mit eigener Garage und mit einem kleinen Garten.

Lieber Stephen Paul, ich meine es nicht böse, aber das ist so kitschig, dass ich denke, dazu müsstest du noch sagen: Und abends „Sissi“ im Fernsehen zu gucken, das ist mein größter Wunsch.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Ja!)

Das würde noch dazugehören.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich frage mich: Warum leben Millionen von Menschen in Städten? Wir sind ein Land mit vielen Ballungszentren.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Es gibt natürlich auch kleine Städte, und es gibt Mittelzentren etc., aber dass ein Großteil der Menschen am Stadtrand im kleinen Einfamilienhaus wohnen möchte, … Da haben wir Grüne eine andere, etwas realistischere Sicht von den Wohnungswünschen der Menschen;

(Zuruf von Wilhelm Hausmann [CDU])

die sind nämlich vielfältig. Es gibt auch viele Menschen, die gerne in Städten und in Mehrfamilienhäusern wohnen. Es gibt auch viele Menschen, die gern im Eigenheim, im Einfamilienhaus wohnen. Übrigens ist „Eigenheim“ nicht das Gleiche wie „Einfamilienhaus“: Man kann gut Wohneigentum erwerben und trotzdem in einem Mehrfamilienhaus wohnen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Zusammengefasst: Im Forderungsteil steht ganz viel Richtiges. Wenn ihr das heute hättet abstimmen lassen, hätten die Grünen sogar zugestimmt. Die Kampagne, die sich in den letzten Wochen gegen uns richtete – oder der Versuch der Kampagne; mehr war es ja nicht –, ist ziemlich nach hinten losgegangen.

Ich freue mich nach der Überweisung auf die Debatte im Ausschuss. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

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