Arndt Klocke: „Man muss das vorhandene Datenmaterial nutzen, um eine vernünftige Verkehrsstrategie zu entwickeln“

Antrag der Piraten-Fraktion zu Finanzierungsstrukturen im Öffentlichen Nahverkehr

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion der Piraten, ich würde Ihnen durchaus zustimmen, dass beim Blick auf die Verkehrsplanung die Strukturen der jeweiligen Kostenträger, der verschiedenen Verkehrsverbünde, der Bund-Länder-Kommunen-Finanzierung etc. doch recht unüberschaubar sind.
Jetzt scheint mir Ihr Antrag so ein bisschen nach folgendem Muster gestrickt zu sein: Wenn man alle Zahlen, die man so hat, irgendwie zusammenführt, in eine große Wundermaschine oben hineinwirft und das so richtig durchknetet, dann kommt unten ein gutes Gesamtverkehrskonzept heraus. – Das finde ich überhaupt nicht zielführend, aber möglicherweise kommen wir in der Ausschussdebatte noch darauf, dass doch etwas anderes dahintersteckt und dass wir möglicherweise doch zueinander kommen.
Es gab hier zum Beispiel von 1996 bis 2000 die Enquetekommission „Zukunft der Mobilität“, zu der auch ein sehr ausführlicher Abschlussbericht erschienen ist, welcher das neue Konstrukt der integrierten Gesamtverkehrsplanung enthielt. Ob uns diese sozusagen in jedem Punkt weitergebracht hat, ob das eigentliche Ziel, das dahintersteckte, nämlich den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu ermöglichen und zu fördern, letztendlich erreicht worden ist, möchte ich infrage stellen.
Alle Zahlen und Daten liegen vor. Wir haben einen Wissenschaftlichen Dienst und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das entsprechend zusammenstellen können. Es geht immer auch um die Frage der Schlussfolgerungen, die man zieht. Wir befinden uns gerade in der Debatte um die Aufstellung des neuen Bundesverkehrswegeplans und die Debatte um das ÖPNV-Gesetz. Dort wird konkret das, was wir an Zahlenmaterial und Erkenntnissen haben, zu einer Gesamteinschätzung oder -abwägung einfließen.
Sie wünschen sich zum Beispiel eine Offenlegung der Zahlen der Verkehrsverbünde. Das ist einerseits zwar wünschenswert, aber andererseits sind rechtlich gesehen nicht alle Betriebsergebnisse und Betriebszahlen veröffentlichbar. Die Nennung der Betriebsergebnisse war ein Grund, weshalb die Debatte um das ÖPNV-Gesetzes mehr Zeit in Anspruch genommen hat als eigentlich geplant. Wir haben nämlich die Daten aus den Unternehmen nicht bekommen, die wir eigentlich eher hätten haben wollen.
Durchaus stimme ich Ihrem Antrag grundsätzlich zu, dass Sie eine ehrliche Kostenbilanz beim motorisierten Individualverkehr, die gesellschaftlichen Folgekosten, die Kosten der Umwelt sowie Gesundheitskosten etc. haben wollen, sodass man darüber debattieren kann. Dabei handelt es sich aber lediglich um Einzelsegmente Ihres Antrags. Im Ausschuss müsste man noch einmal ausführlicher diskutieren.
Ich teile nicht die Einschätzung, die direkt auf der ersten Seite im ersten Satz auftaucht, dass die Verkehrssituation in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ausschließlich von der Zunahme des Autoverkehrs geprägt ist. Schaut man sich die Zahlen der Verkehrsverbünde sowie den SPNV und die konkreten Nahverkehrsunternehmen an, so haben wir – zum Beispiel in Köln – eine deutliche Zunahme der Fahrgastzahlen in den letzten Jahren. Zum Glück ist das so. Also bewegt sich nicht nur im Autoverkehr etwas, sondern wir haben klare Zuwächse beim ÖPNV und beim SPNV. Auch das prägt das Land und bezieht sich auf Schritte, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten gegangen worden sind. Damit meine ich zum Beispiel die Regionalisierung bei den Verkehrsunternehmen. Das, was wir schon vor fünf oder sogar zehn Jahren auf den Weg gebracht haben, greift hier in Form steigender Fahrgastzahlen.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Ihren Ansatz würde ich nicht von der Hand weisen wollen. Darüber müssen wir im Ausschuss noch einmal genauer diskutieren. Die Frage stellt sich: Welche Form gibt man dem? Sie können sich natürlich als Fraktion überlegen, ob Sie für den Landtag als Antrag aus der Piratenfraktion heraus eine neue Enquetekommission beantragen, die Sie als das Gremium nutzen möchten, in dem Sie verschiedene Ansätze und Zahlenmaterial zusammenführen wollen.
Dass wir aber neben der ÖPNV-Zukunftskommission vonseiten der Landesregierung eine weitere Kommission einrichten, in der Zahlen- und Datenmaterial zusammengeführt werden, halte ich für nicht unbedingt sinnvoll. Die Frage stellt sich, ob man das vorhandene Datenmaterial nutzt, um sowohl im Ausschuss wie auch im Ministerium eine vernünftige Verkehrsstrategie zu planen. Ich finde, dass uns genügend Zahlen vorliegen, die man für eine vernünftige Politik nur entsprechend verwenden und nutzen muss.
Oben stehen der Verkehrsträgermix und eine umweltfreundliche Verkehrsplanung. Wenn Sie auf dieser Schiene mit uns zusammen fahren wollen, befinden wir uns auf einer Linie und könnten das entsprechend unterstützen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

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