Arndt Klocke: „In den nächsten Jahren wird Nordrhein-Westfalen im Bereich Holzbau vorbildlich sein“

Landesbauordnung

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ja ein epochaler Tag heute hier im Plenum, nicht nur weil es kurz vor Weihnachten ist, sondern weil wir das ÖPNV-Gesetz verabschiedet haben, ein Gesetz, das lange in der öffentlichen Debatte war und auch lange hier im Haus in der Diskussion war, und wir heute auch zu der abschließenden Beratung der Landesbauordnung kommen, eines Gesetzes, das man nur alle paar Jahre angeht. Das letzte Mal war das im Jahr 2000 der Fall.
Wir haben uns jetzt allerdings vorgenommen, eher eine Evaluation durchführen zu können als das früher der Fall war, weil wir meinen, es ändern sich im Baubereich so regelmäßig substanzielle Dinge, dass man damit keine zehn, 15 Jahre warten muss und sollte.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen von Herrn Kollegen …
Arndt Klocke (GRÜNE): Ich habe gerade erst angefangen.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ja, aber das ist ja eine Möglichkeit. Sie entscheiden ja, ob Sie das zulassen oder nicht.
Arndt Klocke (GRÜNE): Ich lasse sie zu.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Sie kommt von Herrn Kollegen Kerkhoff. – Nein, wer sitzt denn da am falschen Platz? – Keiner. Ist jemand aus Versehen an den Knopf gekommen? – Umso mehr gilt Ihnen der Dank für die vorauseilende Zulassung der Frage.
Arndt Klocke (GRÜNE): Dann mache ich einfach weiter. Vielleicht ergibt sich das gleich noch einmal.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Die Redezeit bekommen Sie hintendran.
Arndt Klocke (GRÜNE): Lieber Kollege Hausmann, ehrlich gesagt war das jetzt sehr kurz gesprungen. Es war eine Mischung aus oppositioneller Rosinenpickerei und dem Versuch eines großen Wurfes, um der Landesregierung am Ende nachzuweisen, dass sie allgemein untätig ist. Ehrlich gesagt sind Sie meiner Ansicht nach viel zu schlau und viel zu sehr in der Materie, als dass dies Ihre Botschaft hätte sein können.
In den letzten Wochen und Monaten konnten wir bei vielen Verbändegesprächen und Podiumsdiskussionen sehr oft miteinander diskutieren. Selbstverständlich haben die die Landesregierung tragenden Fraktionen Anregungen aufgenommen.
(Zuruf von der CDU)
Ich bin jetzt seit sechs Jahren Parlamentarier und fand, ehrlich gesagt, die Anhörung zur Landesbauordnung Ende Oktober 2016 mit die sachlichste, substanziellste und informativste, die ich je erlebt habe. Natürlich haben wir noch zahlreiche Anregungen aufgenommen, auch in dem von uns jetzt vorgelegten Änderungsantrag.
Von keinem Verband wird uns vorgehalten, dass wir über jegliche Argumente hinweggegangen seien. Daher kann ich diesen Vorwurf nicht verstehen, und Sie müssten mir schon einmal Ross und Reiter nennen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es gibt Lob von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, von der Bauindustrie und insbesondere – gucken Sie mal in den „Pressespiegel“ von heute hinein – von den Behindertenverbänden und den Verbänden für Menschen mit Handicap. Diese Verbände loben, dass es in dieser Landesbauordnung im Vergleich zur gültigen auf jeden Fall einen Fortschritt gibt. Natürlich haben wir nicht alles aufgenommen, denn es waren auch Dinge dabei, die wir nicht als sinnvoll erachtet haben. Dennoch kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass es bei diesen über 30 Verbänden eine breite Stimmung im Land gibt, die sich in dem Motto zusammenfassen lässt: Wir haben das alles umsonst vorgetragen.
Drei Punkte, die aus meiner Sicht einen deutlichen Fortschritt gegenüber der bisherigen Bauordnung darstellen, will ich Ihnen nennen. Der erste Punkt ist das Bauen mit Holz – die Kollegin Philipp hat es eben angesprochen. Nordrhein-Westfalen ist bei diesem Thema, was die Rechtsgrundlage angeht, bislang bundesweit Schlusslicht; denn wir fallen selbst hinter die Musterbauordnung zurück.
Nordrhein-Westfalen ist ein Holzland und ein Holzbauland. Wir haben eine sehr aktive Wald- und Forstindustrie und könnten viel mehr an Holzbau genehmigen. Deswegen haben wir in der neuen Landesbauordnung mit den entsprechenden Brandschutzvorschriften, die demnächst – also nach der Übergangsphase – gelten werden, wirtschaftliche Möglichkeiten für mittelständische Betriebe aus Nordrhein-Westfalen für mehrgeschossigen Holzbau geschaffen. Das wird intensiv nachgefragt, und es gibt eine große Szene von Firmen und Verbänden, die ihre Interessen deutlich gemacht haben.
In den nächsten Jahren wird Nordrhein-Westfalen im Bereich Holzbau deutlich aufholen und vorbildlich sein. Das regelt die neue Landesbauordnung, und das ist somit ein deutlicher Schritt nach vorne.
(Beifall von den GRÜNEN)
Insbesondere über Sie von der CDU wundere ich mich, da Sie ja gerne die ländlichen Bereiche vertreten und uns aufgrund Ihrer guten Kontakte in die Forstwirtschaft bei anderen Themen eigentlich immer mit Informationen am Pult entgegenkommen. Herr Hausmann, in Ihrer Rede war nichts davon zu finden. Welchen Stellenwert hat das Thema „Bauen mit Holz“ für die CDU? – Diesbezüglich sind Sie jede Antwort schuldig geblieben.
(Beifall von den GRÜNEN)
– Von Herrn Schemmer lasse ich dieses Mal keine Zwischenfrage zu. Das mache ich immer, aber das bringt nie etwas, und deswegen mache ich es dieses Mal nicht.
Herr Hausmann, der zweite Punkt betrifft ebenfalls Ihre Rede, wonach wir ein Hemmschuh der Bauindustrie sind und hier also nichts passiert. – Gegen diese Sichtweise sprechen wirklich alle Zahlen. Nordrhein-Westfalen ist deutscher Meister im sozialen Wohnungsbau. Im letzten Jahr haben wir 40 % mehr genehmigte Bauanträge gehabt. In diesem Jahr sind fast 150 % der Förderprogramme schon verausgabt. Bei der Wohnraumförderung haben wir ja von 800 Millionen € auf 1,1 Milliarden € aufgestockt. Dieses Geld wird auch ausgegeben. In den letzten Jahren wurden noch nie so viele Wohnungen gebaut, wie jetzt. Deswegen geht Ihr Vorwurf in die Leere.
Auf der einen Seite verlangen Sie in Ihrer Rede ein, dass der Hemmklotz weg muss, und auf der anderen Seite fordern Sie mehr Sicherheit. Sie müssen sich schon mal entscheiden! Entweder sind es einem zu viele Vorschriften, oder es sind einem zu wenige. Wenn Ihnen der Sicherheitsaspekt so wichtig ist, frage ich mich, warum Sie in Ihrem Änderungsantrag den Freistellungsbescheid fordern, den wir jetzt vor dem Hintergrund von baustatischer Sicherheit gegenüber der gültigen Bauordnung bewusst rausnehmen. Das ist für mich ein Widerspruch, und ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum Sie das zum Thema machen.
Drittens komme ich zur Frage der Stellplätze. Wenn mich in den letzten Jahren ein Thema ereilt hat – auch als verkehrspolitischer Sprecher –, dann ist es die Unzufriedenheit mit der Regelung zur Stellplatzverordnung in der jetzigen Landesbauordnung. Es wird so zahlreich …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich muss Sie noch mal unterbrechen, Herr Kollege. Diesmal ist es Herr Kollege Hausmann. Hat der bessere Karten?
Arndt Klocke (GRÜNE): Der hat bessere Karten.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Okay. – Herr Kollege.
Wilhelm Hausmann (CDU): Herr Kollege! Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sehen Sie in unserem Antrag vielleicht auch, dass wir den qualifizierten Bauleiter gefordert und damit den Verbraucherschutz thematisiert haben?
Gerade bei der Genehmigungsfreistellung gibt es die offene Lücke, dass oft etwas gebaut wird, was in den Planunterlagen nicht drin stand. Dieses Problem soll in Zukunft mit jemandem, der eine Berufshaftpflichtversicherung hat und somit gegenüber dem Bauherrn, dem Verbraucher, unterschreibt, verbindlich geregelt werden. Deshalb möchte ich Ihnen diese Frage stellen, die zu dem Punkt passt, den Sie eben erwähnt haben.
Arndt Klocke (GRÜNE): Das habe ich gesehen. – Dennoch verstehe ich nicht, warum Sie trotzdem dafür plädieren, den Freistellungsbescheid beizubehalten. Dann hätten Sie auch auf unserer Seite anerkennen können, dass wir nach der Anhörung die Frage des Vieraugenprinzips bei der Bauabnahme mit aufgenommen haben. Dieses ist bei der Anhörung vonseiten der Bauindustrie mehrfach thematisiert worden.
Jetzt würde ich gerne auf die Stellplatzverordnung zu sprechen kommen. Zukünftig erlauben wir es den Kommunen, selbst darüber zu entscheiden. Wir geben das nicht mehr von Landesseite vor, sondern die Kommunen haben es in Zukunft in der Hand, individuelle Lösungen für die örtlichen Problemlagen zu finden. In der Abwägung finde ich das ehrlich gesagt überzeugend. In Zukunft kann der Stadtrat von Münster mit einer individuellen Satzung, die er sich geben wird, entscheiden, wie er bei Baugebieten mit der Stellplatzfrage umgeht. Er muss das nicht wie bisher mit einer landesweiten Liste tun. Wir geben diese Entscheidungskompetenz in die Kommunen.
Von Parteien, die sonst immer gerne vorgeben, die Interessen der Kommunen zu vertreten, hätte ich mir an dieser Stelle mehr Unterstützung erwartet. Das ist ein Schritt zu mehr kommunaler Souveränität. Außerdem glaube ich, dass es auch verkehrspolitisch ein richtiger Schritt ist, weil man damit die Veränderung im Mobilitätsverhalten – insbesondere ein Stück weg vom MIV und vom Privat-Pkw und hin zu mehr Fahrradverkehr – individuell unterstützt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der letzte Punkt betrifft aus meiner Sicht die Frage der Inklusion. Hier haben wir eine Quote von neun. Sie kritisieren das. Da wären wir sozusagen im Suchflug. Wir haben das entsprechend nachjustiert, weil wir nach der Anhörung ausgewertet haben und glauben, mit unserem jetzigen Vorschlag – jede achte Wohnung – näher an der Realität zu liegen.
Das Entscheidende aber ist das, was die Kollegin Philipp angesprochen hat, dass wir in Zukunft landesweite Zahlen darüber haben, was an rollstuhlgerechten Wohnungen in Nordrhein-Westfalen notwendig ist. Es war, ehrlich gesagt, auch eine überraschende Situation für mich, in der Anhörung zu erfahren, dass selbst die Sozialverbände hier keine validen Zahlen nennen konnten.
Es ist die Zukunftsaufgabe, dass die Kommunen angehalten sind – wie wir das jetzt mit dem Änderungsantrag deutlich machen –, in Zukunft klares Zahlenmaterial zur Planung vorzulegen. Das ist für uns alle, die auch kommunale Verantwortung haben, eine wirklich dringende Notwendigkeit, um im Baubereich besser planen zu können.
Auch vor dem Hintergrund einer Evaluation, die wir vorschlagen, mag es sein, dass wir in der nächsten Legislaturperiode zu der Ansicht kommen, dass diese Neunerquote, die Sie jetzt kritisieren, möglicherweise doch nicht die richtige ist. Dann kann man das entsprechend nachjustieren. Ich glaube aber, zum jetzigen Zeitpunkt ist es der richtige Vorschlag.
Ich sehe, dass die Redezeit zu Ende ist. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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