Arndt Klocke: „Für mich gehört ebenfalls zur Heimatförderung, dass man auch Projekte zur queeren Geschichte, Frauengeschichte, Migrationsgeschichte fördert“

Zum Antrag de Fraktionen von CDU und FDP zum Heimatförderprogramm

Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzter Tagesordnungspunkt „Heimatförderung“ – Sie sehen hier einen Grünen vor sich, der mit diesem Thema groß geworden ist. Mein Vater war über 30 Jahre Vorsitzender des örtlichen Heimatsvereins in Vlotho im Kreis Herford und im Westfälischen Heimatbund aktiv. Ich bin mit Wanderungen, Denkmalpflege, Müllsammelaktionen, Wasserradrettungsaktionen etc. groß geworden. Das heißt, ich habe einen Bezug dazu. Es hat mir nicht immer alles gefallen. Nicht jede 30-Kilometer-Wanderung im Siebengebirge war direkt meins. Trotzdem habe ich den Sinn hinter der Reihe von Programmpunkten, die Landesregierung angelegt hat, durchaus verstanden

Ich denke, es ist – je nach Ausgang der Landtagswahl, je nachdem wer da miteinander verhandelt, in der nächsten Legislaturperiode unsere Aufgabe, gezielt zu gucken, wie man ein solches Programm weiterführt. Wir haben im Ausschuss eine Reihe von Anregungen gegeben, die leider abgelehnt worden sind. Wir haben zum Beispiel einen Antrag zum Thema „lebenswerte Quartiere“ ausgearbeitet, der einen anderen Aspekt aufgerufen hat. Denn Heimatförderung kann auch das bedeuten. Aus meiner Sicht muss sie nämlich mehr sein, als an einer Fahrbahn in Südlohn ein Schild anzubringen, oder an der großen Heimateiche im Sauerland die Beschilderung zu erneuern, auch wenn das nicht falsch ist. Das kann man alles machen. Trotzdem stellt sich für mich bzw. für uns als Grüne die Frage, ob beispielsweise auch das Frauenmuseum in Bonn gefördert würde oder ob Marianne Pitzen einen Heimat-Scheck bekäme, wenn sie eine große Ausstellung zum Thema „Frauengeschichte im Rheinland“ auf den Weg bringen würde.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Nach den jetzigen Förderkriterien und nach der Art und Weise zu urteilen, wie im Ministerium damit umgegangen wird, wohl nicht. Wir als Grüne würden uns das wünschen, weil die feministische Geschichte auch Heimat ist. Das könnte man ergänzen.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Ich würde mich noch etwas fragen. Wir haben in wenigen Wochen in Münster ein historisches Jubiläum – jetzt mögen Sie stutzen –:

(Josefine Paul [GRÜNE]: Jetzt kommt es!)

Am 29. April 1972 fand auf dem Prinzipalmarkt in Münster die erste Homosexuellendemonstration in Deutschland überhaupt statt.

Es wird mit einer großen Feierstunde im historischen Rathaus in Münster gewürdigt. Für mich gehört es ebenfalls zur Heimatförderung, dass man auch Projekte zur queeren Geschichte, Frauengeschichte, Migrationsgeschichte, Geschichte der Menschen, die zu uns gekommen sind

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

– es hat zahlreiche Ausstellung vom DOMiD e. V. und anderen Migrantenverbänden gegeben; wir haben eine 60-jährige Zuwanderungsgeschichte – fördert. Wenn man diese Heimatförderung überarbeitet, empfinde ich, dass dies dazugehören sollte. Meine Fraktion würde das mit Sicherheit über entsprechende Verhandlungen in ein neues Regierungsprogramm mit einbringen wollen.

Zum Ende! Ich will jetzt keine großen Danksagungen machen. Für mich und für einen grünen bzw. eine grüne Abgeordnete dieser Fraktion ist es die letzte Rede in dieser Legislatur. Was für mich aus dieser Legislaturperiode bleibt – für die grünen Abgeordneten war es eine Zeit in der Opposition – und mir wirklich nachhaltig, auch positiv in Erinnerung – das klingt so, als wäre es schon durch – bleibt und mich auch in der Arbeit getragen hat, war, dass hier vier Fraktionen, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes und unserer Landesverfassung stehen und demokratische Werte miteinander teilen, bei allem inhaltlichen Streit auch vieles an inhaltlichen Punkten miteinander getragen haben – bei der Abstimmung von Anträgen, im gemeinsamen Vorgehen und auch beim Tragen einer demokratischen Perspektive für dieses Land.

Das hat sich in den letzten fünf Jahren entwickelt. Das musste sich entwickeln, weil eine Fraktion, die hierhergekommen ist, leider einen ganz anderen Geist in dieses Haus gebracht hat. Das hat aber andere Fraktionen zusammengeschweißt.

(Andreas Keith [AfD]: Ja! Dafür können Sie sich mal bedanken!)

Das ist das, was bei mir sozusagen als sehr positiver Aspekt hervorsticht, und das würde ich mir auch für die nächsten fünf Jahre sehr wünschen, unabhängig davon, welche Parteifarbe regiert.

Eine persönliche Bemerkung zum Abschluss – ich habe noch 30 Sekunden –: Als ich als ganz junger Mann, Schüler, gerade Abitur gemacht, zu den Grünen im Kreis Herford gegangen bin, gab es damals schon einen sehr engagierten FDPler. Der war im Kreis Herford schon eine richtige Nummer. Das war Stephen Paul, den ich erst hier in der Landtagsarbeit kennengelernt habe.

Bei aller inhaltlicher Unterschiedlichkeit – wir haben uns bei einer Reihe von wohnungspolitischen Punkten richtig gestritten – habe ich die persönliche Zusammenarbeit mit dir, unsere Treffen in der Heimatregion, in der Eisdiele „Corona“ in Vlotho zum Beispiel, sehr geschätzt.

(Heiterkeit von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich wünsche dir auf deinem künftigen beruflichen Weg, der in eine interessante und gute Richtung führt, alles Gute, und uns viele weitere Begegnungen. Allen anderen Anwesenden wünsche ich einen guten Abend und alles Gute für den Wahlkampf. Ich hoffe, wir – jedenfalls viele – sehen uns in der nächsten Legislaturperiode wieder. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)