Arndt Klocke: „Es wird nicht ausreichen, dass unser Verkehrsminister Fahrrad fährt“

Antrag der SPD-Fraktion für eine nachhaltige Verkehrswende

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Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Voussem, lieber Kollege Middeldorf! Wenn man sich am Sonntag das landespolitische Magazin „Westpol“ des WDR und die Noten für das erste Jahr schwarz-gelber Verkehrspolitik und für den Verkehrsminister angeschaut hat, wäre ich ein bisschen – wenigstens ein bisschen – zahmer, was die vollmundige Rhetorik heute betrifft, denn die Verkehrspolitik scheint so ziemlich mit auf dem letzten Platz zu liegen, was die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger nach einem Jahr Schwarz-Gelb betrifft.
(Zustimmung von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Zumindest beim nordrhein-westfälischen Bürger ist noch nicht angekommen, was Sie hier an tollen Projekten seit einem Jahr umsetzen.
(Bodo Middeldorf [FDP]: Besser als bei Ihnen!)
Mag sein, dass die Bürger das alles nur nicht verstanden haben, was Sie, Herr Middelhoff, hier verkünden. Die Umfragewerte waren auf jeden Fall ausgesprochen miserabel.
Jetzt aber zum Thema des SPD-Antrages, lieber Kollege Carsten Löcker. Die Kritik, die du dir eben anhören musstest, betrifft ja eigentlich nur die GRÜNEN. Ansonsten, was ideologische Verkehrspolitik betrifft, muss ich sagen, wenn ich mir den Antrag ansehe: Darin stehen sehr viele Maßnahmen, die wir in der letzten Legislaturperiode in zweieinhalb Jahren sehr intensiver ÖPNV-Enquete-Kommissionsarbeit damals fraktionsübergreifend mit den Piraten zusammen verabredet haben.
(Guido van den Berg [SPD]: Das stimmt, das haben Sie alles reingeschrieben!)
Das war vor der Zeit von Herrn Middeldorf; da hat er noch im Kreistag gesessen und dort seine vollmundigen Reden gehalten. Aber zumindest Kollege Voussem hätte noch wissen können, dass von den etwa 22 Maßnahmen, die – –
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
–  Ich bin beim Kollegen Höhne heute ganz gespannt. Ich habe heute wenig gesprochen, aber es gelingt mir immer, ihn aus der Reserve zu locken. Damit muss mir heute ja ein Kunststück gelingen.
(Beifall von der FDP – Henning Höne [FDP]: In der Reserve bin ich nicht!) (?)
Von den 22 Maßnahmen, die aufgeführt sind, sind mindestens 20 fraktionsübergreifend in der Enquete-Kommission verabredet worden. So ideologisch kann es ja nicht sein, jedenfalls war es in der letzten Legislaturperiode noch mit FDP und CDU common sense. Diejenigen, die in der Enquete-Kommission waren, wissen das auch.
Was mir in dem Antrag fehlt, liebe SPD und lieber Kollege Carsten Löcker, ist mir dann doch etwas zu sehr SPNV- und ÖPNV-konzentriert.
(Carsten Löcker [SPD]: Das stimmt, das gebe ich zu!)
Vieles im Bereich Elektromobilität – die Fragen Verkehrsmix, Mobilitätsmix, Mobilitätsstationen, Verzahnung von Verkehrsträgern, Fahrrad, Elektromobilität, auch beim Fahrrad, etc. – kommt leider überhaupt nicht vor. Wir werden das im Ausschuss beraten, aber unter der Überschrift „Nachhaltige Verkehrspolitik“ hätte ich mir schon einige Kapitel mehr erwartet, als auf zwei Seiten ÖPNV-Vorschläge zu machen. Sie sind zwar richtig, aber sie sind nicht hinreichend, wenn man den ganzen Bereich, auch der Mobilitätswende, diskutieren möchte.
(Guido van den Berg [SPD]: Wir wollten Euch auch noch etwas überlassen!)
–  Ja, es ist ja gut. Wir werden uns ja heute zur Überweisung verabreden.
Was mir ebenfalls nicht klar geworden ist – das ist das Einzige, bei dem ich dem Kollegen Middeldorf von der FDP recht geben würde –: Bei dem Vorstoß im kostenfreien ÖPNV, der auf der ersten Seite erwähnt wird, ist mir, ehrlich gesagt, nicht ganz klar, in welche Richtung Ihr wollt: Ist das eine Unterstützung des Vorschlags der Bundesregierung, oder ist es eine Kritik? Ist es entsprechend aufgeführt?
Was mir an dem Antrag gut gefallen hat, ist, dass es eine klare Unterstützung für Hardware-Nachrüstungen gibt.
(Carsten Löcker [SPD]: Ich habe Kritik daran geübt!)
Wir hoffen, dass unsere neue Bundesumweltministerin, die lange diesem Haus angehört hat, dies in Berlin stärker zum Thema macht, denn wir hatten hier vor drei Wochen eine gemeinsame Anhörung zum Antrag der GRÜNEN und der SPD zum Thema Mobilität, Dieselfahrzeuge und saubere Innenstadtluft.
Hier saßen alle Expertinnen und Experten. Bis auf den VDA-Vertreter haben alle, die hier saßen – Städte- und Gemeindebund, ADAC, Industrie- und Handelskammern, VCD etc. –, die Frage der Hardware-Nachrüstung unterstützt. Der Ministerpräsident kneift in der Frage, weil er das nachplaudert, was hier die Automobilindustrie zum Besten gibt. Der VDA-Vertreter war der Einzige, der hier ausgeschert ist. Also, da klare Unterstützung von grüner Seite.
Fahrverbote verhindern zu wollen, das wird ja das große Thema sein, was hier demnächst ansteht. Lieber Herr Verkehrsminister Hendrik Wüst, wir sind aus der Debatte noch nicht heraus. Der Luftreinhalteplan Düsseldorf wird jetzt erarbeitet, und die große Frage wird doch sein: Wie kann verhindert werden, dass wir zu Fahrverboten kommen? Das wird die nächste große Debatte sein, die im Herbst hier ansteht.
Ich bin sehr gespannt, nachdem, was die Kollegen von CDU und FDP hier eben angekündigt haben, große wolkige Maßnahmenpakete. Wenn ich mit unseren Kommunalvertretern in Köln, in Düsseldorf, in Wuppertal, in Essen spreche, dann wissen die aber noch nichts davon. Die Gelder sind in Berlin zur Verfügung gestellt, aber was davon abgerufen und vor Ort konkret eingesetzt wird, das ist eine ganz andere Melodie. Das wird eine Debatte, die wir hier im Landtag zu führen haben. Da muss der Verkehrsminister Farbe bekennen.
Ich habe mich heute Morgen gefreut, als ich aus meinem Bürofenster gesehen habe, dass er mit dem Fahrrad gekommen ist, auch mit Fahrradhelm.
(Carsten Löcker [SPD]: Er wollte den Stau umfahren!)
Das ist durchaus vorbildlich. Doch es wird nicht ausreichen, dass unser Verkehrsminister Fahrrad fährt,
 (Zuruf von Minister Hendrik Wüst)
sondern es müssen viele andere Menschen motiviert werden, den Verkehrsträger zu wechseln. Das mögen Sie von der FDP ideologisch finden. Wir halten das für die logische Konsequenz.
Ich habe gestern noch mit CURRENTA zusammengesessen, einem der wirklich großen Unternehmen hier in diesem Land, und der Geschäftsführer sagte sehr klar: Wir wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, das Auto stehen zu lassen. Wir werden alles tun, zum Beispiel über ein Jobticket und über mehr Fahrradmöglichkeiten, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Verkehrsträger wechseln. Da kann man das Unternehmen hier nur unterstützen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei der FDP, die angeblich so wirtschaftsnah ist, ist das noch nicht angekommen. Wir von grüner Seite unterstützen das. Ich bin gespannt auf die Debatte zu diesem Antrag im Ausschuss. Im Antrag steht nicht viel Falsches, aber es fehlt Einiges. Vielleicht können wir helfen, dass noch ein paar Punkte aufgenommen werden.
(Carsten Löcker [SPD]: Ja, gern!) Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Carsten Löcker [SPD]: Aber Sie wissen ja schon alles!)

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