Arndt Klocke: „Es ist weder wirtschaftlich noch klimapolitisch zu rechtfertigen, dass von Düsseldorf nach Frankfurt jedes Jahr 3.000 innerdeutsche Flüge stattfinden“

Antrag der "AfD"-Fraktion zu Stärkungspakt für Flughäfen

Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich eben bei der Rede des AfD-Abgeordneten gefragt, was wohl die NRW-Flughafenchefs, mit denen man sich ja regelmäßig austauscht, über einen solchen Antrag denken mögen – Herr Schnalke, Herr Vanneste, Herr Mager oder Herr Schwarz. Sie hätten wahrscheinlich aus bürgerlicher Wohlanständigkeit milde gelächelt und zugehört, ihn aber nicht ernst genommen.
(Zuruf von Christian Loose [AfD])
Die Flughäfen sind doch längst viel weiter als das, was Sie uns da mit Ihren 70er-Jahre-Anträgen vorlegen. Die Flughäfen haben längst verstanden, dass man umsteuern muss, sie setzen auf Klimafreundlichkeit und sind bereit, über Sachen nachzudenken.
(Helmut Seifen [AfD]: Setzen sie auf Segelflüge?)
Ich habe letztes Jahr lange mit Herrn Vanneste beim KlimaDiskurs.NRW diskutiert. Er, der Kölner Flughafenchef, ist ein wirklich moderner Denker.
Für das, was Sie uns hier bieten, ist „50er Jahre“ noch eine freundliche Umschreibung
(Christian Loose [AfD]: Eben waren es noch die 70er Jahre!)
Das gleiche gilt auch für den Düsseldorfer Flughafenchef und andere. Sie wissen ganz genau, dass sie mit den alten Konzepten nicht weiterkommen.
Wir befinden uns aufgrund der Coronakrise jetzt natürlich in einer schwierigen Situation. Vielleicht mag es überraschen, aber ich als Grüner finde es richtig und vernünftig, dass die Landesregierung den Flughäfen mit Krediten und Bürgschaften hilft und auch die Regionalflughäfen unterstützt, weil man diesen für ihr wirtschaftliches Überleben derzeit keine Steine in den Weg legen sollte.
Seit vielen Jahren wissen wir, dass die nordrhein-westfälischen Regionalflughäfen wirtschaftliche Probleme in unterschiedlichen Schattierungen haben und dass möglicherweise nicht alle zukunftsfähig sind und überleben werden. Trotzdem finde ich als Grüner es richtig, sie jetzt zu unterstützen, damit sie durch diese schwierige Zeit kommen.
Die interessante Frage für die Zukunft – und das sind nicht irgendwelche AfD-Anträge – hat Hendrik Wüst in den nächsten Monaten mit einem NRW-Luftverkehrskonzept zu beantworten.
Dieses ist überfällig, und es wird darauf gewartet. Es ist eine wichtige Rahmensetzung für dieses Land, für die Weiterentwicklung der Flughäfen in diesem Land. Wir alle dürfen gespannt sein, und wir werden es interessiert zur Kenntnis nehmen. Wir werden darüber im Ausschuss debattieren und dazu sicherlich eine Anhörung durchführen. Das ist eine interessante Weichenstellung für dieses Land – und nicht das, was Sie sich in Ihrem Antrag zusammengeschrieben haben.
Mittlerweile ist es doch so, dass die großen Flughafenchefs und Herr Spohr von der Luft-hansa, Airlinechefs, ganz klar sagen, dass innerdeutsche Flüge für sie für die Zukunft übehaupt kein wirtschaftliches Geschäftsmodell darstellten. Wir brauchen eine gut ausgebaute Bahn, damit es Alternativen zu innerdeutschen Flügen gibt.
Schauen Sie sich die Strecke von Berlin nach München an. Mit der neuen Ausbaustufe ist man mit dem ICE genauso schnell oder schneller, als wenn man auf einen innerdeutschen Flug setzt. Das ist für die Lufthansa auch gut und klar. Sie setzt auf Transkontinentalverbindungen und europäische, aber nicht auf innerdeutsche Verbindungen.
Es ist weder wirtschaftlich noch klimapolitisch zu rechtfertigen, dass von Düsseldorf nach Frankfurt jedes Jahr 3.000 innerdeutsche Flüge stattfinden.
(Zuruf von Markus Wagner [AfD])
–  Da können Sie noch so mit dem Kopf schütteln.
(Helmut Seifen [AfD]: Da gebe ich Ihnen doch recht!)
–  Sie halten sich doch für intelligent. Sie haben sich heute als Schulleiter ausgegeben, der Sie angeblich mal waren. Was sagt ein ehemaliger Schulleiter denn dazu, dass wir 3.000 innerdeutsche Flüge von Düsseldorf nach Frankfurt haben?
(Helmut Seifen [AfD]: Schmähen Sie doch nicht so!)
Sie können hier am Düsseldorfer Flughafen in einen ICE einsteigen und sind in 1:15 Stunden am Frankfurter Flughafen.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD]) Das ist völlig überflüssig.
(Beifall von den GRÜNEN – Helmut Seifen [AfD]: Da haben Sie recht!) Wissen Sie, wie viele Worte sich dazu im AfD-Antrag finden? – Kein einziges.
(Markus Wagner [AfD]: Was hat das mit der Luftverkehrssteuer zu tun? – Nichts!)
Das sind Themen, die Sie überhaupt nicht interessieren, weil das in Ihre seltsame Ideologie von irgendwelchen Grünlingen – das haben wir uns eben von Herrn Blex angehört –, von Klimalügen und Gängelung der Gesellschaft überhaupt nicht hineinpasst.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Das sind aber die Themen, die die Gesellschaft und die Airlinechefs interessieren. Das sind die Themen, die die Menschen umtreiben.
(Helmut Seifen [AfD]: Sie sind der Feldwebel dieses Landes!)
Dazu sagen Sie kein Wort. Sie wollen hier schließlich irgendwelche seltsamen Raster bedienen, die überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun haben.
Ich komme zur Frage der Luftverkehrssteuer. Ich war noch nie ein Freund dieser originären Luftverkehrssteuer. Es müsste beim Luftverkehr eine vernünftige Klimaabgabe geben, die
(Christian Loose [AfD]: Es gibt doch schon CO2-Zertifikate, Herr Klocke!) klimaschädliches Reisen entsprechend besteuert.
Erklären Sie uns doch mal, warum es keine Kerosinbesteuerung in diesem Bereich gibt? Alle Mobilitätsarten werden über eine Mehrwertsteuer belastet.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Es ist gut, dass die Bundesregierung entschieden hat, die Mehrwertsteuer bei Bahnreisen abzusenken. Aber warum gibt es nicht bei Kerosin eine vernünftige Besteuerung?
(Zuruf von Christian Loose [AfD])
Das ist doch überhaupt nicht nachzuvollziehen. Und Sie wollen jetzt auch noch die Luftverkehrssteuer weghaben. Das ist doch steuerpolitisch absoluter Quatsch.
Natürlich ist uns allen klar – jedenfalls allen demokratischen Fraktionen –, dass wir klimaschädliches Verhalten stärker besteuern und umweltfreundliches Verhalten steuerlich entlasten müssen.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Deswegen können wir natürlich Flüge nicht günstiger besteuern, als es heute der Fall ist. Das ist glasklar. Das ist in der Wissenschaft allen Menschen, die klaren Denkens sind, klar.
(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])
Die vier anderen Fraktionen hier teilen diese Auffassung, und es ist inhaltlich einfach überhaupt nicht nachvollziehbar, warum Sie die Luftverkehrsteuer weghaben wollen.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Wenn Sie sie weghaben wollen, sagen Sie uns doch, was an die Stelle kommen soll. Da braucht es eine vernünftige Luftverkehrsabgabe, die klimapolitisch steuert.
(Christian Loose [AfD]: Es gibt doch schon CO2-Zertifikate, Herr Klocke! – Weitere Zurufe von der AfD – Glocke)
Aber das wollen Sie ja nicht, weil es in Ihr Märchenreich der Gesellschaft überhaupt nicht hineinpasst, Herr Loose.
(Christian Loose [AfD]: Das ist doch albern! Sie haben doch keine Ahnung von dem Thema!)
–  Ich mache das seit zehn Jahren, und im Gegensatz zu Ihnen sitze ich alle paar Monate oder Wochen mit Lufthansa, mit …
(Christian Loose [AfD]: Gibt es jetzt die CO2-Zertifikate oder nicht? – Weitere Zurufe von der AfD)
–  Sie sind seit drei Jahren im Parlament. Sagen Sie mir doch, ob Sie ein einziges Mal mit einem Flughafenchef in Nordrhein-Westfalen oder mit einem Airlinechef zusammengesessen haben.
(Christian Loose [AfD]: Gibt es die CO2-Zertifikate oder nicht? – Weitere Zurufe von der AfD)
Ich sage Ihnen: Die wollen gar nicht mit Ihnen reden, weil sie mit Rechtsextremen eben keine Gespräche führen. Das ist der Fall.
(Beifall von den GRÜNEN und Susana dos Santos Herrmann [SPD])
Ansonsten belegen Sie mir doch mal die Termine, die Sie da gehabt haben. Sie kennen doch noch nicht einmal die Namen der Airlinechefs in diesem Land. Und dann legen Sie solche Anträge vor. Das ist doch hochpeinlich!
(Christian Loose [AfD]: Die CO2-Zertifikate gibt es längst, Herr Klocke! Das war die Aussage!)
Der einzige Grund, weshalb Sie hier solche Anträge stellen, ist, damit Sie für Ihren Stream und Ihr Video-Dings die entsprechenden Stichworte liefern, die Sie dann über den Äther schicken. Das ist der einzige Grund für diese Anträge. Das hat inhaltlich null Substanz, es hat keine Zukunft, es gibt keine klare Aussage.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Und damit belästigen Sie uns und ziehen die Sitzung des Parlaments in die Länge. Das ist der einzige Hintergrund.
(Heiterkeit von der SPD – Christian Loose [AfD]: Das ist doch dasselbe mit Ihren Anträgen! – Unruhe)
Zusammengefasst: Wir sind gespannt auf das neue Luftverkehrskonzept der Landesregierung und die Aussagen darin. Ich bin durchaus guter Hoffnung, dass darin ein paar vernünftige Dinge stehen werden.
Ich halte es für richtig, dass man die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen dabei unterstützt, diese schwierige Situation durchzustehen. Und ich bin auch guter Hoffnung, dass viele vernünftige Kräfte dabei sind, die wissen, dass zukunftsgerechtes Reisen auch Luftverkehr bedeutet. Es gibt einfach Strecken, die mit anderen Transportmitteln nicht zu überwinden sind.
Wir werden weiterhin Flugverkehr haben, und der muss auch stattfinden können und dürfen. Er muss nur steuerlich so ausgestattet sein, dass man klimafreundliches Reisen unterstützt und anderes Reisen stärker besteuert. Das wäre eine vernünftige Forderung.
In Ihrem Antrag findet sich dazu Nullkommanichts. Deswegen werden wir ihn auf jeden Fall ablehnen, im Ausschuss aber gerne noch mal darüber diskutieren. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. Sie haben wahrscheinlich ebenfalls gesehen, dass eine Kurzintervention angemeldet wurde, und zwar wiederum von Herrn Abgeordneten Loose. – Sie haben das Wort.

Christian Loose (AfD): Danke. – Frau Präsidentin! Herr Klocke, Sie sprachen vom Wettbewerb zwischen deutschen Flügen und der Deutschen Bahn. Warum wird dann aber die Luftverkehrssteuer besonders bei internationalen Flügen sehr hochgeschraubt? Denn dort sind die Steuersätze am höchsten. Aber da gibt es doch gar keinen Wettbewerb mit der Deutschen Bahn.
Das ist ja das Hirnrissige an dieser Steuer. Es werden die bestraft, die überhaupt nicht im Wettbewerb stehen. Sie stehen nur im Wettbewerb mit anderen Flughäfen in Nachbarstädten. Von Ihnen wurde mal wieder einfach nur das Bild des bösen Flugverkehrs heraufbeschworen.
Womit wird eigentlich die Deutsche Bahn betrieben? – Mit Strom, und zwar auch dann, wenn die Sonne nicht scheint, und auch dann, wenn der Wind nicht weht – also mit konventionellem Strom. Und dieser „graue“ Strom ist nach Ihrer Rechnung ja auch immer böse.
Aber werfen wir auch mal einen Blick auf die Lärmbelastung der Bürger. Wie viele Menschen leiden denn unter einer Lärmbelastung von 65 dB oder mehr?
(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ach so! Ja!)
In den Ballungsräumen in NRW sind laut Antwort auf eine Anfrage des Kollegen Jörg von der SPD 1.800 Menschen von Fluglärm belästigt. Beim Bahnlärm sind es 191.000 Menschen, also mehr als das Hundertfache im Vergleich zum Flugverkehr.
Wenn Sie alle Dinge betrachten wollen, müssten Sie natürlich auch die Lärmbelästigung der Bürger betrachten. Das tun Sie nicht. Sie schauen nur verquer auf irgendeinen komischen Klimaschutz, den Sie damit gar nicht erreichen, weil es auch keinen Wettbewerb mit der Bahn gibt. Die Bahn fährt schließlich nicht nach New York, sondern dorthin fliegt nur das Flugzeug.
–  Vielen Dank.
(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Herr Kollege Klocke möchte antworten. Bitte schön.

Arndt Klocke (GRÜNE): Ich habe Ihnen ja schon in meiner Rede gesagt, dass ich fest davon überzeugt bin, dass niemand, der in der nordrhein-westfälischen oder auch in der bundesweiten Luftverkehrsbranche an führender Stelle aktiv ist, unterstellen würde, dass wir vom bösen Luftverkehr, von Freund und Feind oder wovon auch immer sprechen – jedenfalls was meine Person und auch die Arbeit unserer Grünenfraktion angeht.
Alle Diskussionen, alle Termine, ob bei den IHKs oder bei wichtigen Hintergrundgesprächen, liefen so ab, dass man sicherlich nicht immer einer Meinung war, sich aber sehr konstruktiv ausgetauscht hat. Das, was Sie vorlegen, würden die milde lächelnd in die Rundablage werfen.
Der zweite Punkt ist: Beim Thema „Lärm“ zeigt sich, wie wenig Ahnung … – Was machen Sie eigentlich den ganzen Tag?
(Christian Loose [AfD]: Antwort? – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Ich bin seit 2010 verkehrspolitischer Sprecher. Vorher war es der Kollege Horst Becker. Das Thema „Fluglärm“ ist eines, mit dem wir den Landtag und auch die anderen Fraktionen wirklich hoch und runter gequält haben – „gequält“ aus deren Sicht; das war jetzt ein bisschen ironisiert gemeint. Da ist zum Beispiel die Frage des Nachtflugverbots in Köln/Bonn. Das wurde zweimal unter rot-grüner Landesregierung im Kabinett beschlossen und in Berlin beantragt, es wurde aber vom Bundesverkehrsminister abgelehnt.
Kürzlich hatte ich noch einen kontroversen Austausch mit der Kölner Oberbürgermeisterin zum Thema „Fluglärm im Kölner Norden“, in dem ich ihr zahlreiche Informationen … Da hat sich eine große Bürgerinitiative mit 200 Leuten gegründet. Bei der Veranstaltung war ich dabei.
Dass Sie uns unterstellen, wir hätten dieses Thema nicht auf dem Schirm, zeigt einfach, (Zuruf von Christian Loose [AfD])
dass Sie von dieser bzw. unserer Arbeit wirklich nicht annähernd einen Hauch von Ahnung haben. Das zeigt auch Ihr Antrag.
Von daher: Arbeiten Sie mal ein bisschen nach. Dann können wir möglicherweise noch mal darüber diskutieren.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Zeit.

Arndt Klocke (GRÜNE): Ihre Fragen zeigen schon, dass Sie vom Thema einfach keine Ahnung haben.
(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])