Arndt Klocke: „Es gilt, sehr zu sorgfältig prüfen, auf welchen Streckenabschnitten im Land dies überhaupt möglich ist“

Antrag der FDP zu Lang-Lkws

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schemmer, Sie bekommen vielleicht keine Rede aus dem Ministerium, aber wie überzeugt Sie von Ihrem Redestoff sind, das haben wir wieder gemerkt, als Sie jedes Wort abgelesen haben. Irgendeiner schreibt ja die Reden, vielleicht ein Fraktionsreferent. Sie lesen das eins zu eins ab. Das war wieder ganz großes Kino.
(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Respekt für diese Leistung! Hausintern gemacht und komplett abgelesen.
Lieber Kollege Christof Rasche, man kann ja unterschiedlicher Auffassung über das Thema sein, aber bei dem, was Sie hier gerade abgeliefert haben, ist es gut, dass die FDP keine Verantwortung im Land hat und hoffentlich auch nicht bekommen wird; bei Ihren Koalitionsaussagen ist die Gefahr ja relativ gering. Die Gigaliner-Geschichte hier zu 100 % über den grünen Klee zu loben und überhaupt keine Gefahren zu sehen, das ist eine wirklich bemerkenswerte Leistung.
(Beifall von Dieter Hilser [SPD])
Das kann man sonst nur in Kirchen erleben, aber selbst die sind heutzutage selbstkritischer. Da ist nur die FDP …
(Dietmar Brockes [FDP]: Nicht zugehört!)
– Ich habe ganz genau zugehört, lieber Dietmar Bockes, bei jedem Wort. Ich fand es wirklich erschreckend, weil es absolut unverantwortlich war.
Warum sagen denn auch heute noch über 70 % der Verkehrsteilnehmer in jeder Umfrage – egal ob infratest oder Forsa fragt –, dass sie den Einsatz von Groß-Lkw oder Gigalinern ablehnen? – Weil sie sich Sorgen machen: über die Verkehrssicherheit, wegen der Überholvorgänge, Einfädelungen, Blockaden von Ein- und Zufahrten, wegen der Parkplatzsituation auf Raststätten usw.
Wenn Sie sich dann in einer Art Ex-cathedra-Umsetzung für die großen Speditionen – die wahrscheinlich den Redetext von Herrn Rasche zugeschickt bekommen – hierhinstellen …
(Christof Rasche [FDP]: Das war jetzt ziemlich dreckig, Herr Klocke!)
– Jetzt rede ich!
(Christof Rasche [FDP]: Ziemlich dreckig!)
– Jetzt rede ich. Sie können mir gerne eine Zwischenfrage stellen, aber jetzt bin ich dran. – … und sagen: „Es gibt überhaupt keinen Grund, den Einsatz von Gigalinern überhaupt infrage zu stellen“,
(Christof Rasche [FDP]: Wo habe ich das gesagt? Wo habe ich das gesagt?)
dann ist das eine bemerkenswerte Glanzleistung,
(Beifall von den GRÜNEN)
für die die FDP hier zur Verantwortung zu ziehen ist.
(Christof Rasche [FDP]: Lüge! Lüge! – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP] – Weitere lebhafte Zurufe)
Lieber Herr Präsident, es ist zwar Ihre Fraktion, aber meine Frage ist, ob die Zwischenrufe in dieser Lautstärke geduldet werden müssen oder ob ich vielleicht fortfahren kann.
(Zurufe von der FDP: Oh!)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Lieber Herr Kollege Klocke, es ist parlamentarische Übung, dass Zwischenrufe zu einer Debatte gehören. Das hier ist ja nicht der Raum der Stille.
(Beifall von der FDP)
Arndt Klocke (GRÜNE): Nein, nein, keineswegs. Ich bin ja seit sieben Jahre Abgeordneter und habe schon viele Zwischenrufe ertragen.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich möchte das nicht mit Ihnen debattieren. Verlassen Sie sich darauf, dass ich darauf achten werde, dass Sie Ihre Rede ungestört von übermäßiger Geräuschentwicklung zu Ende bringen können.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Nur zu, nur zu!
Arndt Klocke (GRÜNE): Gut. Ich fahre also in der Rede fort.
Wir haben uns für diesen Entschließungsantrag entschieden, weil wir natürlich sehen, dass es aufgrund der Genehmigung, die der Bundesminister zum 1. Januar dieses Jahres erteilt hat, im größten Bundesland zu einer Situation kommen kann, in der es Schwierigkeiten bei der Durchfahrt von Lkws gibt. Wir möchten nicht, dass Speditionen dadurch in eine schwierige Situation geraten.
Wie seriös die Erteilung der Genehmigung seitens des Bundesministers tatsächlich ist, konnte man schon in der Abfolge sehen; denn das BASt-Gutachten war zu dem Zeitpunkt, zu dem sich Herr Dobrindt in Berlin vor die Presse gestellt und die Genehmigung erteilt hat, weder veröffentlicht, noch war es im Haus oder durch die Fraktionen oder im Ausschuss ausgewertet. Das heißt, das Urteil, das der Bundesverkehrsminister hier getroffen hat, stand schon lange vor dem Gutachten fest. Es war klar, dass es eine entsprechende Genehmigung geben würde.
Wenn man sich das Gutachten durchliest, dann findet man eine ganze Reihe offener Fragestellungen, denen nachzugehen ist. Es gibt auch etliche weitere Gutachten von Hochschulen, die sich im Bereich der Verkehrswissenschaft mit der gleichen Thematik beschäftigt haben; hier sind die Universität Potsdam und die Universität Duisburg-Essen zu nennen. Darin werden Fragestellungen aufgeworfen, die wir in unserem Antrag aufgreifen, wonach keine Eins-zu-eins-Genehmigungen auf allen Straßen erteilt werden sollen. Dort werden vielmehr die Gefahrenstellen benannt.
Deswegen haben wir diesen Entschließungsantrag vorgelegt, um aufzuzeigen, dass man Gigalinern nicht guten Gewissens für alle Streckenführungen auf nordrhein-westfälischen Autobahnen eine Genehmigung erteilen kann. Es gilt, sehr, sehr zu sorgfältig prüfen, auf welchen Streckenabschnitten im Land dies überhaupt möglich ist.
(Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE])
Wir bitten das Ministerium um entsprechende Prüfung und darum, den Ausschuss zu informieren. Außerdem sollten die entsprechenden Genehmigungen sehr sorgfältig abgewogen werden, damit es nicht zu einer Blockade kommt. Sicher kann es nicht sein, dass alle anderen Bundesländer solche Fahrten ermöglichen und Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahre mit einer Insellösung bestehen kann; diese Argumentation können wir nachvollziehen, und wir teilen diese Auffassung.
Wir bitten jedoch, sehr sorgfältig darauf zu achten, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet bleibt und dass die Straßentauglichkeit überprüft wird. Angesichts unserer teilweise maroden Brücken muss sehr genau darauf geachtet werden, welche Streckenabschnitte freizugeben sind. Das Ministerium sollte seine Ergebnisse dem Ausschuss zur Information vorlegen, bevor entsprechende Genehmigungen erteilt werden. Das ist der Hintergrund unseres Entschließungsantrags.
Den FDP-Antrag können wir im Grunde nur ablehnen. Wir werden heute beide Anträge zur Debatte an den Ausschuss überweisen. Für irgendwelche Urteile nach dem Motto: „Es ist alles gut, es ist alles richtig, wir können es einfach freigeben“, gibt es aber überhaupt keinen Grund. Da gibt es noch eine ganze Reihe von Gefahrenstellen, die noch nicht abgeräumt sind.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
Diese Debatte sollten wir miteinander führen; denn es geht um Verkehrssicherheit, um das Leben von Menschen und um die Teilnahme von Personen am Straßenverkehr. Die Menschen haben ein ganz gutes Gespür dafür, was richtig und was falsch ist.
(Christof Rasche [FDP]: Das glaube ich auch!)
Ich danke für die Aufmerksamkeit. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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