Arndt Klocke: „Durch den Wegfall auf Betreiben der Landesregierung ist dieses Instrument ein zahnloser Tiger geworden“

Antrag der SPD-Fraktionen zum Mieterschutz

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine Debatte, die wir schon intensiv im Ausschuss geführt haben. Diese Debatte ist auch nicht neu.
Bei der vorgelegten Mieterschutzverordnung hat es ja durchaus relevante Veränderungen zu dem gegeben, was Sie im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vor gut drei Jahren vereinbart haben. Darin war festgelegt, dass die Verordnungen zum Mieterschutz komplett wegfallen. Dieser Zahn ist dieser Mieterschutzverordnung gezogen worden – aber nicht deswegen, weil Schwarz-Gelb zu der Einsicht gekommen ist, dass jetzt einige Sachen revidiert werden müssen. Der Hintergrund ist vielmehr, dass Zehntausende von Menschen in diesem Land ein Volksbegehren unterschrieben haben, dass sie Mieterschutzverbände mobilisiert haben, dass Menschen aufgestanden sind und dass Druck auf die schwarz-gelbe Landesregierung ausgeübt worden ist, sodass von vier relevanten Bereichen zumindest drei weitergeführt worden sind.
Das ist bei Ihnen ja nicht die bessere Einsicht gewesen, Frau Scharrenbach. Wir kennen uns zu gut, als dass ich Ihnen das unterstellen würde. Es ist einfach politischer Druck gewesen, auch aus Ihrer eigenen Partei, aus der CDU, von der CDA und anderen, der dafür gesorgt hat, dass Sie noch einmal in sich gegangen sind und zumindest übereingekommen sind, dass Mietpreisbremse, Kappungsgrenzenverordnung und Kündigungssperrfristverordung weiterhin bestehen bleiben.
Die Umwandlungsverordnung haben Sie herausgenommen. Sie soll ersatzlos wegfallen. Die Mieterschutzverordnung gilt auch nur noch für 18 statt bisher 37 Kommunen. Sie ist also um die Hälfte reduziert worden. Außerdem ist die Kündigungssperre, die bisher acht Jahre betrug, jetzt auf fünf Jahre verkürzt worden.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn man ein bisschen im Land unterwegs ist … Frau Ministerin, das sind Sie ja. Ich weiß nur nicht, mit welchen Eindrücken Sie zurückkommen. Es sind offensichtlich andere als meine. Meine Heimat ist Ostwestfalen. Meine Schwester lebt in Bielefeld. Wie Sie darauf kommen, dass die Stadt Bielefeld keine Probleme beim Thema „Miete“ und beim Thema „Mieterschutz“ hat, frage ich mich. Da muss man schon beide Augen zumachen, wenn man durch Bielefeld fährt oder Termine in Bielefeld hat. Mit dem gerade wiedergewählten guten SPD-Oberbürgermeister, Pit Clausen, sollten Sie sich vielleicht doch etwas intensiver austauschen. Er wird Ihnen schon deutlich sagen, was in diesem Bereich in seiner Stadt los ist und wo es auch Handlungsbedarf gibt.
Ich war selber im Kommunalwahlkampf in Aachen bei Frau Keupen und habe dort an einer wohnungspolitischen Veranstaltung teilgenommen. Auch Aachen haben Sie ja aus der Gebietskulisse herausgenommen. Das ist nicht nachvollziehbar, wenn man sich die Zahlen anschaut. Das Wahlergebnis für Frau Keupen bzw. das Wahlergebnis für die CDU in Aachen spricht ja Bände. Die Wohnungspolitik der CDU, die da im Angebot war, ist vom Wähler entsprechend nicht honoriert worden.
Sie haben zwar recht, Kollege Paul; der Antrag ist etwas älter. Er kommt aus dem April dieses Jahres. Aber die Forderungen sind weiterhin topaktuell. Es gibt natürlich nach wie vor die Aufforderung und die Notwendigkeit, die Mieterschutzverordnung zu überarbeiten. Wir fordern die vollständige Wiedereinsetzung der bisherigen Mieterschutzverordnung, die bis zum 1. Juli dieses Jahres gegolten hat, statt der Verschärfungen, die Sie vorgenommen haben.
Die Gebietskulissen, die Sie uns hier anbieten, sind viel zu eng gefasst.
Dass Sie die Umwandlungsverordnung wegfallen lassen, ist vor allen Dingen deshalb falsch, weil das auch entsprechende Auswirkungen auf Milieuschutzsatzungen hat. Die Stadt Köln, in der ich lebe, hat mehrere Milieuschutzsatzungen erlassen. Diese Milieuschutzsatzungen machen nur mit einer entsprechenden Umwandlungsverordnung Sinn. Durch den Wegfall auf Betreiben der Landesregierung ist dieses Instrument ein zahnloser Tiger geworden. Sie nehmen den Städten die Möglichkeit, über sinnvolle und wirksame Milieuschutzsatzungen in den jeweiligen Stadtteilen, in den Veedeln, aktiv zu werden.
Deswegen ist die Forderung, die die SPD in diesem Antrag erhebt, weiterhin richtig. Wir werden dem Antrag auch zustimmen.
Ich würde meine Rede gerne mit einem Eindruck aus der Enquetekommission „Einsamkeit“ abschließen, in der ich zusammen mit dem Kollegen Paul sitze. Die FDP hatte vor einigen Wochen einen sehr interessanten und sehr kompetenten Sachverständigen eingeladen, einen Berliner Sozialforscher. Es ging um die Wohnungspolitik und um die Zusammenhänge zwischen sozialer Milieubildung, Einsamkeitsphänomen und Wohnungsbau. Dieser von der FDP eingeladene Experte aus Berlin fasste seinen Vortrag auf Nachfrage so zusammen, dass er sagte: In Nordrhein-Westfalen gibt es seit 25 Jahren eine hervorragende Wohnungsbaupolitik, eine hervorragende Wohnraumförderung und vor allen Dingen einen wirksamen Mieterschutz.
Das macht Nordrhein-Westfalen aus. Ich sage das an dieser Stelle, weil ich mir hier bei jeder Rede von Ihnen anhören muss, dass die von Ihnen so viel gelobte NRW-Koalition jetzt die große Trendwende beim Wohnungsbau und bei der Wohnraumförderung geschaffen hat. Selbst FDP-Experten in Enquetekommissionen attestieren vorherigen rot-grünen Landesregierungen und grünen Bauministern – wir hatten mit Michael Vesper ja zehn Jahre einen grünen Bauminister in diesem Land –, dass sie eine hervorragende Wohnungsbaupolitik und eine hervorragende Mieterschutzpolitik gemacht haben. Davon sollten Sie sich eine Scheibe abschneiden.
Überlegen Sie noch einmal, ob man die Mieterschutzverordnung nicht besser an den Stellen, die ich jetzt aufgeführt habe, ergänzen sollte. Das ist wirksamer Mieterschutz. Das braucht Nordrhein-Westfalen. Das brauchen unsere Städte. Vor allen Dingen brauchen es Städte wie Bielefeld und Aachen. Es ist absolut neben der Spur, dass Sie diese Städte aus der Verordnung herausgenommen haben. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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