Arndt Klocke: „Diese Flughäfen sind nicht wirtschaftsfähig“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zu Regionalflughäfen

Arndt Klocke (GRÜNE): Danke, Herr Präsident. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen sind in einer schwierigen Situation. Wir entnehmen gerade heute der Presse, dass der Flughafen Köln/Bonn allein im Januar einen Fluggastzahlenrückgang von 90 % hatte.

Nehmen Sie es mir ab: Auch als Grünem, als jemandem, der aus der Region kommt, als Kölner Abgeordnetem und als Mitglied des Aufsichtsrates des Flughafens Köln/Bonn machen mir solche Zahlen Sorgen. Es macht einem Sorgen, wenn die Flughäfen in eine solche Situation kommen, insbesondere die beiden Großflughäfen.

Aber wenn man sich die Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen anschaut, also die Flughäfen Paderborn-Lippstadt, Münster/Osnabrück, Dortmund und Weeze, sieht man, dass wir diese Situation dort schon seit einigen, nahezu vielen Jahren haben. Diese Flughäfen sind nicht wirtschaftsfähig. Sie sind nicht wirtschaftlich tragbar. Sie haben in den ganzen Jahren enorme Defizite angehäuft. Die Coronakrise spitzt diese Situation jetzt noch weiter zu.

Das führt dazu, dass beispielsweise am Flughafen Paderborn-Lippstadt eine selbst eingeleitete Insolvenz läuft.

Am Flughafen Münster/Osnabrück ist die Situation nicht viel besser. Dort diskutieren die Kreistage und auch der Stadtrat in Münster über mögliche Nachnutzungskonzepte.

Die Situation in Dortmund ist ähnlich schwierig. Dort gab es jetzt den Vorschlag des Oberbürgermeisters der Stadt Dortmund, dass man zu einem möglichen Verbund kommen sollte, also die Regionalflughäfen zu einem Verbund zusammenschließen sollte.

Ich erinnere mich noch an die rot-grüne Regierungszeit mit der Minderheitsregierung. Der grüne Staatssekretär Horst Becker hat damals Ähnliches vorgeschlagen – nämlich, dass man zur Absicherung der Regionalflughäfen einen Flughafenverbund schafft. Das ist damals hier im Haus klar abgelehnt und auch von unserem damaligen Koalitionspartner kritisiert worden.

Jetzt, zehn Jahre später, kommt in dieser Situation auch ein SPD-Oberbürgermeister auf eine solche Idee. Doch ich glaube, es ist zu spät, weil die Defizite so hoch sind und defizitäre Flughäfen sich nicht untereinander entsprechend schützen oder entsprechend stärken könnten.

Wie geht die Landesregierung mit dieser Situation um? Wie reagiert das Verkehrsministerium?

Wir haben auch die Lage, dass wir eigentlich schon seit dem Jahr 2010 kein gültiges Luftverkehrskonzept haben. Das war so in rot-grüner Regierungszeit nicht vorgelegt. Wir haben damals auf den Bund gewartet. Der Bund war überfällig mit einem Bundesluftverkehrskonzept. Herr Scheuer ist erst im Jahr 2018 damit herausgekommen.

Jetzt ist die Frage, die sich uns allen stellt: Wie gehen wir mit der Situation in den entsprechenden Kommunen um? Die Defizite sind hoch. Wenn man sich die kommunale Finanzplanung anschaut und sich fragt, in welche Projekte, in welche Maßnahmen Kommunen Geld stecken sollten, muss man doch miteinander zu der Erkenntnis kommen: Ausgaben in den Bereichen „ÖPNV“, „Kinder- und Jugendbetreuung“ und „Sport“ sind allemal sinnvoller und zukunftsfähiger, als dieses Geld kontinuierlich in defizitäre Flughäfen vor Ort zu stecken, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN und Nadja Lüders [SPD])

Wir müssen doch miteinander zu einer weiteren Erkenntnis kommen. Ich meine, dazu gehört nicht viel Scharfsinn, wenn man sich die Lage ansieht. Es gibt die Flughäfen Paderborn-Lippstadt, Münster/Osnabrück und Dortmund, relativ grenznah den Flughafen Kassel-Calden und den nicht allzu weit entfernten Flughafen Hannover. Nordrhein-Westfalen ist mit Regionalflughäfen übertapeziert. Das ist schon seit vielen Jahren so.

Anfang der 2000er-Jahre, als wir die Billigfluglinien mit günstigen Angeboten hatten, hat sich das getragen. Sie haben sich gegenseitig Konkurrenz gemacht, aber ein Angebot geschaffen. Seitdem diese Situation nicht mehr so ist, sind Flughäfen wie Dortmund oder Münster/Osnabrück wirtschaftlich nicht mehr tragfähig.

Diese Situation wird sich auch nach der Coronakrise nicht ändern. Das Ganze wird sich natürlich ein Stück weit stabilisieren. Doch dass diese Flughäfen miteinander wirtschaftlich überlebensfähig sind, ist nicht der Fall. Das ist klar feststellbar.

Deswegen muss man aus meiner Sicht den Mut haben, ein Luftverkehrskonzept vorzulegen und den entsprechenden Kommunen die Möglichkeiten zu geben, einzelne Regionalflughäfen zu schließen und gute Nachnutzungskonzepte zu entwickeln.

Wir haben mittlerweile noch nicht einmal die Situation, dass der Flughafen Essen/Mülheim ein entsprechendes gutes Konzept hat und geschlossen werden kann. Das haben wir jahrelang diskutiert. Es scheiterte damals an der SPD-Oberbürgermeisterin in Mülheim, die das nicht wollte. Herr Groschek hat schwer auf sie eingeredet. Das war nicht möglich.

Wenn wir wirtschaftliche Stabilität wollen und gute Zukunftsinvestitionen in den Kommunen wollen, dann gehört der Mut dazu, einzelnen Flughafenstandorten zu sagen: Die Perspektive ist, dass Ihr Flughafen vor Ort nicht überlebensfähig ist.

Ich meine, es ist auch verkehrlich so. Die Wirtschaft in Ostwestfalen sagt ja: Wir brauchen einen Regionalflughafen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – Man muss aber nicht den Flughafen Paderborn-Lippstadt gleichzeitig wie die Flughäfen Hannover, Münster/Osnabrück und Dortmund betreiben. Alle diese Flughäfen sind 60 bis 70 km voneinander entfernt – plus Kassel-Calden an der hessischen Grenze.

(Beifall von den GRÜNEN und Nadja Lüders [SPD])

Die Situation ist offensichtlich. Wir müssen Ehrlichkeit walten lassen. Wir müssen Weitblick walten lassen. Ich bitte den Verkehrsminister, mit einem guten Luftverkehrskonzept dafür zu sorgen, dass man den Kommunen die Möglichkeit gibt, einzelne Flughafenstandorte zu schließen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

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