Arndt Klocke: „Die entscheidende Frage ist jetzt, ob wir dazu zusätzlich adäquat ÖPNV und Radwege anlegen können“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag für eine Verkehrswende im Rheinischen Revier

Der Antrag

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, dass sich die Vorredner in ihrer Tonalität hätten entscheiden müssen. Entweder ist der Antrag überholt, oder es ist, wie das der Kollege Voussem in der vorletzten Woche im Verkehrsausschuss sagte, der Endkampf der Grünen gegen die Individualmobilität. Denn nur eines kann stimmen: Entweder stehen in dem Antrag nur kluge Sachen, die aber schon in der Vorbereitung sind, die bereits alle vom Ministerium vorbereitet werden, oder es ist eine grüne ideologisch durchzogene Politik, wie das der Kollege Reuter eben erwähnt hat, die man aufs Schärfste kritisieren und ablehnen muss. Beides zusammen passt jedoch nicht. Da hätten Sie sich festlegen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Oder Sie wollen als Regierung mit den Projekten, die Sie jetzt alle schon auf den Weg gebracht haben, grüne ideologische Politik selber machen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Lieber Kollege Uli Reuter, was die Wahlfreiheit anbelangt: Ich habe im Ausschuss bereits erwähnt, dass ich in den letzten zwei, zweieinhalb Jahren knapp zehn Termine in dieser Region hatte, und ich sage Ihnen als Grüner ganz offen, dass ich jedes Mal mit einem Carsharingwagen dorthin gefahren bin, weil ich immer auf meine Apps geguckt habe. Ob es Erkelenz, ein anderer Ort oder ein Termin direkt an der Braunkohlenhalde war – alle Verbindungen lagen mit Bus und Bahn bei zwei Stunden 45 Minuten, drei Stunden 25 Minuten. Mit dem Auto waren es hingegen 50 Minuten, eine Stunde zehn Minuten, was auch immer.

Zur Wahlfreiheit gehört für mich, dass ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad oder mit dem Privat-Pkw in etwa der gleichen, einer adäquaten Zeit vorankomme. Wenn dazwischen aber eine Lücke von anderthalb bis zwei Stunden klafft, kann ich von den Menschen nicht erwarten, dass sie auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Für mich bedeutet Wahlfreiheit, dass ich als berufstätiger Mensch im Zuge meiner Zeitsouveränität nicht vier Stunden durch eine Region gondeln muss, durch die ich mit dem Auto in einer Stunde komme. Das zum Thema „Wahlfreiheit“.

Nun zu den konkreten Projekten: Aus meiner Sicht gibt es zu allen Kollegen, die jetzt gesprochen haben, einen ganz klaren Unterschied, und die Kollegin Dos Santos Herrmann hat sich am Ende ein wenig herausgeschwiemelt, was die Frage der A61 anbelangt. Wir meinen nicht, dass dieses Autobahnteilstück durch ein renaturiertes Gebiet neu hindurchgebaut werden sollte. Es gibt in dieser Region ausreichend Autobahnen und Autobahnanschlüsse, und das gilt sowieso grundsätzlich. Die Straßeninfrastruktur im Rheinischen Revier ist gut ausgebaut. Das ist gut; sie soll erhalten und sie soll saniert werden. Die entscheidende Frage ist jetzt, ob wir dazu zusätzlich adäquat ÖPNV und Radwege anlegen können. Diesbezüglich ist noch viel zu tun.

Ich weiß auch, dass sich Sachen in Planungsprozesses befinden. Aber was ist beispielsweise mit der Achse Mönchengladbach–Erkelenz–Düren–Köln? In der Region wird das groß diskutiert. Gestern Abend hatte ich das Vergnügen eines Termins mit der Metropolregion Rheinland. Im Rahmen dessen wurde uns von der Geschäftsstelle eine sehr schöne Präsentation gezeigt, wonach genau diese Strecke Mönchengladbach–Erkelenz–Düren–Köln in der Region als zentrale ÖPNV-Bahnroute gefordert ist.

Mich würde bei der Rede des Verkehrsministers gleich interessieren, ob diesbezüglich schon etwas in Planung ist; ich kenne bisher jedenfalls keine Planungsprozesse. Genau diese Route haben wir in unserem Antrag erwähnt.

Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rehbaum?

Arndt Klocke (GRÜNE): Selbstverständlich.

Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist freundlich von Ihnen. – Bitte schön, Herr Rehbaum.

Henning Rehbaum (CDU): Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade gesagt, dass Straßenbauprojekte durch Naturschutzgebiete oder renaturierte Gebiete nicht wünschenswert seien. Dürften denn Schienenstrecken durch solche Gebiete gebaut werden?

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Kollege Rehbaum, das ist eine sehr hypothetische Frage.

(Lachen von Henning Rehbaum [CDU])

– Nein, es ist kein Naturschutzgebiet, von dem wir hier sprechen, sondern das ist eine alte Braunkohlenhalde, die aufgeschüttet ist und begrünt wird.

(Zurufe von Henning Rehbaum [CDU] und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Wir meinen, dass die Autobahninfrastruktur im Rheinischen Revier so gut ausgebaut ist und die Möglichkeiten, dort auf Autobahnen unterwegs zu sein, so gut sind, dass wir diesen Lückenschluss nicht noch zusätzlich brauchen. Deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf)

Das kann man kritisieren, und dazu kann man auch anders stehen. Das ist aber ein konkretes und umstrittenes Projekt. Uns wurde von allen Parteien, die bisher gesprochen haben, gerade vorgehalten, dass alles bereits auf dem Weg sei und alles andere überflüssig sei; es würde sozusagen gar keine Diskussionsnotwendigkeit mehr bestehen.

Ich möchte konkret wissen – das möchte ich auch gleich vom Verkehrsminister wissen –, was mit dem Autobahnteilabschnitt der A61 ist. Soll er gebaut werden oder soll er nicht gebaut werden? Das wüsste ich ganz gern, und dazu hätten wir Grüne gern eine klare Aussage.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für die Außenäste des Bahnknotens Köln. Zur Elektrifizierung dieser Außenäste, die bis weit in die Region hinaus, bis in die Eifel gehen, die weit in Richtung Niederrhein gehen, finde ich in den Planungsunterlagen, die ich kenne, bisher keine eingeleiteten Planungsverfahren. Da gibt es noch keine Zusagen vom Bund.

Eben wurde uns vorgehalten, das sei schon alles auf dem Weg. Da würde uns der Ausbau des Bahnknotens Köln interessieren – es gibt ja dieses Zwölfpunkteprogramm vom NVR –: Wie stehen denn die Finanzierungszusagen seitens des Bundesverkehrsministeriums? Ist das alles in trockenen Tüchern? Unser Stand ist jedenfalls, dass es noch nicht in trockenen Tüchern ist. Deshalb haben wir das durch diesen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt.

Zum Schluss meiner Redezeit würde ich gern ausführen – das betrifft auch noch einmal den Antrag in Gänze –: Es gab eine Berichterstattung in der „Rheinischen Post“, als wir den Antrag – wir sind ja im umgekehrten Verfahren – in den Landtag eingebracht haben. Da sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums – ich zitiere –: Dieser Antrag beinhaltet wichtige Themen, aber manches ist schon auf dem Weg.

Das ist immerhin die Zusage, dass hier wichtige Punkte angesprochen worden sind. Wir haben einen Forderungskatalog vorgelegt, Frau Kollegin dos Santos von der SPD. Auch der Güterverkehr – hätten Sie den Antrag mal in Gänze gelesen – kommt in diesem Antrag vor.

Also, es sind relevante Punkte. Wir haben diesen Antrag vorgelegt, und uns würde schon interessieren: Sind die konkreten Vorschläge, die wir unterbreiten, was den Autobahnbau angeht, was die Achse Mönchengladbach–Erkelenz angeht, was den Bahnknoten Köln und den Ausbau der Radwege angeht, alle schon in trockenen Tüchern? Oder ist es gut, dass wir diesen Antrag noch gestellt haben? Deswegen bin ich sehr gespannt auf die Rede des Verkehrsministers. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)