Arndt Klocke: „Die Beschaffung von Flächen, die Konversion von Flächen ist eine der zentralen Fragen“

Antrag der Fraktion der SPD zum Wohnraummangel

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Jochen Ott, ich kann die Aufregung durchaus nachvollziehen.
(Jochen Ott [SPD]: Danke!)
Mal gucken, vielleicht kann ich es ein bisschen kanalisieren. Ich versuche es auch sachlich. Ich steige ein mit der Eigentumsförderung.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Wir haben uns ja – jedenfalls diejenigen, die dort im Beirat sind – in der letzten Woche bei der NRW.BANK die Neuausrichtung der Eigentumsförderung angesehen. Ich bin, ehrlich gesagt, der Meinung, dass dabei ein paar vernünftige Ideen waren, die ausgearbeitet worden sind. Jetzt muss man erst einmal sehen, ob das greift.
Wenn das Argument, das von Herrn Paul und auch von Kollegen der CDU angeführt worden ist, stimmt, dass es eigentlich reihenweise – Zehntausende, Hunderttausende – Menschen gibt, die ins Eigentum wollen, dann müssten sie vor dem Hintergrund der angekündigten Tilgungsnachlässe und anderer neuer Fördermodalitäten gerade jetzt darauf anspringen. Ich bin gespannt.
Sie sind jetzt am Anfang Ihrer Regierungszeit, und es ist auch legitim, etwas auszuprobieren. Nur, wenn wir in zwei oder drei Jahren immer noch an diesem Punkt sind oder sich jedenfalls nur unwesentlich etwas geändert haben sollte, dann würde sich das, was Sie hier vorgetragen haben, als Ideologie herausstellen. Wir lassen das mal offen. Man kann nicht in die Zukunft gucken, und ich habe auch keine Kristallkugel, aber ich bin gespannt, was sich da entwickelt.
Herr Kollege Schrumpf, Sie haben eben der Opposition vorgeworfen, dass wir ideologisch getrieben Stimmung bei der Barrierefreiheit machen. Ich würde Ihnen, ehrlich gesagt, wünschen, dass Sie in Essen demnächst mal vom VdK oder vom SoVD zu einer Podiumsdiskussion eingeladen werden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Denn das waren die Verbände, die in der letzten Woche mit einer großen Pressekonferenz und mit Aktionen auf die – aus ihrer Sicht – Versäumnisse im Bereich der Barrierefreiheit bei den jetzigen Planungen der Landesregierung hingewiesen haben.
Ich habe noch nicht einmal einen Tweet dazu veröffentlicht, und es gab keine Pressemitteilung der Grünen. Ich habe das natürlich in meinen Reden schon häufiger angesprochen. Aber wenn Sie das der Opposition vorwerfen, dann würde ich Ihnen wirklich mal eine solche Veranstaltung gönnen. Dann können Sie den anwesenden Vertretern der Behindertenverbände sagen, dass das mit dem fünften Stockwerk etc. – wenn sie da nicht mehr hinkommen – alles ideologisch getrieben ist. Ich bin gespannt, wie Sie darauf reagieren.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE] und Jochen Ott [SPD])
Nun zum Antrag der Regierungsfraktionen: Sie erwarten ja nicht, dass wir dem zustimmen, aber das hätten wir früher noch nicht einmal im Studierendenparlament vorlegen können. Das ist vom Text her – Fakten und Zahlen – derart unterkomplex!
(Sven Wolf [SPD]: Unterkomplex! Sehr schön!)
–  Ja, es ist unterkomplex – definitiv! Sie unterstützen den Antrag der SPD nicht, weil er darauf rekurriert, was in den Jahren 2015, 2016 und danach mit Erfolgen in rot-grüner Regierungszeit gelaufen ist. Als Grüne würden wir sagen, dass es auf eine Fortschreibung ankäme, um das, was in diesen Jahren gelaufen ist, zu verstetigen und noch mal draufzusatteln.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])
Das wäre das wohnungspolitisch Richtige. Ich kann persönlich nachvollziehen, warum Sie es nicht machen wollen. Uns aber diesen Antrag vorzulegen, das ist wirklich ein starkes Stück.
(Beifall von der SPD und von Horst Becker [GRÜNE])
Hat das einer Ihrer Praktikanten geschrieben? Es ist wirklich eine Zumutung.
Nun zu den Inhalten: Auch da fehlt es an allen Ecken und Enden, zum Beispiel beim Thema „Bodenpreise“, das der Kollege Ott vorhin auch angesprochen hat. Erst in der letzten Ausschusssitzung bei der Debatte um die Grundsteuer war das Gegenstand. Darauf wird noch nicht einmal Bezug genommen. Die Beschaffung von Flächen, die Konversion von Flächen ist eine der zentralen Fragen.
(Sven Wolf [SPD]: Die Regierung wird es mal in den Blick nehmen!)
Wie kommen wir zu mehr Flächen im Wohnungsbau? Das wird überhaupt nicht angesprochen.
Frau Ministerin, wir sind zwar nicht mehr in der Fragestunde, ich hätte aber schon eine Nachfrage zu der letzten Ausschusssitzung. Sie haben dort unter Punkt 1 ausgeführt, dass es in den Städten des Ruhrgebiets keine Flächen für weiteren Wohnungsbau mehr gibt. Meine Fraktion hat das Wortprotokoll angefordert, ich könnte es auch wörtlich vorlesen. Ich kann das gern in der nächsten Ausschusssitzung machen; uns liegt auch der Tonmitschnitt vor. Sie haben ausgeführt, dass es in den Städten des Ruhrgebiets keine Flächen mehr dafür geben würde.
Weil ich neugierig war, habe ich direkt in der Wohnungsbauabteilung beim Regionalverband Ruhr die aktuellen Zahlen nachgefragt. Dort wurde mir geantwortet, dass es aktuell 3.530 ha Flächenreserven gibt. Wenn man sie nicht ändern würde, hätte man unter den jetzigen Modalitäten im Wohnungsbau –
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
also bei den jetzigen Förderbedingungen – ausreichend Flächen für die nächsten 23 Jahre. Aufgrund der jetzt vorhandenen Flächenreserven könnte man nach dem Bezugsrahmen des RVR 115.000 Wohneinheiten im Ruhrgebiet bauen.
Frau Ministerin, mich würde wirklich interessieren, wie Sie zu der Einschätzung in der letzten Ausschusssitzung gekommen sind. Wenn es denn nicht ideologiegetrieben ist, was Sie beim LEP machen, sondern wirklich den Hintergrund hat, dass Sie zusätzliche Flächen im Wohnungsbau organisieren wollen, wie kommen Sie dann bei diesen Zahlen zu der politischen Einschätzung, dass es im Ballungsraum Ruhrgebiet nicht ausreichend Flächen gibt? Oder würden Sie sagen – das ist ja auch eine Option –, dass die Zahlen seitens des RVR nicht stimmen? Das wäre auch eine interessante Information.
Ich komme noch einmal zur grundsätzlichen Neuausrichtung bzw. zur Frage der Verstetigung der Mittel.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, aber mit Blick auf die Redezeit.
Arndt Klocke (GRÜNE): Dann schließe ich eine letzte Frage an. Die neue Große Koalition hat festgelegt, dass sie bei der Wohnraumförderung finanziell deutlich drauflegen will. Frau Ministerin, meine Frage an Sie lautet:
Bei den Zahlen bis 2022 gehen Sie von einer Verstetigung der jetzigen Mittel aus. Wie wollen Sie den notwendigen Wohnungsneubau, den die Bundesregierung, also die Große Koalition, im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, in Nordrhein-Westfalen konkret umsetzen und verbauen, wenn Sie nicht nur verstetigen wollen? Welche weiteren Förderprogramme und mehr Geld wollen Sie in die Hand nehmen, wenn das umgesetzt werden soll, was die Bundesregierung, an der die CDU ja maßgeblich beteiligt ist, festgeschrieben hat?
Das würde uns alle hier interessieren. – Danke für die Aufmerksamkeit.

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