Arndt Klocke: „Deswegen wäre es gut, Wohnungsbaugenossenschaften stärker zu unterstützen und nicht auf Eigenheimerwerb zu setzen“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zu Bezahlbarem Wohnraum

Arndt Klocke (GRÜNE): Danke. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben Ihnen diesen Antrag vorgelegt. Er geht aus einem großen baupolitischen Kongress hervor, den wir im Februar 2019 hier im Landtag durchgeführt haben, und zwar mit einer großen Vielfalt von Akteuren aus der ganzen Breite der Menschen, die sich mit der Frage von Planung und Neubau von Wohnungen in diesem Land beschäftigen.
Die Palette ging von großen Unternehmen wie Vonovia über den VdW, genossenschaftliche Baugruppen, Dezernentinnen und Dezernenten, die in diesem Bereich aktiv sind, bis hin zu vielen Menschen, die in der Mietercommunity unterwegs sind, den Mieterbund etc.
Diese Veranstaltung haben wir ausgewertet und heute diesen Antrag vorgelegt, weil wir meinen, dass es in verschiedenen Bereichen zu einer Neujustierung dessen kommen sollte, was die Landesregierung hier an Schwerpunkten setzt oder in den letzten zwei Jahren gesetzt hat.
Wir wollen diesen Antrag heute zum Anlass nehmen, die Debatte auch im Ausschuss noch mal intensiv zu führen. Daher wollen wir ihn überweisen lassen. Wir werden dann sicherlich beantragen, ein entsprechendes Fachgespräch oder eine Anhörung durchzuführen.
Für uns ergeben sich in der Auswertung der aktuellen Situation einige Punkte, die wir in Angriff genommen haben wollen. Dazu gehört beispielsweise, dass wir die Landesregierung auffordern bzw. bitten, in Berlin entsprechend initiativ zu werden, das Baukindergeld abzuschaffen und dieses Geld anders einzusetzen.
Es gab verschiedene Anfragen im Bundestag, unter anderem eine der Linken, die sehr klar offengelegt haben: Hier werden Fehlanreize geschaffen. Es gibt insbesondere für Menschen mit mittleren und höheren Einkommen Mitnahmeeffekte. – Eigentlich war das Baukindergeld so angelegt, Menschen mit geringem Einkommen zu ermöglichen, durch Bauen Eigentum zu erwerben. Das wird durch das Baukindergeld nicht geschaffen. Deswegen meinen wir: Das Baukindergeld ist obsolet; das entsprechende Geld kann in andere Kanäle gesteckt werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir meinen – das richtet sich an den Bund, aber auch an das Land –, dass man serielles und modulares Bauen unterstützen und verstärkt fördern sollte. Das hat sich aus Gesprächen unter anderem mit großen Wohnungsbauunternehmen wie Vonovia ergeben, die in den Startlöchern stehen, um entsprechende Projekte in Nordrhein-Westfalen umzusetzen.
Die baurechtlichen Hemmnisse in dem Bereich, um modulares Bauen – das kann ein sehr effizientes und schnelles Bauen sein – in größerem Stil zu ermöglichen und Projekte durchzusetzen, müssen beseitigt werden. Wir fordern die Landesregierung auf, in diesem Bereich sowohl auf Landesebene als auch mit Bundesratsinitiativen aktiv zu werden, um das umzusetzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir meinen, dass die Landesregierung die Segmente, die gestärkt werden müssen, bisher zu wenig beachtet hat. Vor allem Menschen mit niedrigem und geringem Einkommen, Studierende sollen Wohnraum im Mietwohnungsbereich erhalten. Wir fragen uns, warum 923 Millionen Euro im Jahre 2018 bewilligt, davon aber 175 Millionen Euro nicht verausgabt worden sind.
Wir hatten heute Morgen eine Debatte zum Thema „Straßenbau und Straßen.NRW“, und von der CDU wurde uns noch mal die alte Schallplatte vorgehalten, dass im Jahre 2013 gut 40 Millionen Euro an den Bund zurückgegeben worden sind. Frau Ministerin, im letzten Jahr haben Sie über 175 Millionen Euro, die man für den Bau von bezahlbarem Wohnraum hätte einsetzen können, zurückgegeben. Dieses Geld konnte nicht eingesetzt werden, weil die Voraussetzungen dafür nicht geschaffen worden sind.
(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)
Das ist eine Summe, die exorbitant höher ist als die Summe, die bei Straßen.NRW vor fünf Jahren anlag. Man fragt sich auch: Wie sieht das im Jahr 2019 aus?
Also: Es müssen nicht nur alle Mittel eingesetzt, sondern auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um für bezahlbaren Mietwohnungsraum zu sorgen. Dazu müssen kommunale Wohnungsbauunternehmen und genossenschaftliches Bauen stärker unterstützt werden. Gerade bei Wohnungsbaugenossenschaften gibt es eine dauerhafte Preisbindung.
Landesweit fallen jedes Jahr 10.000 Wohnungen aus der Preisbindung heraus. Das kann durch Neubau nicht kompensiert werden. Deswegen wäre es gut, Wohnungsbaugenossenschaften stärker zu unterstützen und eben nicht auf Eigenheimerwerb zu setzen, was die Landesregierung leider verstärkt vorantreibt und unterstützt. Hier haben wir einen klaren Dissens zu der Politik der Landesregierung.
Wir haben auch die klare Frage – ich denke, das ist auch noch mal eine Debatte im Ausschuss mit einer Anhörung wert –, ob es Sinn macht, eine landesweite Wohnungsbaugesellschaft zu reaktivieren, wie es sie früher gab. Dieser Vorschlag kommt vonseiten der SPD. Ich glaube, das wäre eine kritische, konstruktive Debatte wert. Wir setzen mehr darauf, städtische Wohnungsbauunternehmen zu stärken und Wohnungsbaugenossenschaften voranzubringen.
All das wollen wir mit Ihnen im Ausschuss debattieren, und wir sind natürlich auch auf die Haltung der Landesregierung gespannt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zum Redebeitrag von S. Paul (FDP) die Kurzintervention von
Arndt Klocke (GRÜNE): Danke, Frau Präsidentin. – Lieber Kollege Stephen Paul, du hast in deiner Rede die Frage der neuen Wohngemeinnützigkeit angesprochen, die wir in unserem Antrag bewusst nicht angeführt haben. Ich würde gerne die Kurzintervention dazu nutzen, um das zu erläutern.
(Zuruf)
–  Nein, das ist ein Debattenstand und eine Forderung der grünen Bundestagsfraktion, die das intensiv auf Bundesebene diskutiert. Es gibt in zwei Wochen einen großen Fachkongress dazu in Berlin, auf dem ich mich auch einschalten werde.
Mir sind natürlich die Bedenken, die es insbesondere bei Wohnungsbaugenossenschaften gibt, klar und bekannt, was die bundesweite Etablierung einer neuen Gemeinnützigkeit im Anschluss an das, was in den 80er-Jahren abgeschafft worden ist, für Genossenschaften bedeuten würde, und zwar auch aus dem Austausch zum Beispiel mit Alexander Rychter vom VdW und anderen.
Deswegen stehe ich einer bundesweiten Regelung und der Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit skeptisch bis ablehnend, auf jeden Fall aber kritisch gegenüber. Das werden wir aus Nordrhein-Westfalen in die Debatte unserer Bundespartei einspeisen. Das ist ein laufender Diskussionsprozess, zu dem es verschiedene Vorschläge gibt, aber es ist nicht Teil unseres hier vorgelegten Antrags.
Wir können das natürlich auch hier in einer Anhörung diskutieren. Ich wollte die Gelegenheit nur nutzen, um klarzustellen, dass das jedenfalls keine Forderung ist, die die nordrhein-westfälischen Grünen und meine Fraktion in Richtung Bundespolitik erheben.

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