Arndt Klocke: „Der Ministerpräsident hat genau die gleichen Argumente genannt wie der VDA-Vertreter als Einziger bei dieser Anhörung“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu innovativen Antrieben

###NEWS_VIDEO_1###
Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Löcker, es darf auch gern ein grüner Faden entwickelt werden.
(Carsten Löcker [SPD]: Das habe ich mir gedacht!) Wir können es aber auch mehrfarbig machen.
Liebe Kollegen von CDU und FDP, gegen die Entwicklung und eine Debatte über alternative Antriebe – Herr Löcker hat es gerade gesagt – kann niemand etwas haben. Das ist sinnvoll, und es steht deshalb auch auf der Tagesordnung.
Uns Grüne stört bei dem Antrag, dass er ein Stück im Ungefähren bleibt. Das gilt nicht für die Zuschreibung, welche alternativen Antriebe zu entwickeln, welche vorhanden und welche zu prüfen sind, sondern bezieht sich auf das, was Sie unter dem Punkt „Beschlussfassung“ schreiben. Das ist doch gegenüber der Situation, in der wir jetzt stecken, sehr milde und nachlässig formuliert. Wir sind schließlich nicht mehr im Jahr 1996 oder 2000, als man noch darüber nachgedacht hat, das Thema anzugehen.
Ich erinnere mich noch – das erzähle ich auch häufiger in Runden – an den grünen Bundesparteitag im Jahr 2000 in den Messehallen in Münster. Damals hatte die deutsche Automobilindustrie zum ersten Mal auf einem Parteitag der Grünen – Sie werden sicher nachvollziehen können, dass da eher skeptisch geguckt wird – neue Modelle ausgestellt. Es waren 20 neue Modelle von VW, BMW und Mercedes. Unter anderem wurden ein Elektromobil, ein 3-l-Lupo sowie ein Wasserstoffmobil von BMW vorgestellt. Ich erinnere mich deswegen daran, weil ich damals als Mitarbeiter der grünen Fraktionsvorsitzenden Kerstin Müller einen Rundgang mit ihr machte, auf dem uns die Vertreter der Automobilindustrie – wie gesagt, es war im Sommer 2000 – sagten, die Zielrichtung sei es, damit bis 2005 auf dem Markt zu sein und bis 2010 einen Anteil von 20 % Elektro- oder Wasserstoffmobilen zu verkaufen.
Jeder, der hier im Plenum sitzt, und wahrscheinlich auch viele der Zuhörer auf den Tribünen wissen, dass der Anteil der alternativen Antriebe im Jahre 2018 noch unter 1 % beträgt.
Wenn Sie also in der Beschlussfassung fordern, den Dialog mit der Wirtschaft zu intensivieren, dann muss man sich wirklich fragen: Haben wir in den nächsten Monaten und Jahren noch die Zeit dafür, es der Wirtschaft zu überlassen, Handlungsvorschläge zu machen? Ich sage: Nein.
Wir stehen massiv unter Druck. Jeder, der heute die Morgennachrichten bei WDR 2 oder WDR 5 gehört hat, weiß, dass das EU-Vertragsverletzungsverfahren unmittelbar bevorsteht. Der Druck steigt, und es wird Strafzahlungen geben, nicht nur die Androhung. Deutschland wird diese leisten müssen, wenn die Innenstädte nicht bis zum 1. Januar 2019 schadstoffärmer geworden sind.
Jetzt auf Debatten zu setzen, die man längst hätte führen können, ist leider zu wenig, so notwendig sie auch sein mögen. Wir werden das noch im Ausschuss debattieren, möglicherweise sogar in einer Anhörung. Daran haben wir Grüne ein großes Interesse.
Ich würde Sie noch gern auf einen Widerspruch in Ihrem Antrag hinweisen. Auf Seite 2 wirft Herr Middeldorf den rot-grünen Landesregierungen von 2010 bis 2017 „fahrlässige Untätigkeit“ vor, obwohl er diese Zeit gar nicht so richtig miterlebt hat. Auf Seite 3 finden wir dann aber ein Bündel an Maßnahmen, die der Vorgänger von Herrn Professor Pinkwart, Johannes Remmel, allesamt auf den Weg gebracht hat und die Sie jetzt weiterfinanzieren. Diese werden ausdrücklich gelobt. Dazu gehört das Sonderprogramm „Emissionsfreie Innenstädte“, das Programm „Kommunaler Klimaschutz NRW“, die Aufstockung der ÖPNV-Pauschale etc. pp.
Wir freuen uns natürlich, dass Sie das positiv bemerken. Aber es wäre doch sauberer gewesen, auch darauf hinzuweisen, dass Sie die Nutznießer der Vorgängerregierung sind
(Zuruf von Matthias Kerkhoff [CDU])
und die Programme, die auf den Weg gebracht worden sind, weiterführen, sogar noch eine Schippe drauflegen. Das können wir nur unterstützen. Aber es ist unredlich, es so darzustellen, als hätten Sie das erfunden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich möchte noch auf die Anhörung zu sprechen kommen, die vor zehn Tagen hier im Plenarsaal stattgefunden hat. Es gab Anträge von Grünen und SPD genau zu der Forderung, über die wir uns im Parlament alle einig sind: Wir wollen Dieselfahrverbote verhindern.
In dieser Anhörung – ich sehe Sie noch alle miteinander hier vorne sitzen: die Vertreter der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, des Städte- und Gemeindebundes, des Städtetages sowie des Umweltbundesamtes – haben alle die Forderung nach einer schnellen Hardwarenachrüstung und einer Einführung der „Blauen Plakette“, die im Antrag der Grünen und im Antrag der SPD aufgeführt worden ist, unterstützt. Unter anderem unterstützen das natürlich auch viele Oberbürgermeister aus Nordrhein-Westfalen, auch mit CDU-Parteibuch, zum Beispiel der Essener Oberbürgermeister oder die von der CDU mit unterstützte unabhängige Oberbürgermeisterin von Köln.
Von den 15 Personen, die hier saßen, hat ein einziger Vertreter in eine andere Richtung argumentiert. Das war der Vertreter des VDA. Er hat eins zu eins die Argumente genannt, und zwar fast in der gleichen Reihenfolge, die Armin Laschet bei der Unterrichtung zwei Wochen vorher hier auch vorgetragen hatte. Das heißt: Der Ministerpräsident, der eigentlich die Gesundheit der Menschen, die Interessen der Städte und natürlich auch die Arbeitsplätze, die in der Automobilindustrie zu schützen sind, insgesamt zu bedenken hat, hat genau die gleichen Argumente genannt, die der VDA-Vertreter als Einziger bei dieser Anhörung vorgebracht hat.
Dazu findet sich, ehrlich gesagt, in Ihrem Antrag nichts. Was ist also die konkrete Antwort auf die Situation, auf die Debattenlage, die wir jetzt haben? Es ist ein wissenschaftlich nicht uninteressanter Antrag, den wir sicherlich im Ausschuss und auch in der Anhörung diskutieren werden. Sie müssten aber konkret den Schluss daraus ziehen, jetzt schnell aktiv zu werden, die Programme, die es gibt, auszubauen und vor allen Dingen Druck auf die Automobilindustrie dahin gehend zu machen, dass sie dort, wo manipuliert worden ist, auch die Nachrüstung zu zahlen hat. Davon finde ich in dem Antrag leider nichts. Damit wir ihn unterstützen könnten, müsste das natürlich entsprechend berücksichtigt werden.
Wir werden trotzdem im Ausschuss debattieren. Vielleicht kommen Sie ja noch zu einem Schwenk in Ihrer Argumentation. Bisher vermisst man das auch auf Bundesebene. In der Kette Ramsauer–Dobrindt–Scheuer lässt sich leider nicht feststellen, dass hier einmal Gas gegeben wird, damit wir Fahrverbote auch verhindern können. – Danke für die Aufmerksamkeit.

Mehr zum Thema

Verkehr