Arndt Klocke: „Der konkrete Ausbau von Radwegen findet gar nicht in dem Maße statt, wie Sie Mittel im Haushalt bereitstellen“

Antrag der SPD-Fraktion zu überörtlichen Radwegenetzen

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am letzten Sonntag haben die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen stattgefunden. Das zentrale Thema dieser Auseinandersetzung war die Verkehrspolitik. Das hat uns die WDR-Umfrage mustergültig nachgewiesen. Die Abfrage in den Städten und im Land hat klar unterlegt, dass die Frage der zukünftigen Verkehrspolitik, der Verkehrswende, der Mobilitätswende das zentrale Thema in den Städten war. Ich selbst habe 35 Termine im Land wahrgenommen. Das Thema „Fahrrad, Nahmobilität, ÖPNV-Ausbau“ war das zentrale Thema.
Die viel gelobte NRW-Koalition, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die ja alles tut, um in diesem Bereich voranzukommen, hat ein Wahlergebnis erreicht, das unter 40 % liegt, wenn man die beiden Parteien einmal zusammenlegt. Sollte also Ihre Politik so gut im Land ankommen, wie Sie uns das hier darstellen, hätten Sie doch am letzten Sonntag eigentlich einen furiosen Wahlerfolg erreichen müssen, Herr Middeldorf.
(Zuruf von Bodo Middeldorf [FDP])
5 % haben sich für Ihre Partei entschieden. Die CDU hatte, auch wenn Herr Laschet versucht hat, über eine frühe Pressekonferenz einen anderen Eindruck zu erzeugen, das schlechteste Kommunalwahlergebnis in der Geschichte der Partei.
Das heißt: Wenn die Verkehrswende und die Mobilität das große Musterthema dieser so gelobten NRW-Koalition wäre, hätten Sie doch eigentlich am Sonntag furios zusammen auf 50 % kommen müssen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Diese mickrigen 39 % sind ein Vorzeichen dafür, wie die Landtagswahl in anderthalb Jahren ausgehen wird. Ich würde mich sehr wundern – ich bin vorsichtig in der Aussage –, wenn wir im Juni 2022 noch diese Konstellation als Mehrheitskonstellation hier im Landtag haben würden, sehr geehrte Damen und Herren.
Jetzt zum Thema: Der von Ihnen viel gelobte Einsatz für den Radwegebereich hat zwei entscheidende negative Punkte. Zum einen werden die Mittel von den Städten nicht in dem Maße abgerufen. Der Verkehrsminister muss jedes Jahr mehrere Millionen Euro an den Finanzminister zurückgeben. Das heißt: Der konkrete Ausbau von Radwegen findet doch gar nicht in dem Maße statt, wie Sie Mittel im Haushalt bereitstellen.
Mich würde schon interessieren, wie der nächste Haushalt aussieht. Sie haben in den letzten Jahren hier aus dem Vollen gelebt. Jedes Jahr hatten Sie 2 Milliarden Euro zusätzlich im Haushalt. Davon haben Sie einen gewissen kleinen Anteil in den Radwegebau gegeben. Ich bin sehr gespannt, ob im nächsten Haushalt, der jetzt vorgelegt wird, bei 20 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen, wie wir gestern gehört haben, der gleiche Etatansatz oder ein Aufwuchs zur Verfügung steht, Herr Middeldorf und Herr Voussem. Wir sind sehr gespannt, ob dieser exorbitante Aufwuchs mit dem Sparhaushalt, der demnächst vorgelegt werden wird, umgesetzt wird.
Herr Middeldorf, von „Aufbruch Fahrrad“ haben Sie sich in der letzten Sitzungswoche doch klar verabschiedet. Eine zentrale Forderung von „Aufbruch Fahrrad“ war: 25 % Radverkehrsanteil im Mobilitätsmix.
(Bodo Middeldorf [FDP]: Machen wir auch!)
Sie haben sich mit Ihrer Rede hier im letzten Plenum davon verabschiedet. Das haben die Fahrradinitiativen auch mitbekommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die FDP ist da raus. Die CDU wird das mit der FDP nicht umsetzen. Das ist doch klar. Sie brauchen künftig andere Partner hier im Parlament, um eine entsprechende Nahmobilitätsoffensive auf den Weg zu bringen.
Jetzt zu dem konkreten Antrag der SPD: Er ist inhaltlich richtig und gut. Ein solches Kataster zu erstellen, wäre auf jeden Fall ein wichtiger Schritt, damit man bei zukünftigen Verkehrsplanungen sieht, wo Mittel hineingegeben werden können. Das haben wir Grüne immer gefordert und unterstützt. Leider kommt es für zentrale Projekte wie den Ausbau eines Radschnellweges an der Leverkusener Brücke, für die A52-Brücke oder auch die Duisburger Rheinbrücke zu spät. Trotzdem wäre es gut; denn es gibt große Lücken und weiße Flecken im Radwegenetz in Nordrhein-Westfalen. Diese haben auch wir in der rot-grünen Regierungszeit nicht alle schließen können; das ist sicherlich richtig. Wir müssen in diesem Bereich viel tun und hier entsprechende Maßstäbe setzen. Das ist unser Auftrag für die nächsten Jahre und die nächsten Haushalte.
Die entscheidende Frage wird doch sein, sehr geehrte Damen und Herren, ob wir es schaffen, genügend Planerinnen und Planer in diesem Bereich anzusiedeln. Das ist jedenfalls mein Resultat aus zahlreichen Terminen vor Ort, auch mit Kollegen von CDU und FDP, die bemängelt haben, dass gute Ideen und Planungen vor Ort für Radwegebau nicht umgesetzt werden, weil sie bei Straßen.NRW scheitern. Da ist die Regionaldirektion Ostwestfalen-Lippe, lieber Hendrik Wüst, offensichtlich ein besonders schwieriger Fall, was den Radwegebau in Ostwestfalen angeht. Dort werden offensichtlich nur Straßen weiter geplant, und für den Radwegebau hat man in Ostwestfalen überhaupt kein Herz.
Die entscheidende Frage wird also nicht nur sein, ob wir ein solches Kataster bekommen, wie es jetzt von der SPD gefordert wird. Diesen Antrag unterstützen wird. Vielmehr wird die zentrale Frage sein: Wird kommunal und bei Straßen.NRW in diesem Bereich beschleunigt und vor allen Dingen engagiert geplant? Werden weiterhin nur Straßen geplant, oder werden auch Radwege geplant?
Dafür braucht es entsprechend ausgebildetes Fachpersonal und entsprechende Stellen. Die Stellen, die der Verkehrsminister in diesem Bereich vorgesehen hat, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. So werden wir die Mobilitätswende in den nächsten Jahren hier in Nordrhein-Westfalen nicht voranbringen.
Dann würden Sie, Herr Middeldorf, auch Ihr Ziel erreichen: Dann kommen wir auf gar keinen Fall auf 25 % Radverkehr. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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