Arndt Klocke: „Der Beitrag, der über eine Pkw-Maut hereinkommen würde, deckt nicht annähernd das Notwendige. Das macht diese Pkw-Maut letztendlich null und nichtig.“

Antrag der FDP zur PKW-Maut

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Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Notwendigkeit dieser Debatte hat Herr Kollege Breuer eben schon etwas gesagt. Wir diskutieren das natürlich immer gern, auch weil es notwendig ist. Aber die Frage ist, ob ein Eilantrag hierzu jetzt wirklich notwendig gewesen ist, bei allem Respekt auch vor dem Präsidium. Das, was wir hier heute diskutieren und laut FDP-Antrag und rot-grünem Entschließungsantrag auch beschließen sollen, haben wir hier im Hohen Hause schon mehrfach diskutiert und auch schon mehrfach beschlossen. Der Bundesratsbeschluss von Anfang Februar, den Kollege Rasche eben erwähnt hat, geht ja maßgeblich auf eine Initiative des Landes NRW zurück – mit den Kolleginnen und Kollegen beispielsweise aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Von daher kann man sich schon fragen: Warum diese Debatte zu diesem Zeitpunkt noch einmal? Sie ist allerdings insofern dringend notwendig, als die Pkw-Maut noch immer vor der Tür steht. Die Gefahr ist ja da, dass sie im Bundesrat beschlossen werden soll.
(Christof Rasche [FDP]: Bundesrat?)
– Im Bundestag beschlossen werden soll!
(Christof Rasche [FDP]: Bundesrat ist schon richtig!)
– Nein, nein, nein! Wir hätten gerne, dass im Bundesrat darüber diskutiert wird. Die Frage ist, warum die CDU hier offenbar keine Souveränität besitzt, Herr Kollege Voussem. Sie haben eben gesagt, wenn es rechtliche Bedenken geben sollte, müsste man das diskutieren, sonst könnte man es nicht beschließen. Warum nehmen die CDU, die CSU und ihr Verkehrsminister denn keine Rücksicht auf den Bundesratsbeschluss und lassen keine Diskussion im Bundesrat zu? Der Bundesrat fordert die Länderbeteiligung ja gerade ein.
Es gibt auch einen Grund für diese Länderbeteiligung: weil mit diesem Gesetz ein wichtiger Part auf die Kfz-Zulassungsstellen übertragen werden soll, die dadurch eine Mehrbelastung und auch mehr Kosten haben. Die Kfz-Zulassungsstellen stehen unter Länderaufsicht. Deswegen wäre es dringend notwendig, dass der Bundesrat über das Pkw-Maut-Gesetz berät.
(Vereinzelt Beifall von der CDU)
Das wird vonseiten der CDU und der CSU ausgeschlossen. Das ist an dieser Stelle scharf zu kritisieren, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die grüne Bundestagsfraktion hat gestern ein Kurzgutachten von einem Gutachter hier aus NRW vorgestellt, mit dem die FDP, wie man hörte, auch schon mehrfach zusammengearbeitet hat. Ganz kurz zusammengefasst: Das, was an Zahlen im Raum steht, nämlich dass mit der Ausländer-Pkw-Maut 700 Millionen € zusammenkommen sollen, ist null und nichtig. Die Berechnungen sind auch falsch, denn in der Vorlage der Bundesregierung wurden sowohl die nach Deutschland einpendelnden als auch die auspendelnden Pkw zusammengerechnet. Man bezahlt aber nicht doppelt. Man bezahlt nur einmal, nämlich wenn man nach Deutschland einpendelt.
Zieht man die zusätzlichen Kosten für die zu schaffende Infrastruktur ab, kommt man maximal auf einen Betrag von 80 bis 140 Millionen €. Das ist null und nichtig, wenn man sich ansieht, wie hoch der Bedarf im Bereich der Infrastrukturfinanzierung ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der Beitrag, der über eine Pkw-Maut hereinkommen würde, deckt nicht annähernd das Notwendige. Das macht diese Pkw-Maut letztendlich null und nichtig. Das Kurzgutachten der Bundestagsfraktion der Grünen belegt das.
(Beifall von den GRÜNEN)
Warum beschließen wir nicht einfach heute den FDP-Antrag? – In diesem FDP-Antrag steht viel Vernünftiges. Es fehlt aber auch etwas. Es fehlen komplett die Angaben dazu, wie sich die FDP die Infrastrukturfinanzierung vorstellt. Was ist beispielsweise mit einer Ausweitung der Lkw-Maut? Was ist mit anderen Finanzierungsinstrumenten? An dieser Stelle muss man auch einmal fragen, was mit der Debatte ist, die uns ab April bevorsteht, nämlich der Debatte um ÖPP.
Von Bundeswirtschaftsminister Gabriel ist angekündigt, wir werden Mitte April eine große Vorlage zur Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur bekommen. Es soll mehr ÖPP-Projekte geben. Ein großer Schattenhaushalt wird aufgebaut werden. Was wir heute an Infrastrukturfinanzierung aus öffentlicher Hand in Deutschland haben, soll es in Zukunft gar nicht mehr geben. Vielmehr treten Versicherungskonzerne und andere Unternehmen in private Vorleistung und finanzieren unsere Infrastruktur. Das ist die anstehende Debatte.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es wäre notwendig, diese Debatte heute zu führen. Das wäre eine spannende neue Debatte. Ich frage mich, wie sich der Landtag dazu positioniert, wie sich die Fraktionen dazu positionieren. Es wäre interessant, einmal darüber zu diskutieren, anstatt zum sechsten oder siebten Mal die Argumente für und gegen die Pkw-Maut zu besprechen.
Es gibt auf jeden Fall gute Argumente gegen einen Einstieg in ÖPP. Es gibt zahlreiche Berichte des Bundesrechnungshofs, in denen vielfältig Kritik geübt wurde, wenn man sich zum Beispiel den Bau der A7 ansieht. Diese Debatte steht in den nächsten Monaten an. Ich fände es für den Landtag sinnvoll, diese Debatte zu führen.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
Man müsste auch fragen, wie die zukünftige Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur aussehen soll. Wollen wir das aus öffentlichen Geldern finanzieren, oder wollen wir in die private Finanzierung eintreten? Ich bin eindeutig dafür, bei der jetzigen öffentlichen Finanzierung zu bleiben. Wir sollten die Schritte machen, die in der Daehre- und Bodewig-Kommission längst verabredet sind, nämlich die Gelder für eine Ausweitung der Lkw-Maut einsetzen und die Finger von der jetzt geplanten Ausländermaut lassen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

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