Arndt Klocke: „Dass Menschen ohne Zeitverlust reisen und auf die Bahn zurückgreifen können, finde ich einen Schritt in die Zukunft.“

Antrag der "AfD"-Fraktion zum Flugverkehr

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist durchaus gut und notwendig, im Landtag einmal eine Debatte über den Luftverkehr zu führen. Einige Argumente, die hier genannt worden sind, finde ich aber durchaus befremdlich.
Die Luftverkehrsteuer ist nun keine Steuer, die wir Grünen auf den Weg gebracht haben oder je unterstützt haben. Ich war aber durchaus verwundert, Herr Kollege Middeldorf. 2011 haben Sie als Startzeitpunkt für das Inkrafttreten der Steuer genannt. Zwischen 2009 und 2013 hatten wir eine Bundesregierung aus CDU, CSU und FDP, und der Bundeswirtschaftsminister wurde von Ihrer Partei gestellt. Dass Sie sich derart zu der Luftverkehrsteuer positionieren, obwohl Sie doch diejenigen waren, die sie in Ihrer Regierungszeit auf den Weg gebracht haben – es war sogar Ihr Minister, der den Entwurf damals in den Bundestag eingebracht hat –
, finde ich höchst bemerkenswert. Man kann seine Argumente ja immer revidieren. Aber da Sie stets die Harmonie in Ihrer Koalition und die Harmonie in Ihrer Partei betonen, kann ich Ihre Argumentation nun wirklich nicht nachvollziehen.
Eine lenkende Wirkung hat die Luftverkehrsteuer nur sehr begrenzt. Wenn man sich die Bilanzzahlen der nordrhein-westfälischen Flughäfen anschaut, insbesondere der beiden Großflughäfen – das hat die Kollegin Dos Santos Herrmann eben angesprochen –, stellt man fest: Sie sind gestiegen, und es gab in den letzten Jahren Fluggastrekorde.
Die Luftverkehrsteuer hat also nicht dazu geführt, dass ab Düsseldorf oder ab Köln/Bonn weniger geflogen wird. Wenn es doch so wäre, hätte ich die Zahlen völlig missinterpretiert. Es trifft auch nicht zu, dass Menschen, die von nordrhein-westfälischen Flughäfen abfliegen wollten, jetzt massenweise ins Ausland fahren. Fahren Sie einmal zum Flughafen Weeze und schauen sich im Parkhaus die Nummernschilder der Autos an. Mindestens jedes zweite Fahrzeug am Flughafen Weeze gehört einem Niederländer. Die Niederländer kommen nämlich herüber, um ab Weeze zu fliegen. Diese lenkende Wirkung tritt also gar nicht ein.
Selbstverständlich bräuchten wir – das ist die Position der Grünen – eine Steuerung beim Luftverkehr. Fliegen ist die umweltschädlichste Variante der Fortbewegung. Natürlich ist das Fliegen bei manchen Gelegenheiten notwendig. Manche Ziele sind nicht anders zu erreichen oder jedenfalls nicht so schnell zu erreichen. Ich fände es auch falsch, das Fliegen zu verteufeln. Aber wenn man sich die ökologischen Auswirkungen des Fliegens im Vergleich zu denen anderer Verkehrsträger anschaut, stellt man fest: Fliegen ist eindeutig die umweltschädlichste Variante.
Es wäre maßgeblich, dass es von staatlicher Seite zum Schutz unserer Atmosphäre und im Hinblick auf eine Senkung des Ausstoßes der klimaschädlichen Gase zu einer Steuerung beim Luftverkehr kommt.
Das war aber mit der Luftverkehrsteuer gar nicht beabsichtigt, sondern die Luftverkehrsteuer ist eine Lenkungsmaßnahme, die Geld in die Steuerkassen bringt. Es war von Schwarz-Gelb überhaupt nicht beabsichtigt, hier eine ökologische Lenkung voranzubringen.
Der freie Wettbewerb ist angesprochen worden. Auch das hat die SPD-Kollegin eben gesagt. Wir haben eine Befreiung von der Energiesteuer. Es gibt keine Kerosinbesteuerung. Flüge sind von der Mehrwertsteuer ausgenommen. Es ist ein Eldorado von Vorteilen, die Luftverkehrsunternehmen und Fluggesellschaften haben, um Flüge günstig anzubieten.
Gerade in den letzten 15 bis 20 Jahren ist es durch die Low-Cost-Carrier, die wir früher gar nicht hatten, also durch das, was wir als Billigflieger kennen, zu einem explosionsartigen Anstieg der Fluggastzahlen gekommen. Die Menschen nehmen diese Möglichkeit viel stärker wahr. Während sie früher mit Bussen oder mit der Bahn zu europäischen Nahzielen gereist sind – mal nach Paris, mal nach Rom, am Wochenende zum Shoppen nach London –, fliegen sie heute dorthin. Was in den 80er- und 90er-Jahren aufgrund der hohen Kosten überhaupt noch nicht möglich war, ist heute aufgrund der günstigen Flugpreise gang und gäbe. Dass die Luftverkehrsteuer dazu beigetragen hätte, diese Entwicklung ins Gegenteil zu verkehren, kann ich überhaupt nicht sehen.
Wir wissen, dass es einen entsprechenden Lobbydruck und entsprechende Arbeit vonseiten des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft gibt. Wenn diejenigen Ihren Antrag gelesen hätten, hätten sie sich aber vermutlich in Grund und Boden geschämt; denn das, was Sie hier zu den Auswirkungen formuliert haben, ist nicht nachvollziehbar. Es weist in die völlig falsche Richtung.
Schauen Sie sich noch einmal gut an, wohin eine Zunahme beim Luftverkehr führt. Sie führt nämlich nicht zu weniger Geld in den Kassen. Wir haben eine Entwicklung nach oben, was die Luftverkehrszahlen angeht. Die Umweltwirkungen im diesem Bereich sind wirklich massiv. Hier müssten wir alle miteinander, wenn wir über Klimaschutz und über Luftreinhaltung reden, einmal darüber diskutieren, inwieweit man den Luftverkehr ein Stück weit einschränken kann und die Verkehrsströme auf andere Verkehrsträger umlenken kann.
Einen Schritt in die Zukunft finde ich jedenfalls die von der Deutschen Bahn verfolgte Absicht, die einen Sprinter von Köln nach Berlin anzubieten, um gerade auf dieser innerdeutschen Strecke, ähnlich wie bei der Strecke zwischen München und Berlin, zu einer Alternative zu kommen. Dass Menschen ohne Zeitverlust reisen und auf die Bahn zurückgreifen können, finde ich einen Schritt in die Zukunft. Da würden mich Argumente und Unterstützung interessieren.
Aber die Abschaffung der Luftverkehrsteuer würde das Gegenteil bewirken. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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