Arndt Klocke: „Das führt dazu, dass die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Städten gesteigert wird“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Ortschaften

Der Antrag

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr gerne. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. – Das ist ein bekannter Spruch, und ich habe in den vergangenen Tagen und Wochen gemerkt, dass das auch bei Tempo 30 in Innenstädten der Fall ist.

Es hat mich sehr überrascht, dass es auf unseren Antrag eine sehr große Resonanz in den Medien und bei den Verbänden gab. Heute Mittag gab es ein WDR-5-Tagesgespräch über eine Stunde, es gab die Titelseite der „Rheinischen Post“, viele Interviewanfragen etc. Offensichtlich wird diese Debatte von den Menschen und den Journalistinnen und Journalisten geführt.

Leider ist Christof Rasche nicht da, aber Carsten Löcker ist mit Sicherheit da; daher am Anfang ein wichtiger Hinweis: Wir sprechen in dem Antrag von der Regelgeschwindigkeit. Das hat der Präsident eben vorgetragen; das steht in der Überschrift. Bei den Äußerungen sowohl des Kollegen Rasche als auch des Kollegen Löcker in der „Rheinischen Post“ hatte man den Eindruck, dass es um ein Tempolimit von 30 auf allen Straßen gehe.

Ehrlich gesagt finde ich, dass man von uns Abgeordneten auch wegen der guten Diäten erwarten darf, dass wir Anträge, die wir in der Presse kommentieren, auch lesen. Carsten Löcker und Rasche sagen aber, das sei wieder grüne Verbotspolitik;

(Helmut Seifen [AfD]: Ist es doch auch!)

wir wollten den Menschen vorschreiben, auf allen Straßen Tempo 30 zu fahren. Nein, es geht um eine Regelgeschwindigkeit, die momentan bei 50 liegt; das ist in § 3 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung festgelegt. Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt für alle Kraftfahrzeuge Tempo 50. Wir schlagen vor, diese Regelgeschwindigkeit zu ändern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eine solche Forderung gibt es auch vom Deutschen Städtetag in einem Beschluss aus dem Jahr 2020. Er fordert kommunale Modellprojekte für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die wir in diesen Pandemiezeiten häufig als Ratgeber und wichtige Adresse für entsprechende Themen bemüht haben, hat im Mai für geschlossene Ortschaften ein Tempolimit von 30 vorgeschlagen, um die Gesundheit und den Lebensschutz bzw. den Schutz vor Verletzungen zu erhöhen.

In Nordrhein-Westfalen werden in einer Reihe von Städten momentan kommunalpolitische Debatten geführt: In Aachen, Bonn, Münster und Bielefeld beschäftigen sich die Stadträte bzw. die Verwaltungen mit diesem Thema.

An das Verkehrsministerium ist der Wunsch gerichtet worden, vor Ort entsprechende Modellprojekte zu erlauben. Die Oberbürgermeisterinnen von Aachen und Bonn haben sich klar geäußert, und es gibt klare Stadtratsbeschlüsse: Wir möchten auf mehr Straßen in unseren Kommunen Tempo 30. – Leider sind sie damit bisher jedenfalls beim Verkehrsminister auf taube Ohren gestoßen; sie wollten Tempo 30 vor Ort verstärkt umsetzen.

Was sind die Gründe für eine Tempo-30-Lösung auf einer Reihe von Straßen? – Es gibt eindeutige Studien vom Umweltbundesamt, interessanterweise auch vom ADAC und von anderen Organisationen dazu, dass das weniger Verletzte und Tote im Straßenverkehr bedeuten würde und wir der Vision Zero damit deutlich näherkommen würden.

Das führt dazu, dass die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Städten gesteigert wird. Die Schulwege unserer Kinder und die Wege in den Kindergarten werden geschützt. Es gibt ein besseres Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsträger, also Radverkehr, Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Autofahrerinnen und Autofahrer, eindeutig besser und vernünftiger bei Tempo 30.

Die Bremsgeschwindigkeit ist anders. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist anders, und wir haben selbstverständlich deutlich weniger Lärm und Luftschadstoffe in den Städten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde, all das sind wirklich überzeugende Argumente für mehr Tempo 30 in den Städten.

Ich will es an dieser Stelle noch einmal sehr klar sagen: Es geht nicht darum, auf großen Einfallstraßen wie der Inneren Kanalstraße in Köln, auf der momentan 70 gilt, Tempo 30 vorzuschreiben. Gut, man fährt manchmal nur Tempo 30, manchmal auch Tempo 20, weil viel Stau ist. Es geht nicht darum, alle Strecken innerhalb von Kommunen zu Schleichwegen zu machen.

Es geht darum, dass auf Straßen wie bei mir auf der Haupteinkaufsstraße, der Neusser Straße in Nippes, erst seit vier Wochen Tempo 30 gilt, weil es eine Mehrheitsänderung in der Bezirksvertretung gab. Jahrelang haben SPD und CDU mit ihrer Mehrheit verhindert, dass dort Tempo 30 eingeführt wurde. Es gibt Fußgängerinnen, Einkäuferinnen und Einkäufer, an dieser Straße ist eine Schule etc. An solchen Straßen wollen wir die Regelgeschwindigkeit Tempo 30 demnächst schneller und besser ermöglichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Städte selber entscheiden, dass Modellversuche ermöglicht werden. Wir wollen, dass die Kommunen auch auf innerörtlichen Landes- und Bundesstraßen selbstständig entscheiden. Warum muss das Verkehrsministerium in Kommunen über das Tempo auf Landesstraßen entscheiden? Das gilt auch für Bundesstraßen.

Aus unserer Sicht gibt es viele gute Gründe. Die für mich entscheidenden sind der Gesundheitsschutz, der Schutz vor Verletzungen und der Schutz unserer Kinder. Tempo 30 ist eine gute Perspektive.

Wir würden Sie bitten, nicht nur den Antrag zu überweisen, sondern ihn mit hoher Aufmerksamkeit in einer Anhörung, die wir beantragen werden, zu prüfen. Ermöglichen Sie mit uns diesen Schritt: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Setzen Sie sich beim Bund dafür ein und ermöglichen Sie über eine Bundesratsinitiative eine Änderung beim Bund. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Verkehr